Hagen. Zwei Leitungen hat das Kultopia in Hagen zuletzt verschlissen. Jetzt muss die Stadt die Stelle wieder ausschreiben. Die Hintergründe.
Es ist wenige Tage her, da hatte der Jugendhilfeausschuss ein neues Konzept für das Kultopia in Hagen beschlossen. „Vielfalt leben“ ist das Papier überschrieben, das Arbeitsweise, Projekte und Werte umschreibt, um die es in der zentralen Jugendeinrichtung in der Innenstadt gehen soll.
Doch während in dem Papier von „individueller Entfaltung“ und „Förderung der Partizipation“ die Rede ist, brodelt es hinter den Kulissen nach Informationen unserer Zeitung gewaltig. Und das hat nicht nur damit zu tun, dass der Kämmerer die Mittel für das Music-Office Hagen (MOH), das das Haus in den letzten Jahren immer wieder mit Leben gefüllt hat, im Rahmen des neuen Sparkurses zu streichen gedenkt. Auch ein erster Entwurf des Konzeptes wurde von der Politik im November kritisch gesehen. So war unter anderem von fehlender Profilschärfe die Rede.
Suche nach neuer Leitung
Entstanden ist das neue Konzept im Fachbereich Jugend und Soziales. Bezeichnenderweise ohne „Partizipation“ der Leitung der Einrichtung. Denn die gibt es mal wieder nicht. An der Spitze des Hauses herrscht ein reger Wechsel. Zuletzt war dort bis Sommer 2023 für dreieinhalb Monate Heike Okroy, eine von vielen Seiten gelobte Sozialarbeiterin, tätig, die die Probezeit nicht überstand. Auch deren Vorgängerin Elena Grell, die im September 2021 die Nachfolge von Bernd König (heute Personalrat bei der Stadt) angetreten hatte, war nach zehn Monaten nicht mehr im Amt. Jetzt wird die nächste Fachkraft gesucht.
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Und weil nicht nur die Leitung, sondern auch weitere Mitarbeiter zuletzt dem Kultopia den Rücken kehrten, bleibt die hohe Fluktuation auch der Politik nicht mehr verborgen: „Scheinbar passen kreative Köpfe nicht zu dem, was Verwaltung sich vorstellt“, sagt Karin Köppen, die für die Grünen im Jugendhilfeausschuss sitzt. „Und das, obwohl die Stadt von solchen Menschen immer profitiert hat.“ Dabei haben Vorwürfe aus dem Kultopia-Umfeld, die der Abteilungsleitung einen „dominanten Führungsstil“ unterstellen, sowohl Politik als auch die Redaktion erreicht.
Mentor soll eingesetzt werden
So sind die Verwerfungen zuletzt derart hochgekocht, dass die Einführung der neuen Leitung nun auf Wunsch der Politik von einem Mentoring begleitet werden soll. „Wir haben uns dafür starkgemacht. Zweimal hat die Leitung die Brocken hingeworfen - natürlich ist das für uns ein Grund, kritisch hinzuschauen“, sagt auch der CDU-Politiker Detlef Reinke, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses. „Die oder der Neue soll ja dieses Mal über die Probezeit hinauswirken.“ Es habe „Kommunikationsschwierigkeiten“ gegeben.
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Die sollen nach Informationen unserer Zeitung nicht nur den Austausch zwischen Abteilungsleitung und Mitarbeitern betreffen, sondern beziehen sich auch auf eine Szene, in der sich die Abteilungsleiterin gegenüber Jugendlichen abfällig geäußert haben soll, die sich auf Einladung der damaligen Kultopia-Leiterin an den Resten eines Buffets anlässlich der Eröffnung des Lernzentrums bedienten. Den Satz „Warum bedienen sich diese Menschen an unserem Buffet?“ haben gleich mehrere Teilnehmer der Veranstaltung deutlich gehört.
Austausch auch mit Jugendlichen
Man habe bezüglich der Probleme Gespräche mit allen Seiten geführt, sagt Detlef Reinke. Auch mit Jugendlichen, die regelmäßig das Kultopia besuchen, habe sich die Politik ausgetauscht.
Gemeint ist damit auch eine engagierte Gruppe junger Menschen, viele mit Migrationsgeschichte, die sich selbst „Lichter der Großstadt“ nennt und sich regelmäßig in der Einrichtung traf. Diese und andere junge Menschen aber hatten sich zuletzt eher rargemacht. Denn Angebote im Nachmittagsbereich oder an den Wochenenden hatte es nach Informationen unserer Zeitung zuletzt kaum gegeben.
Externe Kräfte füllen Haus mit Leben
Und wenn überhaupt, dann sollen die vor allem auf den Einsatz externer Kräfte zurückzuführend gewesen sein (MOH und East-West-East), die mit Projekten dem Haus Leben einhauchten. Verantwortlichen wie Gandhi Chahine - Träger des Heimatpreises, des Integrationspreises der Stadt, des NRW-Jugendkulturpreises und selbst Musiker - war allerdings zuletzt der Schlüssel für das Haus abgenommen worden.
Chahine wiederum und das MOH sind offiziell bei der AWO angedockt, deren Geschäftsführerin Birgit Buchholz (im Ehrenamt SPD-Politikerin) für den Träger im Jugendhilfeausschuss sitzt. „Ich habe die Sorge, dass speziell ältere Jugendliche und junge Erwachsene im Kultopia künftig zu kurz kommen“, sagt die Fachfrau, die mit Blick auf die beiden ausgeschiedenen Leiterinnen von „unausgesprochene Erwartungen“ der Abteilungsleitung spricht, die so nicht hätten erfüllt werden können. „Daher macht es Sinn, dass der Prozess nun extern begleitet wird.“
Gespräche zur Zukunft des Musicoffice
Immerhin scheint es noch Hoffnung für die Arbeit des Music-Office zu geben. „Wir befinden uns dazu noch in Gesprächen mit der Stadt“, sagt Buchholz. Zu Details will sie derzeit noch nicht mehr sagen.
Eine hohe Fluktuation über „mehrere Jahre“ hat auch die Stadt Hagen wahrgenommen. „Die Gründe für die jeweiligen Personalwechsel sind sehr unterschiedlich. Insoweit ist kein strukturelles Problem erkennbar“, sagt dazu Michael Kaub, Sprecher der Stadt. Die Fluktuation im öffentlichen Dienst habe insgesamt zugenommen.
Stadt: Kooperativer Führungsstil
Zur Arbeit einzelner Mitarbeiter, also auch der Abteilungsleitung, will sich die Stadt nicht äußern. Allgemein unterstreicht Kaub: „Es ist uns bewusst, dass Führungsstile subjektiv wahrgenommen werden können. Die Stadt steht jedoch als Arbeitgeberin für einen kooperativen und situativen Führungsstil.“ Die Führungskräfte des Fachbereichs Jugend und Soziales stünden im stetigen Dialog mit ihren Mitarbeitenden.
Den Vorschlag der Politik, für die „Leitung des Kultopia ein Coaching“ zu ermöglichen, wird von der Stadt positiv bewertet: „Hier ist anzumerken, dass die Stadt bereits seit einigen Jahren Coaching- und Supervisionsmöglichkeiten für Führungskräfte im Rahmen der städtischen Personalentwicklung anbietet.“
Angebot eingeschränkt
Aufgrund der Vakanzen im pädagogischen Bereich seien die Angebote im Kultopia im Jahr 2023 nur eingeschränkt möglich gewesen, so die Stadt. Allerdings hätten sich aus Integrationskursen feste Gruppen gebildet, Tanzworkshops seien angeboten worden, als Angebot der Jugendförderung fänden Mädchengruppen statt.
In Bezug auf das Musicoffice gehen die Überlegungen der Stadt in die Richtung, „das Angebot MOH in angepasster, verringerter Form fortzusetzen“.