Hagen. Jörg gegen Schulz: Es war das erste direkte Duell der OB-Kandidaten in Hagen. Denn beide buhlen um die Gunst der Grünen. Und es wurde spannend.

Der Oberbürgermeister erkältet, der Herausforderer auf dem Weg zur Diskussion in einen (Blechschaden-)Unfall verwickelt. Der Start des ersten Aufeinandertreffens der beiden Hauptkonkurrenten schien unter keinem guten Stern zu stehen. Doch die gut besuchte Diskussion, zu der die Hagener Grünen den parteilosen Amtsinhaber Erik O. Schulz und den SPD-Kandidaten Wolfgang Jörg am Samstagvormittag bei Humpert am Höing eingeladen hatten, entwickelte sich zu einem spannenden und interessanten Duell.

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Dessen Sinn: Die Grünen-Mitglieder wollen in der kommenden Woche entscheiden, wen sie bei der kommenden OB-Wahl im September 2020 unterstützen wollen. Zur Erinnerung: Bei der Wahl 2014 war der parteilose Erik O. Schulz (bis dahin SPD-Mitglied) mit CDU und FDP auch von den Grünen unterstützt worden. Doch diesmal ist es für Schulz kein Selbstläufer. Er muss sich dem „Casting“ mit dem Konkurrenten stellen.

Spannender Verlauf der Diskussion

Wie haben sich die Kandidaten dabei geschlagen? Man kennt sich lange, man duzt sich, doch „der Erik“ und „der Wolfgang“ werden sich einen harten Wahlkampf liefern, wenn sich die Grundmelodie der Grünen-Diskussion im Wahlkampf fortsetzt. Zu Beginn wirkte Erik O. Schulz sichtlich angespannt, Herausforderer Wolfgang Jörg scheinbar gelöster. Doch im Verlauf der Debatte wurde Schulz lockerer, angriffslustiger.

Die OB-Kandidaten Erik O. Schulz (l.)und Wolfgang Jörg stellen sich bei Bündnis 90 Die Grünen Grüne vor. 
Die OB-Kandidaten Erik O. Schulz (l.)und Wolfgang Jörg stellen sich bei Bündnis 90 Die Grünen Grüne vor.  © WP | Michael Kleinrensing

Die Rollen waren klar definiert: Amtsinhaber Erik O. Schulz inszenierte sich als der erfahrene Verwaltungsfachmann, kenntnisreich auch in Details. Der genüsslich auch korrigierte, wenn Wolfgang Jörg Vorschläge machte, die aus Schulz Sicht längst umgesetzt sind. Und Wolfgang Jörg wollte sich präsentieren als der Mann mit einer Vision, mit klaren Zielen, der ausdrücklich als politischer Kopf die Verwaltung führen will. Etwa beim Thema Radwege: „Wir müssen Fußgängern und Radfahrern Priorität einräumen. Das müssen wir verändern, radikaler denken“, sagte da etwa Wolfgang Jörg. Er schlage vor, die Augustastraße in Wehringhausen als einen ersten Schritt komplett zur Fahrradstraße werden zu lassen, wo Autos nur untergeordnet fahren dürften. OB Erik O. Schulz konterte kühl, dass es ja gut sei, dass Jörg das gut finde. Die Verwaltung sei ja ohnehin gerade dabei, dies umzusetzen.

Andersrum: OB Schulz lobte, dass es gelungen sei, am vierten Adventswochenende alle Busse umsonst fahren zu lassen. Für Jörg dagegen eher ein Strohfeuer, es wäre besser, Schulen dauerhaft Tickets zur Verfügung zu stellen. es fehle die große Idee für eine besseren ÖPNV.

Schulz betont „grüne Handschrift“ in bisheriger Wahlperiode

Erik O. Schulz war sichtlich darauf bedacht, die grüne Handschrift zu betonen, die in der Zusammenarbeit der vergangenen fünf Jahre in der „Allianz der Vernunft“ zwischen CDU, FDP und Grünen erkennbar geworden sei. Es gebe mehr Geld im kommenden Haushalt für Projekte, die der Mobilitätswende und dem Klimaschutz dienten. „Wir wären da nicht so weit ohne die Grünen.“ Oder aber beim Thema Windkraft, für die Grünen ein Kernthema. Nach Schulz‘ Meinung hätte man schon viel weiter sein können, um der Windkraft mehr Platz in Hagen einzuräumen, wenn nicht andere Parteien dagegen gewesen wären: „Da gab es zwei, die bei dem Thema einer Meinung waren: die Grünen und die Verwaltung.“

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Und Wolfgang Jörg wiederum war daran interessiert, den grünen Idealismus und rot-grüne Gefühle zu wecken: „Es muss eine Idee geben, die zusammenhält, eine Vision, ein Ziel. Es reicht nicht die Verwaltung der Verwaltung zu organisieren.“ Und da das Soziale neben der Ökologie auch zum grünen Markenkern gehört, betonte er etwa beim weiteren Ausbau von Kita-Plätze in Hagen: „Für mich wäre das eine absolute Chefsache.“

Diskussion kommt bei Neu-Mitglied gut an

Und wie kam die Diskussion bei der Basis an? Matthias Meisborn (48) ist erst seit Sommer Grünen-Mitglied – und damit eines von rund 30 neuen, die in den vergangenen Monaten die Mitgliederzahl der Grünen erheblich erhöht haben. Er war zufrieden nach der gut zweistündigen Diskussion: „Ich fand die Debatte sehr informativ. Und ich finde es gut, dass ich an diesem demokratischen Prozess teilnehmen und die Kandidaten auch kennenlernen kann.“

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Einen Favoriten für die Abstimmung in der kommenden Woche habe er auch schon, verraten wollte er ihn aber noch nicht. Dass die Grünen aber nicht automatisch wieder Erik O. Schulz unterstützt haben, findet er richtig: „Wolfgang Jörg ist ja auf die Grünen zugegangen. Und dann ist es auch richtig, dass man ihn anhört.“

Wegen Neu-Mitgliedern wie Matthias Meisborn zeigt auch Oberbürgermeister Erik O. Schulz Verständnis für den Auswahl-Prozess bei den Grünen – und dass er sich einer frühen Diskussion mit seinem Haupt-Kontrahenten stellen muss: „Bei den Grünen ist die Basis-Demokratie sehr wichtig. Und ich kann den Neu-Mitgliedern ja nicht sagen, ich habe mich schon 2014 vorgestellt, das muss reichen.“

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