Hagen. . Im Gespräch mit der Hagener WP-Stadtredaktion zeigt sich Oberbürgermeister Erik O. Schulz mit den Entwicklungen des Jahres 2016 zufrieden.

  • Im Gespräch mit der Stadtredaktion zieht der Oberbürgermeister eine zufriedene Bilanz 2016
  • Die Tatsache, dass Hagen 2017 über einen ausgeglichenen Etat verfügt, schafft Handlungsfreiheiten
  • Der Verwaltungschef zeigt sich aber auch erfreut, für das anhaltende Engagement für Flüchtlinge

Ein facettenreiches Jahr 2016, gespickt mit Lichtblicken und Nackenschlägen, bestimmte den Job-Rhythmus von Oberbürgermeister Erik O. Schulz. „Angesichts der zahlreichen positiven Ansätze, die manchmal zu wenig in den Fokus der Betrachtung gerückt werden, die aber gleichwohl das Leben an Volme, Ruhr, Lenne und Ennepe in den letzten zwölf Monaten gekennzeichnet haben, tun wir gut daran, mit Optimismus in die Zukunft zu blicken“, bilanziert der Verwaltungschef zum Jahreswechsel im Interview mit der Stadtredaktion.

Was wird Ihnen vom Jahr 2016 besonders in Erinnerung bleiben?

Erik O. Schulz: Besonders stolz können wir sein, dass wir geschafft haben, was 25 Jahre lang nicht möglich war: Hagen hat 2017 endlich wieder einen ausgeglichenen Haushalt! Damit werden wir zum einen unserer Verantwortung gerecht, den uns nachfolgenden Generationen keinen finanziellen Scherbenhaufen zu hinterlassen. Zum anderen eröffnen sich uns nach Jahren stärkster Einschränkungen endlich wieder neue Gestaltungsspielräume für die weitere Entwicklung unserer Stadt, die wir nun sinnvoll nutzen wollen.

Im vergangenen Jahr stand die Flüchtlingswelle absolut im Vordergrund. Ist dieses Thema inzwischen zur Alltäglichkeit geworden?

Schulz: Längst noch nicht. Wir stehen weiterhin vor großen Herausforderungen. Bis zum Jahresende werden etwa 550 weitere Flüchtlinge in Hagen angekommen sein. Das sind deutlich weniger Menschen als im vergangenen Jahr, als vorrangig die gezielte Erstversorgung und Unterbringung sichergestellt werden mussten. Das Hauptaugenmerk muss künftig auf nachhaltigen Projekte zur Integration liegen.

Ehrenamtlich sind weiterhin engagiert

Gilt das nicht auch für die Menschen, die im Rahmen der EU-Zuwanderung vorzugsweise aus Südost-Europa zu uns kommen?

Schulz: Natürlich, auch hier liegt noch ein langer, vermutlich nicht immer konfliktfreier Weg vor uns. Zumal wir aktuell nicht abschätzen können, wie sich die Flüchtlingsthematik künftig darstellt. Eines aber ist gewiss: Unsere vielen Ehrenamtlichen haben nicht nachgelassen in ihrem Engagement. Was einmal mehr für das gute und friedvolle Klima des Miteinanders der Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion und Kultur in unserer Stadt spricht. Dafür bin ich sehr dankbar.

Breiten Raum hat auch die Auseinandersetzung mit dem Thema Stadtsauberkeit eingenommen, das sich in der WP-Serie „Was braucht Hagen?“ als das brisanteste Problem der Bürgerschaft herauskristallisierte. Was wurde erreicht?

Schulz: Mit zwei groß angelegten Reinigungsaktionen im Juni in Wehringhausen und im September in Altenhagen haben wir ein deutliches Zeichen gesetzt. Allerdings hatte niemand zuvor erwartet, dass diese Bereiche danach für alle Zeiten sauber bleiben würden. Geschweige denn, dass die während der Aktion vollzogene Reinigungsdichte auf Dauer durchgehalten werden könnte. Vielmehr ging es darum, das Thema Stadtsauberkeit deutlich in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung zu rücken und zugleich sehr konkret zu handeln. Und das ist zweifelsfrei gelungen.

Das kann es jetzt aber doch nicht gewesen sein, oder?

Schulz: Die Verwaltung arbeitet anhand der gemachten Erfahrungen intensiv an einem Maßnahmenkatalog, durch den die Stadtsauberkeit und somit die Wohnqualität in den Quartieren erhöht werden soll. Nur als Beispiele seien hier eine engere Verzahnung der Arbeitsfelder des Entsorgungs- und des Wirtschaftsbetriebs genannt, kürzere Wege von der Meldung eines Sauberkeitsproblems bis zur Abarbeitung, eine Optimierung im Einsatz von Ordnungsdiensten sowie ein verstärkter Einsatz der Aufsichtsbehörden.

Betriebe kehren Hagen den Rücken

Für vielfältige Diskussionen sorgten im Laufe des Jahres die sehr unterschiedlichen Entwicklungen am Wirtschaftsstandort Hagen. Droht hier ein anhaltender Abschwung?

Der Douglas-Abschied aus Hagen kam auch für die Hagener Stadtspitze überraschend.
Der Douglas-Abschied aus Hagen kam auch für die Hagener Stadtspitze überraschend. © Michael Kleinrensing

Schulz: Sicherlich nicht. Natürlich traf uns die unerwartete Ankündigung des Douglas-Konzerns, die Firmenzentrale nach Düsseldorf zu verlagern, besonders schmerzhaft. Wurde die Stadt in diesem Fall durch die Unternehmensführung schlicht vor vollendete Tatsachen gestellt, war die Verlagerung von Nordwest nach Dortmund sowie von Teilen der Putsch-Belegschaft nach Wuppertal bereits lange vorher bekannt. Im November schließlich kündigte auch die Spedition Schenker Umstrukturierungen an, ebenfalls verbundenen mit einem Abbau von Arbeitsplätzen. Allein diese, in ihrer Gesamtheit sicher alles andere als guten Nachrichten dürfen auf der anderen Seite die vielen positiven wirtschaftlichen Entwicklungen in unserer Stadt nicht überlagern. Zahlreiche Unternehmen haben sich in den zurückliegenden Jahren mit einem dreistelligen Millioneninvest in Hagen neu angesiedelt, alteingesessene Firmen haben sich am Standort zum Teil umfänglich erweitert. All dies hat dazu geführt, dass sich die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in zehn Jahren um rund 4500 erhöht hat – trotz sinkender Einwohnerzahlen. Bei der Erwerbstätigenquote liegt Hagen damit noch vor Städten wie Essen, Bochum oder Dortmund.

Ein Schwerpunktthema des Vorjahres war auch die Enervie-Krise, wo es inzwischen gelungen scheint, das Ruder herumzureißen. Welche guten Nachrichten aus der Wirtschaft fallen Ihnen sonst noch ein?

Schulz: Der eingeschlagene Weg der Enervie-Restrukturierung – der angeschlagene Energieversorger gibt weiterhin vielen Menschen in unserer Stadt Arbeit – schreitet merklich besser voran als ursprünglich geplant. Die im Sommer nach intensiven Vorbereitungen besiegelte Fusion der Sparkassen Hagen und Herdecke sichert beiden Geldinstituten eine starke Zukunftsperspektive. Eine Breitbandgenossenschaft, die für ein schnelles Internet im Lennetal sorgen wird, ist auf den Weg gebracht worden und erst vor wenigen Tagen hat Sinn-Leffers angekündigt, dass am Sitz der Verwaltung in Hagen 50 neue Arbeitsplätze entstehen werden. Das sind alles positive Entwicklungen.

Bleibt der Mangel an Gewerbeflächen in unserer Stadt. Gibt es hier irgendeine Perspektive?

Schulz: Ende November haben wir im Rat der Stadt einstimmig die Gründung der „Hagener Industrie- und Gewerbeflächen GmbH“ (HIG) auf den Weg gebracht, verbunden mit der klaren Zielvorgabe, die Entwicklung und Erschließung von weiteren Wirtschaftsflächen in Hagen konsequent voranzubringen. Damit haben wir einen wichtigen Meilenstein für die zukünftige Gewerbeflächenversorgung erreicht. Das schafft zugleich Chancen für die Entwicklung bestehender Unternehmen und für die Ansiedlung neuer Firmen.

Imageträger Phoenix tatkräftig unterstützen

Wie blicken Sie inzwischen auf die leidige Theater-Debatte dieses Jahres?

Schulz: Die bislang ergebnislose Suche nach einem neuen Intendanten bzw. einer neuen Intendantin hat sich leider zu einer scheinbar unendlichen Geschichte entwickelt. Da ist es umso erfreulicher, dass mit Joseph Trafton ein neuer Generalmusikdirektor gefunden werden konnte, der sich zusammen mit einem internen „Kreativ-Kreis“ nun intensiv um die Planungen für die neue Spielzeit kümmern wird. Aber wir konnten uns auch an kulturellen Highlights erfreuen: Das mehrfach preisgekrönte Jugendtheater „Lutz“ ist jetzt 15 Jahre „jung“, schon seit 30 Jahren sorgt die überaus beliebte Sommerreihe „Muschelsalat“ für beste Unterhaltung und Anfang April öffneten unter dem Motto „Planet Hagen“ zahlreiche Künstler ihre Atelierräume und Werkstätten und luden ihre Besucher zu einer ganz besonderen Entdeckungstour in kreative Sphären ein. Ein toller Erfolg!

Weniger erfolgreich verlief das Phoenix-Hagen-Jahr. Wurde mit dem Aus der Bundesliga-Basketballer auch die Marke Hagen beschädigt?

Schulz: In gewisser Weise schon, denn der Basketball gilt durchaus als Alleinstellungsmerkmal. Das war Ende November ein wahrlich trauriges Ende eines großen Sportkapitels in unserer Stadt. Was bleibt, ist neben der Erinnerung an faszinierende Bundesligaspiele unter den Körben die berechtigte Hoffnung, dass im nächsten Jahr die finanziellen Mittel für einen Neustart in der „Pro A“ seitens des Vereins aufgebracht werden können. Hagen, die Stadt des Basketballs, tut gut daran, den Verein bei diesem Vorhaben tatkräftig zu unterstützen. Nicht nur für die vielen Basketball-Begeisterten, sondern auch für den Imageträger Phoenix, der den Namen unserer Stadt bundesweit über viele Jahre würdig vertreten hat.

Zum Ausklang des Jahres wurde noch die „Regionale“-Bewerbung auf den Weg gebracht. Warum ist dieses Thema für Hagen so wichtig?

Schulz: Das war schon eine besondere Kraftanstrengung, unter dem Motto „Region im Fluss – Mittendrin in NRW“ – eine gemeinsame Bewerbung der Stadt Hagen, des Ennepe-Ruhr-Kreises, der Städte Schwerte und Fröndenberg, des Regionalverbandes Ruhr (RVR) sowie der Kooperationspartner Dortmund und Bochum für die Regionale 2022/2025 fristgerecht bei der Landesregierung in Düsseldorf abzugeben. In nur gut zwei Monaten wurde ein umfangreiches Konzept erarbeitet, das uns die Möglichkeiten für künftige Fördermaßnahmen eröffnen soll, das Ruhrtal als attraktiven Wirtschafts- und Lebensraum im Süden der Metropole Ruhr weiterzuentwickeln. Ich bin mir ganz sicher, dass die Region mit ihrer Bewerbung überraschen und überzeugen und letztlich den Zuschlag erhalten wird. Gelingt dies, wird die eigentliche Arbeit an tragfähigen Konzepten erst beginnen. Ein Prozess, in den dann vor allem auch die Bürger intensiv eingebunden werden sollen. Mehr als erfreulich ist es dabei, dass wir den RVR als engen Partner an unserer Seite wissen, der sich auch unabhängig von der Regionale mit der Realisierung des Brückenprojektes an der Volmemündung, der Rettung des Koepchenwerks und der freizeittechnischen Erschließung weiterer Flächen im Bereich des Hengsteysees zunehmend engagieren wird.

>> Hintergrund: Was sonst noch den OB bewegte

Bei seinem Blick auf das Jahr 2016 sind OB Erik O. Schulz folgende Begebenheiten wert, ausdrücklich genannt zu werden:

Alle kleinen und großen Narren in Hagen waren traurig, als der traditionsreiche Rosenmontagszug durch die Innenstadt aufgrund eines Sturmtiefs aus Sicherheitsgründen abgesagt werden musste.

Die neue Polizeiwache in der Bahnhofstraße konnte ihrer Bestimmung übergeben werden, und auf dem Elbersgelände eröffnete das Restaurant „Hohoffs 800 Grad - The Golden Cage“ mit vielen Gästen und großer Feier.

Ein Großbrand im Umspannwerk Donnerkuhle sorgte dafür, dass rund 35.000 Menschen zum Teil über Stunden ohne Strom- und Wasserversorgung waren.

Dem „Westfalentag“ des Westfälischen Heimatbundes und der Landeskonferenz der Wirtschaftsjunioren bot die Stadt eine hervorragende Veranstaltungsbühne.

Das Präsidium des nordrhein-westfälischen Landtags stattete Hagen, der Fernuniversität mit ihrer neuen Rektorin, Prof. Dr. Ada Pellert, sowie der Region erstmals einen umfangreichen Besuch ab.

Und: Ihren jeweils 125. Geburtstag feierten die IG Metall, die Kaufmannsschulen sowie der SGV.