Hagen. Die Stadt Hagen will Friedhöfe aufgeben und Flächen stilllegen. Trotz hoher Nachfrage ist ein Gutachter gegen einen weiteren Waldfriedhof.

Es gibt diese Botschaft: Niemand muss damit rechnen, dass er seine verstorbenen Verwandten, die auf einem städtischen Friedhof in Hagen begraben sind, umbetten muss. Denn bis die Schließungs- und Stilllegungspläne, über die gerade diskutiert wird, tatsächlich final umgesetzt werden, werden Jahrzehnte vergehen. Von 50 bis 60 Jahren ist die Rede.

Aber: Wenn der Rat den Friedhofsbedarfsplan einmal final absegnet, steht damit auch fest, dass Beisetzungen auf einem wohnortnahen kommunalen Begräbnisfeld nicht mehr so selbstverständlich sind wie es derzeit noch der Fall ist.

Wenn der Verwaltungsrat des Wirtschaftsbetriebs Hagen (WBH) - einer städtischen Tochter, die für die kommunalen Friedhöfe verantwortlich zeichnet - tagt, dann tut er das - obwohl öffentlich - in der Regel unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Christoph Gerbersmann, erster Beigeordneter und Vorsitzender des Gremiums, Politiker und Arbeitnehmervertreter sitzen hier mit Vertretern des WBH zusammen - und sonst niemand.

Zehn städtische Friedhöfe

Wie sehr das Thema Friedhofsschließungen aber die Menschen in Hagen bewegt, zeigte, dass die WBH-Kantine bei der Verwaltungsratssitzung am Mittwoch aus allen Nähten platzte. Susann Linde von der Firma „Entera Umweltplanung“, laut Homepage des Unternehmens eine Spezialistin in Sachen Friedhofsplanung, trug dem Gremium vor, was in einem 102 Seiten starken Gutachten zur Friedhofsbedarfsplanung steht und wie es auf den zehn städtischen Friedhöfen (daneben gibt es in Hagen noch 16 konfessionelle) weitergehen soll.

Auch wenn ein Friedhof absehbar geschlossen wird: Nutzungsrechte können noch erworben werden.
Auch wenn ein Friedhof absehbar geschlossen wird: Nutzungsrechte können noch erworben werden. © WP | Michael Kleinrensing

Eine Empfehlung, die letztlich auch in einer Vorlage so beschlossen werden soll: Die städtischen Friedhöfe in Berchum (11 Beisetzungen in 2022), Garenfeld (16) und Holthausen (16) werden aufgegeben. Diese vergleichsweise kleinen Begräbnisstätten werden im Vergleich zum Ruheforst (410), Delstern (297) oder Loxbaum (230) kaum nachgefragt. Auf anderen Friedhöfen sind Stilllegungen von Flächen vorgesehen.

Zu viele Grabflächen in Hagen

Denn: Als gut geeignete, nutzbare Grabfläche stehen auf den städtischen Friedhöfen insgesamt ca. 14,6 Hektar zur Verfügung. „Bei einem Flächenbedarf von 10,4 Hektar ergibt sich ein rechnerischer Überhang an gut geeigneter Grabfläche von ca. 4,2 Hektar“, heißt es im Entera-Gutachten.

Damit schafft man sich weitere Konkurrenz. Das führt automatisch zu höheren Gebühren auf den anderen Friedhöfen.
Susann Linde - Entera Umweltplanung über einen weiteren Waldfriedhof

Während sich die Politiker in Hohenlimburg bereits dafür ausgesprochen haben, mit dem Fürstenhaus über einen weiteren Begräbniswald zu sprechen und auch der Wirtschaftsbetrieb sich für Verhandlungen offen zeigt, warnt Entera ausdrücklich vor einem zweiten Ruheforst: „Damit schafft man sich weitere Konkurrenz“, sagt Susann Linde, „das führt automatisch zu höheren Gebühren auf den anderen Friedhöfen. Unsere Empfehlung ist es, stattdessen alternativ Bestattungen in den Waldbereichen der bestehenden kommunalen Friedhöfe zu ermöglichen.“

Pflegefreie Grabstätten sind gefragt

Das trüge auch der hohen Nachfrage nach pflegefreien Gräbern Rechnung. Deren Anteil liegt seit 2011 konstant bei über 70 Prozent - zuletzt im Jahr 2022 bei 74 Prozent. Pflegefrei sind beispielsweise der Ruheforst, Aschenstreufelder, Erdgemeinschaftsgrabstätten, Erdrasengrabstätten, Urnennischen oder -stelen und eben Waldgrabstätten.

Der Zahn der Zeit hat an der Andachtshalle auf dem Friedhof Halden genagt.
Der Zahn der Zeit hat an der Andachtshalle auf dem Friedhof Halden genagt. © WP | Michael Kleinrensing

Letztlich kommen die Gutachter zu drei Varianten: Die erste sieht eine Schließung von Garenfeld, Holthausen, Berchum und Halden vor. In der zweiten ist von der Schließung der Friedhöfe Garenfeld, Berchum und Holthausen die Rede. Halden bliebe erhalten. Dafür würden dort sowie in Altenhagen, Haspe und Vorhalle Flächen stillgelegt. Die dritte Variante wiederum baut auf der zweiten auf und soll am Ende dazu führen, dass die Gesamtfriedhofsfläche halbiert wird.

Nutzungsrechte können noch erworben werden

Ganz gleich aber, ob die Politik am Ende beschließt, Friedhöfe aufzugeben: Wer bisher noch kein Grab auf einem der Friedhöfe besitzt, die geschlossen werden, der könnte noch bis Ende 2024 ein Nutzungsrecht erwerben, müsste dafür allerdings auch zahlen. Danach allerdings würden auf den zur Schließung anstehenden Friedhöfen keine neuen Nutzungsrechte für Gräber mehr vergeben. Auch Angehörige, deren Nutzungsrecht für Gräber nach dem 1. Januar 2025 abläuft, könnten noch bis zum 31. Dezember 2024 letztmalig eine gebührenpflichtige Verlängerung erhalten.