Hagen. .
Das Exotische hat seit jeher eine unvergleichliche Anziehungskraft für Komponisten. Aber auch die Orchester schwelgen gerne in ungewöhnlichen Klangfarben. So präsentierten die Hagener Philharmoniker jetzt ein Sinfoniekonzert, das ganz dem Thema Märchen gewidmet war.
Die unsichere Witterung, dazu recht unbekannte Namen auf dem Programm: Diese Faktoren trugen dazu bei, dass der Abend in der Hagener Stadthalle eher schlecht besucht war. Das Publikum reagierte allerdings begeistert auf die musikalische Schatzsuche auf den Spuren von Rübezahl und Ali Baba.
Nikolai Rimski-Korsakow kombiniert in seiner sinfonischen Suite „Scheherazade“ mit großer Lust an sinnlichen Effekten orientalische und slawisch-folkloristische Elemente.
Türkenmusik und
romantischer Walzer
Becken, Schellen, kleine und große Trommel sind Bestandteil der „Türkenmusik“; die delikat spielenden Holzbläser wechseln im Ton zwischen orientalisch-herb und romantisch-weich. Bernhard Steiner, erster Kapellmeister der Philharmoniker, arbeitet die abrupten Kontraste zwischen Marsch und Lied spannend heraus, die wunderbare Schlagzeuggruppe der Philharmoniker gibt der Interpretation Tiefe und Struktur. Konzertmeister Bernhard Ratajczak spielt das Geigensolo, das die Stimme der Erzählerin Scheherazade darstellt.
Allerdings geht über der Konzentration auf Rhythmik und präzises Zusammenspiel der blühende Farbglanz verloren, den man von der „Scheherazade“ erwarten darf. Das mag aber auch an der krankheitsbedingt großen Zahl von Aushilfen im Orchester liegen. Gerade das Blech klingt eher scheppernd als glänzend.
Der weite Atem, die romantische Geste gelingen Steiner dagegen in den „Märchenbildern“, die der Komponist und zweifache Oscarpreisträger Erich Wolfgang Korngold (1897 - 1957) im Alter von nur 14 Jahren schrieb. Ein nettes kleines Stück, bei dem Steiner mit schönem Puls die komplexen Rhythmen Korngolds gegeneinander stellt, etwa im „Ball beim Märchenkönig“, in dem sich Walzer und jazzige Elemente rauschhaft vereinen. Dafür gibt es dann auch Zwischenapplaus.
Sofia Gubaidulina gehört zu den bedeutendsten und meist gespielten Komponistinnen der Gegenwart. Die 1931 geborene Tatarin, die bei Hamburg lebt, sucht in ihrem „Märchen-Poem“ dagegen nicht Kolorit, sondern Transzendenz. Klavier, Vibraphon und Marimbaphon erzeugen quasi überzeitliche Klangsphären, die mit dem geheimnisvollen Flüstern der Streicher in den Dialog treten.
Bernhard Steiner gestaltet mit den sehr konzentriert spielenden Philharmonikern eine atmosphärisch dichte und sehr fesselnde Wiedergabe dieser großartigen Partitur, in der die Solobläser feine Lieder singen - und in der auch am Schluss eine Prise Humor nicht fehlt.