Hagen/Herdecke. Herdecke, so die Bürgermeisterin, wird überrannt. Auch von Hagenern. Gleichzeitig bezweifelt sie, dass Hagen für sein Seeprojekt Förderung erhält

Herdeckes Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster und eine Mitarbeiterin des dortigen Planungsamtes dämpfen die Erwartungen mit Blick auf die geplanten Projekte im Rahmen der Internationalen Gartenausstellung (IGA) 2027 an beiden Ufern des Hengsteysees. „Wir sollten jetzt eine neue Initiative starten, weil die Finanzierung von manchen IGA-Projekten womöglich nicht klappt. Das habe ich auch meinem Hagener Kollegen Erik O. Schulz gesagt“, so die Bürgermeisterin, die sich vor allem um das Projekt Koepchenwerk mit Schrägaufzug sorgt. Aus ihrer Sicht stehe auch die Seepark-Förderung in Hagen auf wackeligen Füßen. Die Hagener Verwaltungsspitze widerspricht. (Lesen Sie auch: Acht Jahre Erik O. Schulz und keine Vision)

Zu einem ursprünglich geplanten Gespräch zwischen den Tourismus-Verantwortlichen beider Städte kam auch die Herdecker Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster hinzu – und stellte die Fördererwartungen deutlich in Frage.

Gespräch auf der Ortsgrenze mit Gundula König (Ex-Tourismus- und nun Bauamtschefin von Herdecke) und Kirsten Fischer (li.) von der Hagen-Agentur sowie Herdeckes Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster (re.)
Gespräch auf der Ortsgrenze mit Gundula König (Ex-Tourismus- und nun Bauamtschefin von Herdecke) und Kirsten Fischer (li.) von der Hagen-Agentur sowie Herdeckes Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster (re.) © Michael Kleinrensing

Zip-Line rückt in weite Ferne

Katja Strauss-Köster sorgt sich naturgemäß zunächst um das Projekt Schrägaufzug am Koepchenwerk, der Besucher entlang der alten Pumprohre hinauf zum Schriftzug „RWE“ befördern soll. Eine dort am Hengsteysee mal angedachte Seilrutsche (neudeutsch „Zip-Line“) hinüber zum Hagener Ufer erscheint aktuell in ganz weiter Ferne. All dies kam in Besprechungen mit übergeordneten Instanzen zu möglichen Fördermitteln heraus. (Lesen Sie auch: Schönster Ort in Hagen? Das Potenzial dazu hat der Hengsteysee)

„Wir überlegen, nun auch Bundesmittel anzustreben“, sagt Gundula König vom Planungsamt, die jahrelang das Amt für Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismus leitete . „Wir wollen unsere Ideen weiterverfolgen, müssen aber finanziell neu denken.“

Strauss-Köster blickt im Zuge der Hengsteysee-Analyse auch an Orte flussabwärts. Von den Entwicklungen in Hagen und Herdecke könnten zugleich Orte wie das Wasserschloss Werdringen oder Sehenswürdigkeiten in Wetter profitieren, die geplante Ruhrtal-Acht sei diesbezüglich eine fast ebenso wichtige Strecke wie der Ruhrtalradweg.

Das Gebiet, um das es geht, aus der Luft: der Hengsteysee. Rechts oben im Bild das Koepchenwerk. Im linken Bildbereich das noch zu entwickelnde Seepark-Areal.
Das Gebiet, um das es geht, aus der Luft: der Hengsteysee. Rechts oben im Bild das Koepchenwerk. Im linken Bildbereich das noch zu entwickelnde Seepark-Areal. © Hans Blossey

Generell sei jede Entwicklung auf Hagener Seite einerseits immer auch im Kontext mit Herdecke zu sehen, aber – einfach gesagt – auch eine Entlastung für die kleine Nachbarstadt.

Herdecke wird überrannt

„Wir werden hier teilweise überrannt, manchmal ist in Gastronomien die Pizza ausverkauft. Das ist toll, darauf sind wir stolz. Ich erhalte aber auch viele Zuschriften von Hagenern mit Verbesserungsvorschlägen für uns, während sich manche Herdecker nicht mehr in ihre Stadt begeben und sich auch auf Hagener Seite über Angebote freuen würden“, sagt Herdeckes Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster. Und ergänzt: Aus meiner Sicht könnte Hagen größer denken.“

+++ Lesen Sie auch: Koepchenwerk kann Dank Förderung nachts leuchten +++

Im Zuge der Zusammenarbeit zwischen den Städten Hagen und Herdecke „wurde schon in den ersten Konzeptideen das Koepchenwerk und dessen Umfeld in die Planungen des Seeparks mit eingebunden, um den Hengsteysee als ganzheitlichen Erlebnisraum wieder aufblühen zu lassen“, heißt es unterdessen auf Anfrage von der Hagener Verwaltungsspitze. Und weiter: „Soweit bekannt, beziehen sich die Aussagen von Frau Strauss-Köster ausschließlich auf den aktuellen Aufruf der RWP-Tourismusförderung (Anm. d. Red: RWP bedeutet Regionales Wirtschaftsförderungsprogramm). Hier hatte es auch für Hagen Hinweise gegeben, das einzelne Elemente im Förderantrag für den Abschnitt Seebad bis Laufwasserkraftwerksbrücke nicht förderfähig seien, welche allerdings von der Hagener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft dennoch umgesetzt werden.“

Das Rückgrat des Konzeptes

Gemeint sind damit unter anderem Steg und Plattform am Seebad. Die Förderung für den eigentlichen Seepark solle erst in künftigen Förderaufrufen beantragt werden und sei aus Hagener Sicht nicht unrealistisch. So solle der Ruhrtalradweg als zentrales touristisches Projekt aus der Tourismusförderung gefördert werden, andere eher naturnah zu gestaltende Module könnten aus einschlägigen ökologischen Förderprogrammen gefördert werden. Ein freiraumplanerischer Wettbewerb, der für das Jahr 2023 vorgesehen sei, solle hier zunächst weitere planerische Grundlagen entwickeln. So bilde die durchgängige Trennung des Geh- und Radweges mit einer Flaniermeile und dem parallel hierzu verlaufenden Ruhrtalradweg das Rückgrat im Konzept. (Lesen Sie auch: Brücke am Wehr in Hagen – Dürfen die Schienen liegen bleiben?)

Zip-Line als private Investition

Die Aufwertung der Infrastruktur mit Rast- und Verweilmöglichkeiten, Trinkwasserspendern, Mobilitätshubs Infopoints, Zugängen zum Wasser für Wassersportler würden die Basis für den Seepark bilden. Oberstes Ziel sei es, mit dem Seepark einen Begegnungsraum zwischen Mensch und Natur zu schaffen, in dem ökologische Belange nicht nur Berücksichtigung finden, sondern einen Bestandteil des Gesamtkonzeptes darstellen. Es sollen, neben neu geschaffenen Biotopen und Lehrpfaden, umweltpädagogische Maßnahmen und das Wissen über Umwelt vermittelt werden.

Die Idee einer Zip-Line sei davon unabhängig als eine private Investition zur Attraktivitätssteigerung mit Alleinstellungsmerkmal gedacht und nicht zwingend auf den Schrägaufzug auf Herdecker Seite angewiesen. „Damit war frühzeitig klar, dass das Projekt Zip-Line keine Fördermaßnahme sein kann“, so die Hagener Verwaltung.