In der Reihe „Expressionisten aus der Sammlung des Osthaus-Museums“ geht es diesmal um ein Bild von Walther Bötticher.

In einer Serie stellt Kulturredakteurin Dr. Monika Willer die Hagener Expressionisten vor. Heute geht es um das Bild „Roter Kohl“ von Walther Bötticher. Die Expressionisten aus der Sammlung des Osthaus-Museums sind nach langer Europatournee zurück in Hagen. Diese Meisterwerke in ihrer Heimat willkommen zu heißen, sollte das Ausstellungsereignis des Jahres werden. Doch wegen der Corona-Krise ist das Museum geschlossen und die Besucher können nicht zu den Bildern kommen. Daher bringen wir die Gemälde zu Ihnen und verraten in unserer Serie jeweils vier Geheimnisse von Hagens bedeutendsten Kunstschätzen.

1.

Kein Maler hat die Hagener Natur so leidenschaftlich ins Bild gesetzt wie der junge Walther Bötticher. Wälder, Wiesen und sogar Gemüsegärten fesseln das Künstlerauge dieser Hochbegabung aus Hagen. Der frühe Kriegstod Böttichers kurz vor seinem 31. Geburtstag 1916 in Nordfrankreich beendet die Laufbahn eines ungewöhnlichen Expressionisten.

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2.

Walther Bötticher wird im Jahr 1885 in eine Hagener Unternehmerfamilie geboren und besucht bereits als Schüler das 1902 von Karl Ernst Osthaus gegründete Museum Folkwang, das weltweit erste Museum für moderne Kunst. Er studiert in Weimar sowie München und teilt sich ein Atelier mit seinem Lehrer Christian Rohlfs in Hetschburg bei Weimar.

1910 zieht Bötticher nach Berlin und nimmt Kontakt zu den Brücke-Künstlern auf, lehnt eine Mitgliedschaft in der Künstlervereinigung allerdings ab. Doch bereits 1911 kehrt er in seine Heimatstadt Hagen zurück und wird weiterhin von Karl Ernst Osthaus gefördert.

Schon früh kann Walther Bötticher seine Werke in Einzel- und Gruppenausstellungen auch in Hagen zeigen. Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 muss er an die Front, wird verletzt und kommt nach Hause, kehrt aber schnell an die Front zurück und fällt 1916 bei Thiepval an der Somme. Bereits 1917 ehrt das Museum Folkwang ihn mit einer weiteren Retrospektive.

3.

Auf der Leinwand drängeln sich die Kohlköpfe. Lebensprall strotzen sie mit saftigen Blättern, wuchern der Sonne entgegen. Nicht Rosen oder andere Blumen, sondern Gemüsestrünke entfalten in dem Gemälde „Roter Kohl“ von 1907 ihre Schönheit.

Am Kohl fasziniert Bötticher augenscheinlich die geäderte Struktur der Blätter, deren wächserne Textur das Sonnenlicht reflektiert, die Anordnung der Pflanzen im Gemüsebeet und die rhythmische Dynamik, mit der die Köpfe zum Licht streben. Er wird damit zum ersten Maler, der Kohlköpfe zum Tanzen bringt.

2010 wird das Hagener Bild zum Star der Ausstellung „Zwischen Kappes und Zypressen“ in Oberhausen. 1911 vertieft Bötticher das Motiv in dem Bild „Grünkohl“. Weitere Themen von Bötticher sind immer wieder Wälder und Felder, gemalt nach dem Vorbild der Hagener Landschaft.

Ihm verdankt die Stadt auch das einzige Gemälde zum neugegründeten Philharmonischen Orchester und Theater: „Der Sänger (mit Musikdirektor Laugs) aus dem Jahr 1912.

4.

Karl Ernst Osthaus hat den jungen Maler mit Leidenschaft und voller Überzeugung gefördert. „Er gehört zu jener Gruppe, die in Frankreich Matisse, in Deutschland Nolde zum Führer hat“, sagt Osthaus. „Wer erkennen will, wo heute die Zukunftshoffnungen unserer Kunst liegen, wird sich den Namen dieses Künstlers merken müssen.“

Die Nationalsozialisten diffamieren die Arbeiten Böttichers als entartet. Sie werden 1937/38 aus den deutschen Museen entfernt. Das Karl-Ernst-Osthaus-Museum in Hagen besitzt heute 24 Werke des Malers. Hinzu kommen sieben Dauerleihgaben, überwiegend als Schenkung des Bruders und der Erben des außergewöhnlichen Künstlers.