Hohenlimburg. Ein zweiter Ruheforst in Hagen schien bereits Wirklichkeit zu werden. Doch jetzt wackelt der Begräbniswald am Schloss Hohenlimburg.

Beim Thema Begräbniswald deutet sich in der Lokalpolitik eine Kehrtwende an. Hatte die Bezirksvertretung in ihrer Sitzung am 20. Oktober 2022 noch - mit Ausnahme der Grünen-Einzelvertreterin Andrea Peuler-Kampe - wohlwollend auf die Pläne des Fürstenhauses reagiert, einen Begräbniswald am Schloss einzurichten, sind mittlerweile andere Töne zu hören. Grund ist die Friedhofsbedarfsplanung, deren Details seit ein paar Wochen bekannt sind – und die die Schließung der drei kleinen Friedhöfe in Berchum, Garenfeld und Holthausen vorsieht.

Wir haben heute eine andere Ausgangslage, weil wir damals noch nicht wussten, dass Friedhöfe im Bezirk geschlossen werden sollen
Michael Glod, CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Hohenlimburg

„Wir haben heute eine andere Ausgangslage, weil wir damals noch nicht wussten, dass Friedhöfe im Bezirk geschlossen werden sollen“, betont Michael Glod (CDU Hohenlimburg) in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung. Die CDU habe deshalb noch „Beratungsbedarf“. Man müsse das Thema innerhalb der Fraktion nochmal neu diskutieren.

Auch die Bürger für Hohenlimburg hatten vor eineinhalb Jahren noch geschlossen dafür gestimmt, Verwaltung und WBH mögen die Einrichtung eines Begräbniswaldes in Hohenlimburg prüfen. In der Freien Wählergemeinschaft hat sich die Meinung bereits gedreht: „Wir werden uns gegen einen Begräbniswald aussprechen“, kündigte Peter Arnusch (BfHo) in der Sitzung der Bezirksvertretung an. Die SPD stehe dem Begräbniswald grundsätzlich positiv gegenüber, deutete Mark Krippner dagegen keinen Kurswechsel in seiner Fraktion an.

Aus dem Fürstlichen Forst am Schlossberg in der Wesselbach bei Schloss Hohenlimburg soll ein Begräbniswald werden. Doch nun steht das Projekt auf der Kippe.
Aus dem Fürstlichen Forst am Schlossberg in der Wesselbach bei Schloss Hohenlimburg soll ein Begräbniswald werden. Doch nun steht das Projekt auf der Kippe. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Thema auf nächste Sitzung

Die Bezirksvertreter stimmten für eine „erste Lesung“ und schoben so das Thema Friedhofsbedarfsplanung auf die nächste Sitzung. WBH-Chef Hans-Joachim Bihs nahm die Kehrtwende in der Sitzung zur Kenntnis und bat, die Lokalpolitik möge hier zu einer Position finden.

Die städtischen Friedhöfe in Berchum (11 Beisetzungen in 2022), Garenfeld (16) und Holthausen (16) sollen, wie berichtet, aufgegeben werden - wenn es nach einem Gutachten des Unternehmens Entera geht. Diese vergleichsweise kleinen Begräbnisstätten werden im Vergleich zum Ruheforst (410) am Tücking, Delstern (297) oder Loxbaum (230) kaum nachgefragt. Auf anderen Friedhöfen sind Stilllegungen von Flächen vorgesehen. Zum Beispiel in Altenhagen, Haspe und Vorhalle

Sechs Fußballfelder Überhang

Als gut geeignete, nutzbare Grabfläche stehen auf den städtischen Friedhöfen insgesamt ca. 14,6 Hektar zur Verfügung. „Bei einem Flächenbedarf von 10,4 Hektar ergibt sich ein rechnerischer Überhang an gut geeigneter Grabfläche von ca. 4,2 Hektar“, heißt es im Entera-Gutachten. Das sind rund sechs Fußballfelder.

Beobachtet die Diskussion in den politischen Gremien: Schlossherr Fürst Maximilian zu Bentheim-Tecklenburg.
Beobachtet die Diskussion in den politischen Gremien: Schlossherr Fürst Maximilian zu Bentheim-Tecklenburg. © WP | Michael Kleinrensing

Wir können in Hagen alles bieten. Nur keine Weltraum- und keine Seebestattung. Wir bekommen deshalb alle unter. Es gibt auf den Friedhöfen bereits zu viele freie Flächen
Dieter Aufenanger, Dechant von Hagen

Auch auf den angedachten Begräbniswald hatte das Gutachten genau geblickt. Susann Linde vom Büro Entera gab unsere Zeitung vor einem Monat so wider: „Damit schafft man sich weitere Konkurrenz. Das führt automatisch zu höheren Gebühren auf den anderen Friedhöfen. Unsere Empfehlung ist es, stattdessen alternativ Bestattungen in den Waldbereichen der bestehenden kommunalen Friedhöfe zu ermöglichen.“ Das trüge auch der hohen Nachfrage nach pflegefreien Gräbern Rechnung. Deren Anteil liegt seit 2011 konstant bei über 70 Prozent - zuletzt im Jahr 2022 bei 74 Prozent. Pflegefrei sind beispielsweise der Ruheforst, Aschenstreufelder, Erdgemeinschaftsgrabstätten, Erdrasengrabstätten, Urnennischen oder -stelen und eben Waldgrabstätten.

Auch interessant

Fürstenhaus hält sich bedeckt

Wer bisher noch kein Grab auf einem der Friedhöfe besitzt, die geschlossen werden, der könnte noch bis Ende 2024 ein Nutzungsrecht erwerben, müsste dafür allerdings auch zahlen. Danach allerdings würden auf den zur Schließung anstehenden Friedhöfen keine neuen Nutzungsrechte für Gräber mehr vergeben. Auch Angehörige, deren Nutzungsrecht für Gräber nach dem 1. Januar 2025 abläuft, könnten noch bis zum 31. Dezember 2024 letztmalig eine gebührenpflichtige Verlängerung erhalten.

Das Fürstenhaus zu Bentheim-Tecklenburg, das den Begräbnis wald realisieren will, hält sich derweil in der Debatte zurück. Auf Anfrage wollte sich Maximilian zu Bentheim-Tecklenburg nicht zu dem Thema Begräbniswald äußern. Man werde die politische Debatte weiter beobachten, so der Schlossherr von Hohenlimburg.

Viele Friedhöfe in Hohenlimburg

Der Stadtbezirk Hohenlimburg verfügt über eine überdimensionale Anzahl an Friedhöfen - angesichts der Größe des Bezirks mit seinen rund 30.000 Einwohnern. Zu den städtischen Friedhöfen kommen nämlich noch die kirchlichen: die evangelisch-lutherischen Friedhöfe an der Esserstraße und im Niederfeld; der evangelisch-reformierte Boeckwaag-Friedhof und der reformierte Friedhof an der Iserlohner Straße im Ostfeld, dazu der katholische Heide-Friedhof. Zusätzlich gibt es Begräbnisstätten in Holthausen und in Berchum.

Schon in einer frühen Phase der Debatte - vor eineinhalb Jahren - hatte Hagens Dechant Dieter Aufenanger, Leitender Pfarrer des Pastoralen Raums am Hagener Kreuz, die fürstlichen Pläne abgelehnt. Er hatte einen Brief an den Hohenlimburger Bezirksbürgermeister und an den Oberbürgermeister der Stadt Hagen mit der Bitte geschrieben, die Idee, einen weiteren Friedhof zu schaffen, abzulehnen. „Ich sehe dafür keine Notwendigkeit“, so Pfarrer Aufenanger damals, „wir können in Hagen alles bieten. Nur keine Weltraum- und keine Seebestattung. Wir bekommen deshalb alle unter. Es gibt auf den Friedhöfen bereits zu viele freie Flächen.“