Wassily Kandinsky ist der Wegbereiter der abstrakten Malerei. Der Hagener Karl Ernst Osthaus nimmt ihn gegen Angriffe in Schutz.

1.

Genau genommen trägt Richard Wagner die Schuld an der abstrakten Malerei, die viele Kunstfreunde auch nach 100 Jahren noch rätselhaft finden. Denn um 1895 hört Wassily Kandinsky (1866-1944) Wagners „Lohengrin“ und weiß plötzlich, dass Klänge und Harmonien zu Farbe werden können und Farbe zu Klang. Kandinsky gilt als Wegbereiter und Begründer der nichtgegenständlichen Kunst.

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2.

Wenig bekannt ist die Verbindung zwischen dem heute so berühmten Maler und der Stadt Hagen. Karl Ernst Osthaus erkennt früh die Bedeutung des Künstlers und zeigt bereits im Jahr 1909 eine Ausstellung mit Werken Kandinskys und Jawlenskys im Folkwang-Museum. Im Osthaus-Archiv sind nicht nur die Werklisten überliefert, sondern sogar ein von Kandinsky gezeichneter Hängeplan.

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Bereits Ende 1910 realisiert Osthaus eine weitere Ausstellung mit den Künstlern der neuen Künstlervereinigung, besteht in einem Brief vom Februar 1910 an Kandinsky aber darauf, dass das Folkwang die erste Station „von allen westlichen Städten“ sein muss. Der Hagener Mäzen und Kunstpionier nimmt Kandinsky auch in Schutz, als dieser 1913 in der Presse heftig verunglimpft wird. Er schreibt: „Es verlohnt wohl nicht, auf die Ausführungen (…) näher einzugehen. Die Tatsache, dass sich Arbeiten von Kandinsky im Folkwang befinden, wird Ihnen zur Genüge sagen, was ich von dem Künstler halte.“

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Der Folkwang-Sammlungskatalog von 1912 verzeichnet eine „Composition“ und zwei Holzschnitte, der Titel „Composition“ spricht dafür, dass sich Osthaus zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Abstraktion befasst hat.

3.

In Analogie zur Musik bezeichnet Kandinsky seine ersten abstrakten Arbeiten als Kompositionen. Die Grundidee bei diesen Werken ist das Hören von Farben bzw. das Sehen von Klängen. In dem Hagener Aquarell „Ohne Titel (Komposition mit Troika-Motiv) zerlegt der Maler die figürlichen und architektonischen Formen in Einzelelemente.

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Viele Formen lassen noch die Motive erkennen, von denen sie abgeleitet sind, zum Beispiel die Landschaft mit ihrer Unterteilung in Erd- und Himmelszone. Die Troika, ein russisches Dreigespann mit einem Schlitten oder einer Kutsche, hat aber kaum noch abbildhaften Charakter. Kandinsky verteilt die Farbe in leuchtenden Flecken, die voller Dynamik auf der Bildoberfläche flackern.

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4.

Dass Kandinsky heute zu den anerkanntesten Künstlern des Expressionismus gehört, ist zwei Frauen zu verdanken: Seiner Lebensgefährtin Gabriele Münter, die 90 seiner Werke versteckt über die Nazizeit rettet, in welcher der Maler als entartet diffamiert wird. Und seiner Frau Nina, die ihn um 36 Jahre überlebt und zu seiner Nachlassverwalterin wird. Nina Kandinsky schenkt zum Beispiel dem Centre Pompidou in Paris 30 Arbeiten.

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1980 fällt sie in ihrem Haus in Gstaad (Schweiz) einem Raubmord zum Opfer. Das Osthaus-Museum besitzt heute fünf Arbeiten auf Papier von Kandinsky.

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