Hagen. Hagen hat nun ganz offiziell eine Stadtarchäologie. Das Wirken von Mirjam Kötter soll Bodenschätze erhalten und Bauprojekte vereinfachen
Laut wurde diese Forderung schon viele Male. Nicht nur innerhalb der Hagener Stadtverwaltung, sondern beispielsweise auch im Rahmen der großen WP-Serie „Das braucht Hagen“ und im Bürgerbarometer der Stadtredaktion Hagen. Jetzt endlich, nach 15 Jahren, ist es soweit. Hagen als international herausragende, archäologische Fundlandschaft bekommt ganz offiziell eine Stadtarchäologie, die in der Denkmalbehörde angesiedelt ist. Die neue Stadtarchäologin ist die 30-jährige Hagenerin Mirjam Kötter. Landesweit setzt Hagen damit einen neuen Maßstab und beschleunigt Prozesse, die beispielsweise mit Bauherren oft in quälend lange Konflikte mündeten.
Hagen ist ein El Dorado der Geologie (Wissenschaft von Aufbau, Zusammensetzung und Struktur der Erdkruste) und der Archäologie (der Mensch und seine materiellen Hinterlassenschaften). Die Steinbrüche in der Donnerkuhle, auf Emst oder in Vorhalle (sogar Nationales Geotop). Die unter Forschern weltbekannten Felswände am Kaisberg, an der Hünenpforte oder am Heubing. Die „Devon-Karbon-Grenze“ im Hasselbachtal, Zeugnis eines Massensterbens vor 358 Millionen Jahren auf der Erde. Eine solche Stelle gibt es nur dreimal auf der Welt. Die sensationellen Steinzeitfunde auf dem Vorplatz der Blätterhöhle. Es gibt viele weitere solcher Beispiele. Sie alle gehören in die Kategorie der Schätze, die bereits geborgen, aber der Öffentlichkeit oft nicht bekannt sind.
Die lange vermisste Schlüsselstelle
Doch unter der Erde dieser Stadt schlummern noch viel mehr Schätze. Das ist ein archäologischer Segen und zugleich ein verwaltungstechnischer Kraftakt. Genau an dieser Stelle wird das Wirken der Stadtarchäologin Mirjam Kötter so wichtig werden. Denn Kötter ist die lange vermisste Schlüsselstelle zwischen dem Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt und dem LWL-Landschaftsverband, wo die obersten archäologischen Hüter wie Dr. Michael Baales sitzen.
Wo viele Bauherren oder Entwickler von Gewerbegebieten in Hagen in der Vergangenheit nach Monaten oder Jahren der Planung plötzlich von archäologischen Hinweisen oder Einschränkungen des Landschaftsverbandes böse überrascht wurden, gibt es jetzt eine Frau, die solche Verfahren von Beginn an vor Ort und mit archäologischer Fachkompetenz einordnen, begleiten und beraten kann. Während der neue Baudezernent Henning Keune betont, dass das viele Baubegleitverfahren in dieser Stadt sichern und optimieren werde, gibt Archäologin Kötter einen noch viel weitreichenderen und für die Außendarstellung Hagens sehr wichtigen Satz von sich: „Ich bin Hagenerin und habe als Archäologin schnell erkannt, dass man nicht irgendwo anders hingehen muss, um solche Schätze zu finden.“
Die Chance, Funde in Hagen halten zu können
Kötter ermittelt ein genaues Bild dessen, was in Hagen an Bodendenkmälern unter und über der Erde schlummert. Zudem muss die archäologische Denkmalpflege seit 2013 per Gesetz immer im Vorfeld der Entwicklung von Gewerbe- und Wohnbauflächen angehört werden. Auch für die seit 2013 in NRW bestehende Regelung des sogenannten „Schatzregals“ ist die Stadtarchäologin nun von Vorteil. Funde von hoher wissenschaftlicher Bedeutung gehen eigentlich automatisch in den Besitz des Landes über. Bodenfunde in Hagen können nun hier verbleiben und können der Öffentlichkeit präsentiert werden. Die Archäologin macht die dafür fixierte vertragliche Lockerung möglich.
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Mirjam Kötter ist auch bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung archäologischer Funde im Depot und im Museum Wasserschloss Werdringen zuständig. Im vergangenen Frühjahr würdigte die Oberste Denkmalbehörde im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung die große Bedeutung der archäologischen Fundlandschaft Hagen. Jetzt erhält die Stadt den Rang einer Stadtarchäologie. Damit eröffnet sich auch die Chance, Gelder aus der Landesförderung für Bodendenkmalpflege zu schöpfen. Hagen ist nur eine von zwölf NRW-Städten, die eine Stadtarchäologie führt. Welche Bedeutung das hat, zeigt die Anwesenheitsliste bei der Amtseinführung von Archäologin Kötter in der Osthaus-Lounge des Karl-Ernst-Osthaus-Museums. In Anwesenheit von Ministerialrat Thomas Schürmann, Leiter des Referates für Bau- und Bodendenkmalschutz im NRW Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, sowie der Kulturdezernentin Margarita Kaufmann, dem Bau- und Planungsdezernenten Henning Keune, der Leiterin der Denkmalpflege Ina Hanemann, Prof. Dr. Michael Baales von der LWL-Archäologie und dem Museumsleiter Dr. Ralf Blank wurde die neue Hagener Stadtarchäologin Mirjam Kötter ins Amt gehoben.
Zur Person Mirjam Kötter
Ihr Abitur machte Mirjam Kötter am Ricarda-Huch-Gymnasium in Hagen.
Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr in der Stadtarchäologie Soest begann sie das Studium der Ur- und Frühgeschichte und der Kunstgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum, wo sie mit dem Master abschloss.
Nach einem studentischen Volontariat in der LWL-Außenstelle Olpe sowie Praktika und Werkverträgen in der Hagener Denkmalbehörde ist Mirjam Kötter nun Hagens neue Stadtarchäologin.