Hagen. Das bisherige Einzelhandelskonzept für Hagen ist veraltet, jetzt soll ein neues kommen. Was der Gutachter empfiehlt und wo er Probleme sieht.
Ladenbetreiber, Immobilienbesitzer, Kunden und Stadtplaner – wenn es um das Thema Einzelhandel geht, muss jeder umdenken. „Gerade im Einzelhandel ist die Dynamik enorm. Und das letzte Gutachten stammt aus dem Jahr 2016, ist also mittlerweile veraltet und basierte auf damaligem Recht“, erläutert Jörg Lehnerdt. Er hat das neue Einzelhandelskonzept für die Hagener Innenstadt und die einzelnen Stadtteile erarbeitet; der Entwurf wird ab der kommenden Woche der Politik, der Verwaltung sowie später auch den Bürgern vorgestellt.
Vorab nur so viel: Hagen braucht definitiv keine neuen Verkaufsflächen mehr. Und: „Die Kombination macht’s“.
Gutachten stammen aus 2009 und 2016
Zum Hintergrund: Die letzten Gutachten, die die Hagener Innenstadt und die Nahversorgungszentren beleuchteten, stammen aus 2009 und 2016.
Im Mai 2022 hat die Stadt Hagen die Handelsberatung BBE, dessen Niederlassungsleiter in Köln Jörg Lehnerdt ist, beauftragt, ein neues Einzelhandelskonzept zu erarbeiten. Mit im Boot saßen auch Vertreter der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK), des Einzelhandelsverbandes und der Wirtschaftsförderung. Der 300-seitige Entwurf wird demnächst in den einzelnen Bezirksvertretungen diskutiert, im Mai soll das Konzept öffentlich ausgelegt und Gespräche mit Händlern sollen geführt werden.
„Im September soll dann die Endfassung vom Rat verabschiedet werden, das neue Konzept soll dann für sechs bis acht Jahre gelten“, fasst Dorothee Jacobs, Projektbegleiterin aus dem Fachbereich Stadtentwicklung, -planung und Bauordnung der Stadt Hagen, zusammen.
In Hagen werden (genau wie in vielen vergleichbaren Städten) über 50 Prozent aller Käufe in den Bereichen Bekleidung, Schuhe, Sport und Elektro online getätigt. Tendenz steigend.
Die Zahl verdeutlicht, dass Hagen keine neuen Verkaufsflächen benötigt. „Auf diesen Schrumpfungsprozess muss eine Stadt natürlich reagieren und auch einsehen, dass nicht jeder Leerstand wieder mit Einzelhandel bestückt werden kann. Nicht jede Lücke kann durch ein neues Geschäft gestopft werden. Der Einzelhandel ist nicht mehr der alleinige Segensbringer für die Innenstadt“, bringt es Baudezernent Henning Keune auf den Punkt.
Auf einen Mix aus Handel, Gastronomie und Kultur setzen
In der Innenstadt sollte mehr auf einen Mix aus Handel, Gastronomie und Kultur gesetzt werden. Dorothee Jacobs spricht ein altbekanntes Problem an: „Hagen hat eine riesige Uni, aber keine Studenten vor Ort, die abends in die Kneipen ziehen. Das ist für die Kneipenkultur in Hagen nicht leicht.“
Das Freizeitquartier an der Volme (gemeint ist das Elbersgelände) sei wertvoll für Hagen, urteilt Gutachter Jörg Lehnerdt, „der Mix dort gibt Rückenwind“.
In puncto Leerstand unterstreicht Dorothee Jacobs, dass die Stadt und auch das demnächst herauskommende Konzept zwar Strukturen schaffen, aber keinen Ladenbetreiber finden und einsetzen könnten, hinzu käme, dass viele Innenstadt-Immobilienbesitzer noch immer horrende Mieten aufrufen würden, „da dauert Einsicht oft lange“.
Die City sei ohne Frage die Perle und das Aushängeschild der ganzen Stadt, doch auch Nahversorgungszentren wie das Schwenke-Zentrum in Bahnhofsnähe seien wichtig, attestiert das Konzept. Das Hochschulviertel sowie der Hagener Süden (Dahl) seien in Sachen Nahversorgung recht schlecht aufgestellt, „und die Situation auf Emst, wo ein größerer Supermarkt entstehen soll, hat sich geändert“, erklärt Henning Keune. Damit spielt der Baudezernent auf die Verzögerung rund um einen modernen Nahversorger – bedingt durch eine geänderte Rechtslage – an.