Hagen. .
Das Neujahrskonzert der Hagener Philharmoniker ist ebenso beliebt und traditionell ausverkauft wie sein berühmtes Wiener Gegenstück. GMD Florian Ludwig und seine Musiker begrüßten gestern Abend das Jahr 2012 in der Hagener Stadthalle mit einer klangvollen Reise von Wien nach London.
Strauß ist da! Strauß von Wien! So schallte es durch die Straßen der europäischen Metropolen, wenn die legendären „Sträuße“ mit ihren Kapellen auf Tournee gingen. Strauß Vater war der erste, der mit seinen Walzern und Polkas Europa in regelrechte Hysterie versetzte. Auf seiner ersten großen Konzertreise kam er auch nach England und spielte 1837 sogar zur Krönung der jungen Königin Victoria auf. Der Walzer „Huldigung der Königin Victoria“ ist ein Ergebnis dieser internationalen Beziehungen. Fast ein Jahrhundert lang pflegte die Strauß-Dynastie beste Kontakte zum britischen Königshaus. Johann Strauß Sohn komponierte den Walzer „Erinnerung an Covent Garden“ mit wunderschön gesungenen Trompetensoli nach englischen Volksliedern. Eduard Strauß stolperte bei der königlichen Audienz über einen Blumenkübel, was der Beliebtheit seines „Greetings Waltz“ nach englischen Melodien nicht schadete. Der wenig bekannte Neffe Johann Strauß III schrieb 1901 den Krönungswalzer für Eduard VII.
Inspiration lieferten die Royal Horse Guards Strauß Vater für den gleichnamigen Marsch, der in Hagen in der Vorbeimarschierversion erklang - also mit wie von ferne sich näherndem und verhallendem klingenden Spiel. Seine „Alice-Polka“ mit der frechen Klarinette ist der Prinzessin Alice gewidmet. Josef Strauß’ „Victoria-Polka“ hat allerdings nichts mit der Königin zu tun, sondern bezieht sich auf ein Wiener Hotel.
Wien-London-Reise
GMD Florian Ludwig achtet darauf, dass er beim Neujahrskonzert nicht einfach nur Dreivierteltakt-Seligkeit serviert, sondern erstens die unbekannteren Schätze der Strauß-Familie und ihrer musikalischen Kollegen ausgräbt und zweitens damit eine Geschichte erzählt. So wie eben jetzt die der Wien-Londoner Verbrüderung im Zeichen der Musik.
Während die „Sträuße“ global Player im Dienste der Musik waren, sind viele britische Klang-Wunder noch zu entdecken. Zum Beispiel die summende Wespen-Ouvertüre von Ralph Vaughan Williams. Oder dessen „Fantasia on Greensleeves“ mit dem zauberhaft geblasenen Flötensolo. Oder der „Sleigh ride“ (Schlittenfahrt) mit klingelnden Schellen von Frederick Delius. Damit kommen auch leisere Töne in das Programm. Edward Elgars 4. Marsch aus „Pomp and circumstance“ mit seinem glänzenden Blech und die unbekannte Suite de ballet von Gustav Holst mit ihrem traumverlorenen Geigensolo machten die Wien-London-Reise komplett.
Land of Hope and Glory
Die Philharmoniker spielen mit Charme und strahlender Eleganz dieses schwere Programm und meistern die Soloaufgaben mit Leidenschaft und Bravour. Ludwig dirigiert mit Schmiss und Feuer, achtet aber stets darauf, dass in dem ganzen Schwung die orchestralen Feinzeichnungen nicht verloren gehen.
Das neue Jahr startet erst dann richtig, wenn es als Zugabe den beliebtesten aller Klassiker gibt: den Radetzky-Marsch. Bereits vorher brachten Ludwig und seine Musiker mit „Land of Hope and Glory“ alias Pomp and circumstance Nr. 1 die Halle vor Begeisterung zum Kochen.
Das Neujahrskonzert wird am 7. Januar in Bönen und am 12. Januar im Iserlohner Parktheater wiederholt.