Hagen. Der jüngste Vorschlag der NRW-Landesregierung zur finanziellen Entlastung der Kommunen weckt bei Hagens Kämmerer Hoffnungen.

Hagens Kämmerer Christoph Gerbersmann, aber auch das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ haben ausdrücklich begrüßt, dass mit dem jüngsten Vorstoß aus Düsseldorf endlich Bewegung in die Altschulden-Diskussion kommt. Denn die schwarz-grüne Landesregierung hat einen neuen Vorschlag zur Regelung der kommunalen Altschulden in Nordrhein-Westfalen unterbreitet, der die hoch verschuldeten Städte ab dem kommenden Jahr deutlich entlasten könnte. Wie Ministerpräsident Hendrik Wüst jetzt präsentierte, wolle das Land in den kommenden 30 Jahren jeweils 250 Millionen Euro zum Abbau der Altschulden beitragen. In Summe wären das 7,5 Milliarden Euro.

„Auch wenn die konkrete Ausgestaltung noch völlig offen ist, ist es ein wirklich guter Schritt, dass jetzt die Idee eines eigenen Landesbeitrags auf dem Tisch liegt. Nachdem der Vorschlag im vergangenen Jahr eine Bundesbeteiligung nicht möglich gemacht hatte, hat das NRW-Kabinett nun einen substanziellen finanziellen Eigenanteil angekündigt. Jährlich 250 Millionen Euro über 30 Jahre sind auch angesichts der angespannten Haushaltslage im Land ein wichtiger Schritt“, so die Einordnung des Finanzdezernenten.

Christoph Gerbersmann ist Kämmerer der Stadt Hagen und zugleich einer der Sprecher des Aktionsbündnisses.
Christoph Gerbersmann ist Kämmerer der Stadt Hagen und zugleich einer der Sprecher des Aktionsbündnisses. © WP | Michael Kleinrensing

Alle weiteren Detailfragen seien allerdings noch offen. „Hier müssen wir von wissenschaftlicher Seite zunächst einmal nachrechnen lassen, ob das Volumen ausreicht.“ Für eine abschließende Bewertung des Konzepts komme es deshalb auf die weiteren Gespräche zur Ausgestaltung an. Gerbersmann macht im Vorfeld bereits deutlich, dass mit den 250 Millionen allein „für die Breite der Kommunen keine ausreichende Lösung hinbekommen wird“.

Konzept des Aktionsbündnisses

Das Aktionsbündnis schlägt weiterhin folgendes Modell vor: Dieses sieht jeweils 25 Prozent Anteil von Land und Kommune sowie 50 Prozent Bundesbeteiligung vor. Übertragen auf den Vorschlag der Landesregierung würde dies 250 Millionen Euro des Landes, 250 Millionen Euro der Kommunen und 500 Millionen Euro des Bundes pro Jahr bedeuten. „So ergäbe sich ein schlüssiges Gesamtkonzept, das allen betroffenen Kommunen tatsächlich hilft“, betont Gerbersmann, der zugleich als Sprecher des Bündnisses agiert. In Hagen liegt der Altschuldenstand im Rahmen der Kassenkredite zurzeit bei etwa 900 Millionen Euro. Das löst wiederum jährliche Zinszahlungen von etwa 23 Millionen Euro aus.

Weitere spannende Themen aus Hagen

Bereits im Juni will sich Ministerpräsident Hendrik Wüst mit dem Aktionsbündnis über die Details austauschen, damit das Ergebnis nach der Sommerpause auch in die Haushaltsaufstellung des Bundes einfließen kann. „Für die weiteren Schritte appellieren wir an die Bundesregierung, nun eine Gesetzesvorlage zur Altschuldenfrage einzubringen, und an den Bundestag und den Bundesrat, der Lösung im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse zuzustimmen“, so Gerbersmann. Er hofft, dass anschließend im Bundesrat auch Länder, die nicht von der Regelung betroffen sind, in Solidarität mit den finanzschwachen Kommunen die Lösung mitbeschließen.

Für die weiteren Schritte appellieren wir an die Bundesregierung, nun eine Gesetzesvorlage zur Altschuldenfrage einzubringen, und an den Bundestag und den Bundesrat, der Lösung im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse zuzustimmen.
Christoph Gerbersmann - Kämmerer der Stadt Hagen

Das Aktionsbündnis hat in den vergangenen Wochen immer wieder deutlich gemacht, wie gravierend die kommunale Finanzkrise ist und wie dringend Hilfe für die Betroffenen gefunden werden muss. Hohe Zinsen, die Inflation, die Tariferhöhungen sowie weiterwachsende Soziallasten haben diese Krise verursacht und gefährden die Handlungsfähigkeit der Kommunen. Deshalb appelliert der Hagener Kämmerer zugleich: „Eine Neuverschuldung lässt sich nur verhindern, wenn Bund und Land die Kommunen künftig anders finanziell ausstatten.“

Ball liegt jetzt in Berlin

Ob und in welchem Umfang die Bundesregierung sich an einer Altschuldenlösung beteiligt, ist noch ungewiss. In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel grundsätzlich zu einer Altschuldenregelung bekannt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte frühere Vorschläge zu einer Beteiligung des Bundes an kommunalen Altschulden abgelehnt, nun aber selbst Eckpunkte vorgelegt, die als Grundlage für Gespräche dienen könnten. Sollte sich die Ampel in Berlin tatsächlich auf ein entsprechendes Gesetz einigen, bräuchte es die Zustimmung des Bundesrates. Dort herrscht allerdings bei vielen Ländern die Haltung vor, dass verschuldete Städte in anderen Teilen der Republik sie nichts angehen.

Vor etwa einem Jahr hatte Kommunalministerin Ina Scharrenbach bereits einen ersten Vorschlag zur Regelung der Altschulden wieder zurückgezogen, nachdem zahlreiche Kommunen, Verbände und Experten heftige Kritik daran übten. Die Landesregierung wollte seinerzeit die Altschulden mit dem bisherigen Anteil der Kommunen an der Grunderwerbsteuer verrechnen. In den Augen der Kommunen eine Mogelpackung, weil es sich lediglich um eine Umverteilung handelte, ohne dass die Städte zusätzliche Mittel aus dem Landesetat erhielten.