Hagen. Nach dem Rückzug des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe werden die Grabungen an der Blätterhöhle fortgesetzt. Die Stadt Hagen engagiert sich.

Weiter als 11.000 Jahre reichen die Grabungen an der Blätterhöhle in Holthausen mittlerweile zurück. Und es gibt eine positive Nachricht: Die Geschichte geht weiter. Nach dem Rückzug des Landschaftsverbands Westfalen Lippe (LWL), der über seine Archäologie-Außenstelle Olpe gefördert durch das Land über fünf Jahre hinweg die Ausgrabungen finanziert hatte, hat nun die Stadt Hagen selbst Fördermittel akquirieren können. Der LWL bleibt Partner.

„Das ist für Hagen ein großer Erfolg“, sagt Dr. Ralf Blank, Leiter des Fachbereichs Wissenschaft, Museen und Archive bei der Stadt Hagen, der zuletzt im Wasserschloss Werdringen einen eigenen Raum eingerichtet hatte, „bereits im Jahr 2020 fließt ein namhafter Betrag, damit wir die Grabungen fortsetzen können.“ Eine zweimonatige Kampagne nebst einmonatiger Auswertung kostet zwischen 35.000 und 40.000 Euro.

Fundstelle in Hohenlimburg soll nicht veröden

Grabungen auf Vorplatz gehen nicht weiter in die Tiefe

In den nun folgenden Kampagnen an der Blätterhöhle wird es zunächst nicht mehr darum gehen, noch weiter auf dem Vorplatz in die Tiefe und damit in die Vergangenheit vorzudringen.

Der Platz dort wird zu eng, die Archäologen könnten nicht ungefährdet arbeiten.

Stattdessen soll nun unter anderem der Höhleneingang komplett freigelegt werden. Auch an einem zweiten Zugang sollen Grabungen beginnen. Schließlich werden die Archäologen auch in der Höhle ihre Zeitreise fortsetzen.

Aufgetan haben sich die neuen finanziellen Möglichkeiten durch Gründung der Stadtarchäologie Hagen, die wiederum bei der unteren Denkmalbehörde angesiedelt ist. „Nur so konnten wir Fördermittel beim Land überhaupt beantragen“, sagt Blank, „daneben besteht auch auf Ebene der Stadtspitze der Wunsch, diese herausragende Fundstelle nicht veröden zu lassen. Im Haushalt sind Mittel eingestellt.“ Daneben will man noch auf Sponsorensuchen gehen.

Auch interessant

Die letzten fünf Grabungskampagnen waren aus Mitteln des Denkmalförderprogramms des Landes finanziert worden. „Die sind aber seit den 80er-Jahren nicht mehr erhöht worden“, sagt Prof. Michael Baales, Leiter der LWL-Außenstelle Olpe, die in den nächsten Jahren auch andere Projekte unterstützen muss, „das Problem ist einfach, dass uns das Geld ausgeht.“ Kooperieren will Baales aber weiterhin.

Hohe Qualität der neuen Funde

Auch interessant

Wenn es noch eines letzten Beweises bedurft hätte, dass weitere Grabungen lohnen, so hat es die aktuelle Kampagne, die am Freitag abgeschlossen wurde, Belege geliefert. „Dabei“, so sagt Grabungsleiter Wolfgang Heuschen, „geht es diesmal nicht um die Quantität der Funde, sondern vielmehr um die Qualität.“

Diese Pfeilspitze belegt: Es hat in frühester Steinzeit eine Verbindung von Hagen nach Westfrankreich gegeben.
Diese Pfeilspitze belegt: Es hat in frühester Steinzeit eine Verbindung von Hagen nach Westfrankreich gegeben. © Jens Stubbe

Neben menschlichen Knochenresten – unter anderem Wirbelknochen – die in der Höhle gefunden wurden, rückt vor allem eine auf den ersten Blick eher unscheinbare Pfeilspitze in den Fokus, die auf dem Vorplatz entdeckt wurde und rund 11.700 Jahre alt ist, also gegen Ende der letzten Eiszeit gefertigt worden sein muss. „Aus dieser Zeit gibt es in ganz Deutschland und auch in Holland und Belgien keine ähnlich gearteten Funde“, sagt Michael Baales. „Lediglich von Grabungen in Westfrankreich kennen wir solche Pfeilspitzen.“

Ausgeprägte Wanderungen von Frankreich bis Hagen

Auch interessant

Was nicht direkt auf eine Frühe Städtepartnerschaft, aber doch auf ausgeprägte Wanderungen in dieser Zeit schließen lässt. „Es hat gegen Ende der Eiszeit einen massiven Austausch unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen gegeben“, sagt Jörg Orschiedt, „die Menschen haben sich ausgetauscht, sie haben experimentiert, um sich den veränderten klimatischen Situationen anpassen zu können. Es hat einen kurzen Kulturstrom in Richtung Westen gegeben, der bis in unsere Region ausgeprägt war.“

Die Erkenntnisse, die die Archäologen in Hagen ans Tageslicht fördern, halten Einzug in die wissenschaftliche Fachwelt. Jörg Orschiedt und Michael Baales haben sie jüngst auf Fachkongressen vorgestellt und bereiten gerade Publikationen in archäologischen Fachmagazinen vor.

Klima bildet Schwerpunkt der Forschungen

Auch interessant

Ein Schwerpunkt der Forschungen, die sich an die Grabungen anschließen, ist ein ganz aktueller. „Wir können herauskristallisieren, wie sich das Klima an dieser Stelle in den letzten 11.000 Jahren entwickelt hat“, sagt Ralf Blank. Analysiert werden die Veränderungen anhand von Schnecken und Nagetieren, die in den verschiedenen Schichten gefunden wurden und sich je nach Entwicklung verändert haben.