Holthausen. Eine alte Platane in Holthausen soll gefällt werden – zum Ärger von mehreren Vereinen im Dorf. Doch diese Fällung hat auch gute Gründe:

Eine alte Platane in Holthausen soll gefällt werden – zum Ärger von mehreren Vereinen im Dorf. Doch diese Fällung hat auch gute Gründe. Wo sich Holthauser Straße und Schmalenbeckstraße begegnen, da steht eine Platane. Wer an diesem hochgewachsenen Baum am Wegesrand vorbeifährt, der mag sich wundern, dass hier einst der Mittelpunkt des Dorfes gewesen sein soll, doch das unterstreicht nun eine Gruppe von Baumschützern aus dem Dorf. Sie haben reichlich historische Hintergründe zu der Platane zusammengetragen und wollen den stolzen Baum vor der Fällung bewahren. Ein Dorf will seinen Baum retten, so könnte man nun denken. Doch die Sache ist komplizierter.

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Aufwendige Pflege

Es ist trübe an diesem Herbstmorgen in Holthausen. Graue Wolken hängen über dem Himmel, kündigen baldigen Regen an. Eine Dame geht Gassi mit ihrem Hund, vorbei an einer hohen Platane, die gegenüber dem Ehrenmal über eine Straßenecke in Holthausen ragt. Dass der Baum gefällt werden soll, davon wisse sie nichts. Gleiches sagt der Nachbar, der gegenüber dem majestätischen Baum wohnt. „Schade drum, es ist ein schöner Baum“, sagt er. „Aber der macht sicher auch viel Arbeit.“ Womit der Anwohner das Dilemma dieser Geschichte schon gut zusammenfasst.

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Nachbarn kümmern sich

Denn dieser Baum macht viel Arbeit, und Alexandra Hoog kann ein Lied davon singen. Sie wohnt neben der Platane und kümmert sich mit anderen direkten Nachbarn seit Jahren um das Laub, das der Baum abwirft. In Hochzeiten wird mehrmals pro Woche gefegt. Sie ärgere sich vor allem darüber, dass nicht offen mit denjenigen gesprochen wird, die sich um das Umfeld der Platane kümmern – und mit der Frau, der dieser Baum gehört. Denn die Platane gehört nicht der Stadt, sondern steht auf einem Privatgrundstück. Dieses gehört einer 84-Jährigen, die nicht in Holthausen wohnt.

Eine alte Platane gegenüber vom Ehrenmal in Holthausen soll gefällt werden. Der wuchtige Baum mit seinem Efeukleid ist ein Blickfang und prägt das dortige Ortsbild.
Eine alte Platane gegenüber vom Ehrenmal in Holthausen soll gefällt werden. Der wuchtige Baum mit seinem Efeukleid ist ein Blickfang und prägt das dortige Ortsbild. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Sie hat eine Genehmigung der Stadt, den Baum zu fällen. So dehnen sich etwa die wuchtigen Wurzeln der Platane in Richtung des angrenzenden Fachwerkhauses auf dem Nebengrundstück aus und beschädigen dort das Mauerwerk. Direkt mit dieser Zeitung sprechen wollte die Seniorin nicht. Über die Nachbarin ließ sie ausrichten, dass die Pläne für eine Fällung derzeit ruhen.

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Das betroffene Fachwerkhaus steht seit ein paar Jahren leer, und die Eigentümerin ist in diesem Jahr verstorben, so berichtet Nachbarin Alexandra Hoog. Wie es mit dem Fachwerkhaus weitergeht, ist nach Informationen dieser Zeitung derzeit unklar. „Viele Jahre hat diese Platane niemanden interessiert“, sagt Hoog. „Doch jetzt, wo der Baum gefällt werden soll, wird ein riesiges Fass aufgemacht.“

Kein Naturdenkmal

Besagtes Fass ist seit gut acht Monaten geöffnet. Im Februar scheiterte ein erster Versuch, die Platane zu fällen, am Widerstand von Holthausern. Der Mitarbeiter der beauftragen Landschaftsfirma rückte wieder ab. Im Oktober endete diese Schutzzeit. Fällungen sind wieder möglich, und die Debatte um den Baum in Holthausen ist wieder da. Rein rechtlich gibt es keine Handhabe, die Fällung zu verhindern. So befindet sich der Baum auf einem Privatgrundstück und ist nicht unter den schützenswerten Naturgütern im Stadtgebiet gelistet.

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1200 Platanen in Hagen

Das Umweltamt hat geprüft, ob die betroffene Platane als Naturdenkmal eingestuft werden kann und ob sie unter die Baumpflegesatzung fällt. Beides ist nicht der Fall. Auch ist dieser Baum nicht alt und selten genug, um unter Schutz gestellt zu werden. So gibt es rund 1200 Platanen im Hagener Stadtgebiet. Da die Platane weniger als zehn Meter von bewohnten oder gewerblich genutzten Gebäuden entfernt steht, fällt sie nicht unter die Baumpflegesatzung.

Dass es sich dennoch lohnt, sich für den Erhalt einzusetzen, davon sind Holthausener wie Karin Kuschel-Eisermann überzeugt, die dafür im Schützenverein und in der CDU Hohenlimburg wirbt. .„Wir wollen diesen Baum retten“, weiß sie auch die Kultur- und Dorfgemeinschaft hinter sich, dessen Vorstand sich ebenfalls für den Erhalt ausgesprochen hat.

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Historischer Ort

Schließlich stehe der Baum an einem historischen Ort. Einst hätten Bauern dort ihre Milchkannen abgestellt und ein Fischhändler seine Waren verkauft. Anekdoten dieser Art kann der gebürtige Holthausener Sebastian Höfert erzählen, der sich für die Geschichte seiner Heimat interessiert und den die Platane zudem an die eigene Familiengeschichte erinnert. So habe sein Urgroßvater eine Schmiede gehabt, die nahe der Platane lag. „Die Platane war früher ein Dreh- und Angelpunkt des Dorfes“, sagt Höfert, der heute als Facharzt in Tübingen arbeitet.

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Ehemalige Gaststätte

Auch erinnere die Platane an die Gaststätte Brinkmann, die sich in einem Ensemble mit der Schmiede früher neben dem Baum befand. In der Gaststätte wurde 1893 der Schützenverein Holthausen und 1875 der Krieger- und Landwehrverein der Dorfes gegründet. Die alte Fahne des Kriegervereins haben die Großeltern und Eltern von Hoefert viele Jahre in Familienbesitz bewahrt. Nach dem Tod der Mutter hat er die Fahne nun an den Schützenverein Holthausen übergeben.

Die Schützen aus Holthausen erhalten die Fahne des Kriegervereins Holthausen. Beide Vereine wurden in der früheren Gaststätte neben der Platane gegründet.
Die Schützen aus Holthausen erhalten die Fahne des Kriegervereins Holthausen. Beide Vereine wurden in der früheren Gaststätte neben der Platane gegründet. © Schützenverein Holthausen

Fachwerkhaus übernehmen

„Die schönste Lösung wäre, wenn Dorfgemeinschaft und Schützenverein einen Teil des leerstehenden Fachwerkhauses neben der Platane übernehmen und neu beleben könnten“, schlägt er vor. Die Gelder könnten über Crowdfunding und Spendenaktionen gesammelt werden. Auch könne man eine Bank an der Platane aufstellen und mit historischen Motiven ausstatten, um an die Geschichte zu erinnern.