Loxbaum. Das öffentliche Interesse ist groß, der Anwohner-Protest massiv. Riepe hat deshalb einen neuen Plan entworfen. Doch die Widerstände blieben groß.
Angesichts des öffentlichen Drucks und des Protests von Anwohnern hat das alteingesessene Sanitätshaus Riepe seine Expansionspläne auf einer 19.000 Quadratmeter großen Fläche zwischen Knippschild-, Busch- und Baurothstraße hinter dem bisherigen Firmensitz noch einmal überdacht. Laut Anwohner-Anwalt Hendrik Kaldewei sei die Planung formal aber weiter rechtswidrig und unvertretbar und das Verfahren überhaupt nicht durchführbar. Die Planung müsse eingestellt und der Aufstellungsbeschluss aufgehoben werden. Mittlerweile hat die Stadt ein Amtsblatt veröffentlicht, dass die Auslegung eines neuen Bebauungsplanes für den kommenden Montag ankündigt. Alle Blickwinkel auf das umstrittene Bauvorhaben.
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Die Dimensionen
Der Fall ist mittlerweile hoch politisch und hat das Interesse der Öffentlichkeit mehr als geweckt. Vor allem, weil nach Bekanntwerden der Planungen im vergangenen Dezember der Eindruck entstanden war, die Stadt wolle an Bürgern und Anwohnern vorbei das Projekt zugunsten des Unternehmens Riepe einfach so durchziehen. Bauleitplaner Dr. Christoph Diepes erklärte dazu, dass man als Kommune letztlich gehalten sei, Innenentwicklung voranzutreiben und ein Unternehmen wie Riepe nicht auf die grüne Wiese zu verpflanzen. Baudezernent Henning Keune verwies auf das seit Jahren bestehende Baurecht auf der heiß diskutierten Fläche.
Die Lage bei Riepe
In der Chefetage des erfolgreich agierenden Sanitätshauses hat man wohl längst erkannt, wie sich die Fronten verändert haben und dass es wohl angesichts des öffentlichen Drucks auch eine andere Kommunikationsstrategie braucht. Riepe wird bei der Kommunikation jetzt von einer Agentur aus Hamburg unterstützt. Das Unternehmen erklärt, dass man aktuell doppelt so schnell wie der Markt wachse, womit der Platzbedarf steige und die Chance auf neue Arbeitsplätze entstehe.
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Die bisherigen Arbeitsplätze würden aus Dortmund nach Hagen verlagert. Es sei ein Hauptziel des Unternehmens, den Heimatstandort Hagen zu stärken. Die Standortauswahl sei aufgrund von mangelnden Alternativen erfolgt. Das liege daran, dass eine bestmögliche Verkehrsanbindung und Zentrumsnähe wichtig für das Unternehmen seien. Die oft unter Mobilitätseinschränkungen leidende Kundschaft könne den Standort so eigenständig erreichen.
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Manufaktur und Logistik seien bei einem Neubau an der Knippschildstraße unter einem Dach, was ein optimales Verhältnis aus Produktion und Lieferkette ermögliche. Das größere Lager verringere Anlieferungsverkehre und senke die CO2-Bilanz. Als Unternehmen mit klarem Zukunftskurs könne der erhöhte Platz Optionsräume für neue Maschinentechnologien einräumen. Und: Es werde eine Waschstraße für Reha-Hilfsmittel (Pflegebetten oder Rollstühle z.B.), die TÜV-zertifizierte Keimfreiheit garantiere, entstehen.
Riepe-Chef Lars-Gunnar Stockmann: „Wir nehmen alle involvierten Interessensgruppen und deren Bedürfnisse sehr ernst. Als Familienunternehmen ist es uns aber insbesondere wichtig, unseren Heimatstandort zu stärken und die dortige Infrastruktur zu verbessern. Dabei ist es uns wichtig, unseren Mitarbeitern einen sicheren und zukunftsfähigen Arbeitsplatz zu gewährleisten.“
Das sagt die Stadt
Auf Nachfrage der Redaktion gibt die Stadt einen Ausblick auf die wesentlichen Änderungen im neuen Bebauungsplan. Neben einer Verschiebung der Baugrenzen soll der zusätzlich geplante Fuß- und Radweg, um dringend benötigte Verbindungen in der Stadt zu schaffen, von der östlichen Grundstücksgrenze nach Westen verlegt werden, sodass sich zwischen der Wegeverbindung und den benachbarten Grundstücken ein fünf Meter breiter Grünstreifen ergibt.
Südlich der Gebäude an der Buschstraße soll eine fünf Meter breite private Grünfläche festgesetzt werden. Um trotz der Verschiebung der nördlichen und östlichen Baugrenzen ein ähnlich großes Baufeld zu erhalten, wurde dieses nun auf eine ursprünglich geplante Parkplatzfläche ausgeweitet, die nun wegfällt.
Im Rahmen der Offenlage wurde zudem festgestellt, dass sich im östlichen Plangebiet eine Blindgängerverdachtsfläche befindet. Durch die Änderung des gewerblichen Baufeldes habe sich die Möglichkeit ergeben, die Fläche zur Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern zu verbreitern und auszuweiten.
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Architekt Markus Meier
Der Hagener Architekt Markus Meier plant im Auftrag von Riepe. „Wir haben mit vielen Anwohnern Gespräche geführt. Vielen war wichtig, dass es größere Distanzen zu ihren Grundstücken und mehr Grün geben soll. Wir haben alle Anregungen berücksichtigt und jetzt noch einmal ausgewogen geplant, so dass sich die Nachbarn darin wiederfinden. Ich glaube fest daran, dass der Bebauungsplan politisch jetzt so durchläuft und er Rechtskraft erlangen wird.“
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Die Anwohner
Rechtsanwalt Hendrik Kaldewei aus Ibbenbüren vertritt 21 Anwohner und Betroffene des Riepe-Vorhabens. „Der neuen Bekanntmachung ist zu entnehmen, dass mit der Umplanung bereits erheblich auf die Anwohnerbelange reagiert wurde, die auch so wesentlich sind, dass eine neue Offenlage erforderlich wurde. Dies sehen wir als ersten Teilerfolg an. An den grundsätzlichen Bedenken gegen die Geeignetheit und Rechtmäßigkeit der Planung ändert dies allerdings nichts. Es kann daher als sicher angesehen werden, dass sich die Anwohner in der anstehenden neuen Offenlage erneut gegen das Vorhaben wenden werden“, sagt Hendrik Kaldewei.
Der beabsichtigte Bebauungsplan könne gar nicht als Bebauungsplan der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden, weil damit eine Umweltverträglichkeitsprüfung einhergehen müsste. Schädliche Umwelteinwirkungen könnten durch die große Versiegelung der Flächen und die mit dem Betrieb verbundenen Lärm- und Abgasimmissionen hervorgerufen werden. Ein Bebauungsplan der Innenentwicklung komme zudem nur dann in Betracht, wenn sich das Plangebiet nach der Verkehrsanschauung noch als Bestandteil der Siedlungslage darstellt. Das sei aber nicht so, was bedeute, dass der Flächennutzungsplan geändert werden müsse. Der Planung fehle es zudem an der städtebaulichen Erforderlichkeit, weil sie zu viele Nutzungen zulasse.
„Vorsorglich sei aber bereits jetzt darauf hingewiesen, dass die Planung eines Gewerbegebiets an dieser Stelle jedenfalls abwägungsfehlerhaft wäre, soweit es nicht dem konkreten Erweiterungsvorhaben der Firma Riepe dienen würde“, schreibt Kaldewei. Die Lärmuntersuchungen seien defizitär. Insbesondere seien erhebliche Lärmvorbelastungsquellen, wie insbesondere auch die Lüftungsanlagen des nahe gelegenen DRK-Standortes nicht in die Bewertung eingeflossen. Die Planung müsse auch berücksichtigen, dass die von den Anwohnern jahrelang als Gartengelände genutzten Grundstücksstreifen entlang der Grabelandgrundstücke beschnitten würden. Nutzungsvereinbarungen seien von der Stadt bereits gekündigt worden.
Für Kaldewei geht die Stadt mit diesem Schritt viel zu früh davon aus, dass das Gebiet einfach so überplant werden könne, was eben nicht so sei.