Hagen. Unterstützen die Grünen Erik Schulz oder Wolfgang Jörg? Warum der Parteichef CDU und SPD zappeln lässt und mit einem hohen Wahlergebnis rechnet.
Die Oberbürgermeister-Kandidaten von CDU und SPD in Hagen stehen fest, doch ob und wer von den beiden von den Grünen Unterstützung finden wird, ist noch völlig unklar. Die Partei wird ihre Mitglieder entscheiden lassen und lässt auch keinen zeitlichen Druck zu. Das macht Parteichef Rolf Willaredt im Gespräch mit der WESTFALENPOST klar.
Und er zeigt sich angesichts des bundesweiten Aufschwungs der Grünen selbstbewusst: Es gehe allein darum, mit welchem Kandidaten die Aussicht am größten sei, grüne Inhalte umzusetzen. Und hier gehe es um eine sozial ausgewogene Klimaschutz- und Mobilitätswende.
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CDU und FDP haben bereits das amtierende Stadtoberhaupt Erik O. Schulz nominiert, die SPD hat in dieser Woche den langjährigen Landtagsabgeordneten Wolfgang Jörg auf den Schild gehoben. Der wirbt offensiv um eine Unterstützung der Grünen und lädt sie zu einer sozial-ökologischen Politik ein. Aber auch Schulz hofft auf eine weitere Unterstützung der Grünen, die ihn 2014 als gemeinsamen Kandidaten mit CDU und FDP aufgestellt hatten.
Parteichef sieht Grüne in Hagen bei Wahl auf Augenhöhe mit CDU und SPD
Doch die Partei lässt die Kandidaten noch zappeln: Dabei darf das Votum der Grünen diesmal als durchaus wichtig bei der Oberbürgermeisterwahl am 13. September kommenden Jahres angesehen werden. Waren sie bislang in Hagen für eine Großstadt eher schwach aufgestellt, so hoffen die Grünen nun ebenfalls auf einen deutlichen Aufschwung. „Ich bin überzeugt, dass wir diesmal SPD und CDU in Hagen auf Augenhöhe begegnen können“, hofft Rolf Willaredt auf ein Ergebnis jenseits der 20-Prozent-Marke.
Eine Empfehlung der Grünen bedeutet nicht automatisch, dass ihre Wähler bei der Direktwahl des Oberbürgermeisters dann auch bei dem Kandidaten das Kreuz machen, doch es dürfte den Weg zum grünen Wählerpotenzial weit öffnen.
Doch diese Empfehlung wird nicht vom Vorstand des Hagener Grünen-Kreisverbands kommen, da sind sich Willaredt und seine gleichberechtigte Vorstandskollegin Christa Stiller-Ludwig einig. „Wir als Vorstand haben die Pflicht, die Mitglieder möglichst gut zu informieren“, so Willaredt. „Die eigentliche Kandidatenfrage ist aber ganz klar eine alleinige Entscheidung der Basis.“
Parteibasis stark gewachsen
Und die ist gewachsen. 120 Mitglieder sind es derzeit: „Das ist ein Drittel mehr als vor zwei Jahren, nimmt man noch die Fluktuation durch Zu- und Wegzüge dazu, dann haben wir 40 Prozent neue Mitglieder“, rechnet Willaredt vor. Und wie diese teilweise neue Basis tickt, ist bislang kaum abzusehen. „Wir werden auf jeden Fall auch beide zusammen einladen“, sagt Willaredt. Und wenn noch weitere OB-Kandidaten hinzu kämen, werde man schauen, ob man auch diese einlade. „Und nicht vergessen darf man, dass es auch die Option gibt, dass wir niemanden unterstützen werden.“
Die Grünen selbst werden nach jetzigem Stand der Dinge keinen eigenen Bewerber aufstellen. Man habe gesucht, aber keinen gefunden. Und es mache keinen Sinn, eine Kandidatin oder einen Kandidaten aufzustellen, die oder der im ersten Wahlgang (voraussichtlich wird es 2020 keine Stichwahl gebe) keine realistische Chance habe.
Willaredt geht auf Distanz zu beiden OB-Kandidaten
Rolf Willaredt hat in der Frage Schulz oder Jörg zwar selbst einen Favoriten, den er nicht nennen will, geht aber gleichzeitig auch zu beiden auf Distanz. Wenn die Allianz der Vernunft weiter fortgesetzt werden solle, dann müsse sich diese inhaltlich entscheidend bewegen: „Die Zeiten sind vorbei, dass wir dort nur der Juniorpartner sind.“ Und auch von einem Oberbürgermeister Erik O. Schulz erwartet er deutlich mehr bei grünen Kernthemen: „Ich glaube nicht, dass es reicht, das Klimaschutz-Thema nur zu moderieren. Da muss man sich positionieren und darf sich nicht wegducken.“
Und dass Wolfgang Jörg ein Angebot für ein „Bündnis aufgrund gemeinsamer programmatischer Schnittmengen“ mache, errege zwar Aufmerksamkeit: „Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass Wolfgang Jörg uns Grünen die vermeintlichen Schnittmengen vorstellt, bevor er sie öffentlich verkündet.“ Solange blieben sie nur ein einseitiger Wunsch des Kandidaten. „Ob Wolfgang Jörgs Verständnis von sozial-ökologischer Politik tatsächlich Schnittmengen mit grüner Programmatik aufweist, wird er uns darlegen müssen.“
Dennoch: Eine Gegenkandidatur zum amtierenden OB sei aus demokratischer Sicht belebend. Und Rolf Willaredt sieht darin auch einen „Katalysator“, um „gestörte Partei-Beziehungen aus den vergangenen Jahren“ mit neuem Leben zu füllen.