Hohenlimburg. Hagen plant bis 2025 eine öffentliche Wasserstofftankstelle. Doch Spediteure sind skeptisch mit Blick auf die klimaneutrale Technologie.

In Hagen entsteht bis Ende 2025 die erste öffentliche Tankstelle für grünen Wasserstoff - aber was halten Spediteure vor Ort von der klimaneutralen Antriebstechnologie? „Wir prüfen für uns, welche Technologie wir in der Zukunft für unseren Fuhrpark zum Einsatz bringen werden“, so Marc Simon, Geschäftsführer von Cosi Stahllogistik mit Sitz in der Verbandsstraße. Beim Schwerlastverkehr sei man vom Wasserstoff ausgegangen. „Die aktuellen Entwicklungen lassen schwer abschätzen, wohin die tatsächliche Entwicklung uns hinführen wird. Der Transformationsprozess muss auch bezahlbar sein, was aktuell nicht so aussieht.“

Bei dem Schwerlastverkehr sind wir vom Wasserstoff ausgegangen. Die aktuellen Entwicklungen lassen schwer abschätzen, wohin die tatsächliche Entwicklung uns hinführen wird.
Marc Simon, - Geschäftsführer Cosi Stahllogistik, über Antriebstechnologien der Zukunft

Unsicherheit groß

Erste Überlegungen, eine Wasserstofftankstelle für Cosi Stahllogistik zu errichten, liegen auf Eis. „Aktuell werden wir die Wasserstofftankstelle nicht bauen“, so Simon. Von der Politik wünscht er sich mehr Impulse: „Unser Verkehrsminister aus NRW hat mir mitgeteilt, dass die Logistikunternehmen keinen grünen Wasserstoff bekommen werden, sondern nur die Industrie. Das führt nicht dazu, dass man Investitionen anschiebt, wenn die Unsicherheit groß ist und der Batterie-LKW für uns nur eingeschränkt nutzbar ist.“

Land will Ausbau vorantreiben

Auf Anfrage hierzu teilt das NRW-Verkehrsministerium mit, die Aussage des Ministers Oliver Krischer sowie ihr Kontext seien im Haus nicht bekannt. Grundsätzlich spiele grüner Wasserstoff eine entscheidende Rolle für die klimaneutrale und wettbewerbsfähige Energieversorgung der Zukunft. „Mit Blick auf die Nutzungskonkurrenz zwischen den Sektoren sollte Wasserstoff vorrangig in den Bereichen zum Einsatz kommen, in denen eine Elektrifizierung oder andere Ausweichmöglichkeiten bzw. Substitute nicht möglich oder wirtschaftlich nicht tragfähig sind“, so ein Sprecher des Verkehrsministeriums.

Dies gelte insbesondere im Industriesektor etwa für die Stahl- und Chemieindustrie und die Erzeugung von Prozesswärme, im Verkehrsbereich für schwere Nutzfahrzeuge wie Lastkraftwagen, Busse, Züge und Sonderfahrzeuge sowie im Stromsektor zum Betrieb von Kraftwerken zur Absicherung der Strom- und Wärmeversorgung.

Rechtliche Basis gelegt

Das Land NRW treibe den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft entschlossen voran. „Voraussetzung dafür ist eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland und NRW.“ Der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur beginne in einer ersten Stufe mit der Planung und Errichtung eines Wasserstoff-Kernnetzes. Der Bund habe hierfür die wesentlichen rechtlichen Grundlagen bis 2032 gelegt.

Vertrauensverlust in Staat

Auch die Spedition Hermesmann um Karsten Blankenagel, die Standorte in Hohenlimburg und Iserlohn hat, beschäftigt sich seit Jahren mit klimaneutralen Antriebstechnologien für ihre Lastwagen, darunter auch Wasserstoff. Blankenagel gibt sich allerdings ernüchtert. „Ja, wir beschäftigen uns damit, sind aber aufgrund unserer Erfahrungen mit der Zuverlässigkeit des Staates sehr vorsichtig geworden.“

So habe man zum Beispiel Rapsöl als ersten Alternativkraftstoff ausprobiert. „Als wir die Fahrzeuge umgestellt hatten, sodass es wirtschaftlich wurde, wurde Raps besteuert und der Kraftstoff war damit tot.“ Dann kam Gas in den Fokus, doch die Mautbefreiung könne nicht die Beschaffungskosten, die exorbitant gestiegen seien, kompensieren.

Im Fernverkehr ist Wasserstoff als Alternativenergieträger unter den jetzigen politischen Vorgaben die einzig umsetzbare Lösung.
Karsten Blankenagel, - Spedition Hermesmann, über das Potenzial von Wasserstoff für den Schwerlastverkehr

Flotte umrüsten

„Das Thema Wasserstoff ist unserer Meinung nach besser für den Betrieb von 40-Tonnern geeignet als die Diskussion, diese mit Strom zu betreiben.“ Man plane, die eigene Flotte umzurüsten. „Im Fernverkehr ist Wasserstoff als Alternativenergieträger unter den jetzigen politischen Vorgaben die einzig umsetzbare Lösung.“ Auch eine eigene Wasserstofftankstelle für den Betrieb sei interessant, „aber ohne Fördermittel keine Chance, da unser Fuhrpark zu klein wäre.“

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Anreize nötig

Herausforderung sei es, ein entsprechendes Tankstellennetz aufzubauen und Anreize zu schaffen, dass der Wasserstoff-LKW in Serie und damit kostengünstig hergestellt werden kann. „Grundsätzlich muss Deutschland seine Energiekosten wieder in den Griff bekommen, sonst hat die Logistik mit massiver Abwanderung seiner Kundschaft zu kämpfen.“

Strom-Lkw als Alternative

Eine Alternative zum Wasserstoffantrieb wären im Nahbereich bis 450 Kilometern auch Strom-LKW. „Aber nur theoretisch, da die Energieversorger nicht in der Lage wären, die Ladekapazität zur Verfügung zu stellen“, so Blankenagel. „Leider wird das Land der Entwickler und Denker in dieser Tätigkeit massiv eingeschränkt. So werden Alternativkraftstoffe oder die Effizienzerhöhung des Diesel (in China bereits erreicht) mit ‚Denkverboten‘ belegt.“