Hagen. .

Das Neujahrskonzert der Hagener Philharmoniker hat in der Region ebenso gute und beliebte Tradition wie sein international berühmtes Pendant in Wien. Unter dem Titel „Wien - Berlin“ begrüßten die Hagener Philharmoniker unter ihrem Generalmusikdirektor Florian Ludwig jetzt das neue Jahr mit einem operettenseligen Melodien-Feuerwerk.

Florian Ludwig lässt zwei unterschiedliche musikalische Kulturen in charmanter Moderation aufeinanderprallen und stellt von Johann Strauß’ „Verbrüderungsmarsch“ bis zur „Berliner Luft“ von Paul Lincke die Väter der Operette an der Donau und an der Spree vor. Dabei wird Ludwig zum Schatzgräber, denn neben den uns bekannten beliebten Stücken der Strauß-Familie lässt sich noch viel Seligkeit im Dreivierteltakt entdecken. So gab es dann am Ende in der Hagener Stadthalle reichlich Beifall für ein rundum gelungenes Konzert, das allenfalls ein wenig zu lang geraten war.

Wenn das neue Jahr erst wenige Stunde alt ist und dann schon die erste Panne passiert, kann das nur als gutes Omen zu werten sein. Zithersolist Klaus Waldburg riss gleich zum Beginn des berühmten Walzers „Geschichten aus dem Wienerwald“ eine Saite. Nichts ging mehr. Die Interpretation musste bis zur Reparatur verschoben werden. „Deshalb heißt das Instrument auch ,Zitter’“, kommentierte Florian Ludwig das Künstlerpech.

Musikalische Brückenschläge zwischen den Musik-Metropolen sind die Regel, nicht die Ausnahme: So hat Johann Strauß seinen „Verbrüderungsmarsch“ anlässlich des Verbrüderungsvertrages zwischen Preußen und Österreich geschrieben und seine Kaiser-Wilhelm-Festpolonaise dem Herrscher gewidmet. Dahinter stand kluger Geschäftssinn, denn wer zu bedeutenden Anlässen Stücke komponierte, konnte sie finanziell gut vermarkten.

Werner Hahn hat als gebürtiger Salzburger natürlich einen Riesenspaß daran, Wienerlieder wie „Powidltatschkerln“ oder „Heut kommen d’ Engerln auf Urlaub nach Wien“ vorzutragen. Doch was dem Österreicher seine Schrammelmusik, das ist dem Preußen seine Moritat. Hier glänzt Hahn mit der „Ballade vom verrosteten Ritter“ von Eduard Künneke und dem Chanson des stotternden Bobby aus Ralph Benatzkys „Herzen im Schnee“.

Will man Unterschiede zwischen den beiden Musikmetropolen suchen, fällt die instrumentale Raffinesse an der Donau auf, der ein gewisser kosmopolitischer Ehrgeiz an der Spree gegenübersteht. „La bella tangolita“ von Paul Abraham und der „Saltarello“ des viel zu unterschätzten Eduard Künneke offenbaren urbane Weltoffenheit im Vergleich zu der Sehnsucht nach der guten alten Zeit, die der Wienerwald beschwört.

Zwischen Fernweh
und Romantik

Hier wiederum spielt Franz Lehar, wie die Strauß-Dynastie erfolgreich ebenso auf preußischem wie k.u.k.-Parkett, mit seiner „Land des Lächelns“-Ouvertüre den Botschafter zwischen Fernweh und walzerbeschwingter Romantik.

Die Hagener Philharmoniker musizieren bestens aufgelegt und servieren alle diese delikaten musikalischen Muntermacher mit betörendem Orchesterglanz. Allerdings darf das Orchester beim Neujahrskonzert keinen Feierabend machen, bevor der Radetzkymarsch als Zugabe erklingt - bei dem sich das begeistert mitklatschende Publikum gerne von Florian Ludwig dirigieren lässt.