Breckerfeld. Im großen Jahresinterview blickt der Bürgermeister auf die Kommunalwahl, anstehende Projekte und Investitionen:
Etwas mehr als acht Jahre sind es nun schon. Acht Jahre als Bürgermeister in einer Stadt, in der knapp 10.000 Menschen leben. Nachdem zuletzt Hagens Oberbürgermeister Erik O. Schulz erklärt hatte, nicht erneut kandidieren zu wollen, wirft das natürlich auch die Frage auf, wie es in der Hansestadt weitergeht. André Dahlhaus blickt im Interview auf Projekte, Probleme - und eine mögliche dritte Amtszeit.
Kommen wir direkt auf den Punkt: Treten Sie bei der Kommunalwahl 2025 zur Wiederwahl an?
André Dahlhaus: Die einfache Antwort - ja. Wir sind in den Parteien so langsam an dem Punkt, wo man sich darüber unterhält, ob und welcher Kandidat im jeweiligen Wahlkreis antritt. Letzten Endes gilt das genauso beim Bürgermeister.
Mussten Sie lange überlegen?
Eigentlich war es keine richtige Überlegung, die Entscheidung stand für mich fest.
Es stehen also nicht zehn Headhunter vor dem Rathaus und klopfen an - aus Hagen zum Beispiel?
Nein (lacht).
Verliert man als Bürgermeister seine Privatsphäre? Sicher werden Sie auch auf dem Weihnachtsmarkt oder bei anderen Festen immer wieder zu Problemen angehauen...
Es ist schon so, dass man angesprochen wird und dass man selbst für gewisse Dinge offen sein muss. Aber es nimmt keine Überhand. Das gehört letzten Endes seit über acht Jahren zu meinem Leben dazu. Und es ist übrigens auch nicht so, dass man nach zehn Jahren keine Ideen oder Anregungen mehr hätte ...
Ist man als Bürgermeister schnell der Buh-Mann, wenn mal was nicht läuft?
Ja - allein schon vom eigenen Gefühl her (lacht). Man ärgert sich einfach. Aber: Was läuft perfekt? Man kann nur versuchen, weiter daran zu arbeiten und Dinge zu verbessern. Am Ende ist man nicht für alles verantwortlich.
Was kann man als Bürgermeister überhaupt entscheiden? Vieles wird ja durch die Politik vorgegeben ...
Die Fraktionen können Anträge stellen, genauso kann die Stadtverwaltung Vorlagen und Ideen einbringen, über die die Politik dann abstimmt. Es gibt also schon Spielräume. Gleiches gilt in der Verwaltung, wo man gewisse Entscheidungsspielräume hat.
Und richtig strittig sind in Breckerfeld Projekte ja auch selten, oder?
Wobei - das überdachte Mehrzweckfeld ist viel diskutiert worden. Unterm Strich war die Entscheidung einstimmig, aber der Weg dahin war steinig. So hat man immer wieder Projekte, über die diskutiert wird. Im Grunde muss man aber festhalten, dass in Breckerfeld sehr konstruktiv zusammengearbeitet wird und jeder mit Ideen ernst genommen wird. Was uns immer wieder freut: Der Haushaltsplan, in dem Projekte priorisiert werden, wurde in den letzten Jahren mit breiter Mehrheit getragen.
Wenn wir inhaltlich einsteigen: Was macht aktuell das Thema Breitbandausbau?
Ich bin optimistisch, dass wir nach den Verzögerungen bald loslegen können. Ich glaube schon, dass für uns als Stadt flächendeckendes Glasfasernetz wichtig ist. Übrigens auch für heimische Betriebe.
Wie sehr beschäftigt Sie verwaltungsintern das Thema Digitalisierung?
Stetig. Jede Verwaltung kann intern etwas tun - beispielsweise bei der Strukturierung der Arbeitsabläufe. Aber viele Leistungen für Bürger klappen „online“ einfach noch nicht - Personalausweise, Ummeldung, Anmeldung Eheschließung, Sozialhilfeanträge.... Teilweise scheitert es auch an der Online-Funktion des Personalausweises, die viele Bürger nicht haben. Was hingegen super läuft, ist unsere Online-Terminvergabe. Aber klar, Potenziale für Verbesserung gibt es immer.
Wie weit ist die Stadt mit Blick auf die Auswirkungen des Hackerangriffs und Problemen im Standesamt?
Im Standesamt konnten wir das Wichtigste in Form von Beurkundung von Sterbefällen und Eheschließungen abarbeiten. Jetzt geht es um das Nacharbeiten, beispielsweise von Namensänderungen. Im Bereich Passwesen und Einwohnermeldeamt sind auch die wichtigsten Dinge priorisiert worden, sodass wir auch hier nach und nach alles aufarbeiten.
Thema Frankfurter Straße: Die ist schon lange in einem ziemlich maladen Zustand. Gibt es da Bestrebungen, auch wenn die Straße nicht in der Zuständigkeit der Stadt, sondern des Landesbetriebes liegt, die Situation zu verbessern?
Wir haben jetzt noch Kontakt mit dem Landesbetrieb gehabt, vor allem den Zustand der Senke vor dem Kreisverkehr Westring haben wir mit Nachdruck gemeldet. Der Landesbetrieb muss eigentlich Löcher ausbessern, aber auch wir werden tätig, wenn es um die Verkehrssicherungspflicht geht. Parallel bleibt die Frage, wie und wann eine Sanierung infrage käme - gerade angesichts der Sperrung der Rahmedetalbrücke und des Ausweichverkehrs, der durch unsere Stadt fließt.
Ein Thema, das die Stadt letztes Jahr intensiv beschäftigt hat, war die Zuwanderung. Wie ist da der aktuelle Stand?
Die Situation hat sich etwas entspannt. Das Haus am Nesselberg ist mittlerweile komplett ertüchtigt, sodass dort perspektivisch Menschen untergebracht werden können. Denn in bestehenden Einrichtungen, die rund um die Uhr von einem Sicherheitsdienst betreut werden, hat sich die Zahl der Menschen deutlich verdichtet. Nach Weihnachten ist die Zahl der Zuweisungen glücklicherweise gesunken. Wie es weitergeht, muss man abwarten. Aber klar ist: Es muss grundsätzlich etwas passieren. So einen Zuzug wie 2023 kann man als Stadt - und das gilt nicht nur für uns - nicht jedes Jahr stemmen.
Wie viele der Zugezogenen bleiben am Ende in Breckerfeld?
Schwierig. Die Wohnungslage ist problematisch, es gibt nicht so viel günstigen Wohnraum oder Mietwohnungen wie in manch anderen Städten. Viele ziehen irgendwann fort. Aber ebenso kennen wir auch auf Erfolgsgeschichten von Menschen, die in Breckerfeld bleiben, die sich einbringen, die in Ausbildungen gegangen sind oder hier einen Job gefunden haben.
Wo wir bei Wohnraum sind - Klevinghauser Straße - der scheinbar unendlichen Geschichte eines Neubaugebiets. Geht es endlich voran?
Wir haben zuletzt den vollständigen Antrag bei der Wasserbehörde gestellt, und es wurde uns signalisiert, dass er so entscheidungsreif ist. Natürlich müssen noch unterschiedliche Behörden beteiligt werden. Es wurde uns jedoch avisiert, dass wir kurzfristig einen schriftlichen Bescheid erhalten - der wiederum mit Auflagen für das Regenrückhaltebecken verbunden ist, die wir bislang nicht kennen. Auch das muss dann noch bewertet und geplant werden.
Heißt konkret: Bis die ersten Häuser gebaut werden, dauert es noch...
Ja, leider.
Gäbe es denn perspektivisch noch Flächen, um weitere Neubaugebiete zu entwickeln?
Es ist wichtig, dass sich Breckerfeld behutsam weiterentwickelt. Darüber hinaus sind seitens der Regionalplanung Grenzen gesetzt, man kann nicht einfach irgendwo ein neues Wohngebiet ausweisen. Ob es nochmal so ein großes Gebiet wie damals den Heider Kopf geben wird - da bin ich eher skeptisch. Zudem gibt es keine städtischen Flächen mehr, auf denen man kleinere Neubaugebiete entwickeln könnte.
Stichwort Flächen: Gewerbegebiet Brauck ist immer wieder Thema, aber nichts tut sich. Liegen die Pläne auf Eis?
Auch da spielt Flächenverfügbarkeit eine Rolle. Zumindest die Stelle, die seinerzeit priorisiert wurde, steht nicht zur Verfügung. Wir hatten zuletzt ein sehr gutes Gewerbesteuerergebnis. Künftig müssen wir aber aufpassen, dass wir keine Firmen verlieren, die sich erweitern möchten. Es gibt zwar innerhalb des Industriegebietes immer wieder kleinere Flächen, die in privater Hand sind und noch Potenzial bieten, aber wir müssen an dem Thema dranbleiben.
Sind denn die Alternativflächen, damals waren Flächen in Königsheide an der L528 im Gespräch, keine Option?
Das müsste man im weiteren Kontext prüfen. Die Flächen könnte man auf jeden Fall nicht ohne weiteres erschließen.
Ein ganz anderes Thema: Ortsumgehung. Werden Sie die in Ihrer Amtszeit noch einweihen?
Der Kontakt in dieser Sache sowohl zum Landesbetrieb als auch ins Verkehrsministerium besteht. Wir sind dabei, nochmal über die Parteischiene (Anm.: CDU) Druck zu machen. Landespolitiker haben schon 2018 bei einem Ortstermin gesehen, wie eng es die Straße bei Böving und wie schmal der Bürgersteig dort ist. Es gibt viele Gründe für eine Ortsumgehung - der Verkehr ist nicht weniger geworden, das würde die Innenstadt schon massiv entlasten. Das sieht man auch in anderen Städten. Ob ich das in der Amtszeit noch erlebe? Wer weiß...
Und ein Blick auf ein letztes Projekt: Wann geht es mit dem geplanten überdachten Mehrzweckfeld los?
Bis Bagger rollen, dauert es nicht mehr lange - die Arbeiten starten vermutlich Mitte bis Ende Februar. Wahrscheinlich ist es März, bis man wirklich etwas sieht und der Untergrund für die Tartanbahn gelegt wird. Insgesamt empfinde ich das als ein tolles Gemeinschaftsprojekt von GmbH und Stadt für die Vereine und Menschen, die wetterunabhängiger die freien Zeiten nutzen können.