Hagen. . Erstmals seit 25 Jahren gelingt es Hagen, 2017 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dennoch bleiben Restschulden von 1,2 Milliarden Euro.
- Hagen macht im Jahr 2017 keine weiteren Schulden
- Trotz sinkender Stärkungspaktmittel gelingt es, einen ausgeglichenen Etat vorzulegen
- Es bleiben Altschulden im Volumen von 1,2 Milliarden Euro
Als Christoph Gerbersmann vor elf Jahren den Job des Hagener Finanzdezernenten übernahm und die Stadt – keineswegs bloß wegen des seinerzeit hochkochenden Derivate-Skandals – immer tiefer im Schuldensumpf versank, hätte er es sich selbst in seinen kühnsten Träumen kaum vorstellen können, für das Jahr 2017 einen ausgeglichenen Jahresetat vorzulegen. Genau genommen erzielt Hagen bei Erträgen von 686 042 054 Euro und Aufwendungen von 685 782 330 Euro sogar einen geringen Überschuss von exakt 259 724 Euro. Angesichts eines Gesamtschuldenbergs von gut 1,2 Milliarden Euro ein eher lächerlicher Betrag, aber eine dafür umso erstaunlichere und symbolträchtige Trendwende. Schließlich ist es nur sieben Jahre her, dass Hagen noch ein strukturelles Minus von erschreckenden 160 Millionen Euro auftürmte.
Günstige Rahmenbedingungen
Vor einem Vierteljahrhundert gelang es in der Ägide von Kämmerer Rudolf Pesch letztmalig, dass die Stadt Hagen einen ausgeglichenen Haushalt präsentierte. Ähnliches wurde zwar auch Ende der 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts ausgewiesen. Dies allerdings nur deshalb, weil man durch die Veräußerung von HGW- und Kanal-Vermögen stattliche Millionen-Erlöse erzielte und durch Einmaleffekte die Bilanz anhübschte. Durch die spardisziplinarische Kraft des NRW-Stärkungspaktes ist es inzwischen gelungen, den strukturellen Haushaltsausgleich nicht bloß einmalig hinzubiegen, sondern zumindest in der mittelfristigen Finanzplanung bis ins Jahr 2021 abzubilden. Im aktuell laufenden Haushaltsjahr scheiterte Hagen aufgrund eines Fehlbetrages von etwa sieben Millionen Euro noch an dieser Hürde, denn das Innenministerium mochte auch dem Verschiebungsantrag des Rates nicht zustimmen.
Stärkungspakt Stadtfinanzen
Der Stärkungspakt Kommunalfinanzen wurde Ende 2011 vom Landtag beschlossen. Für überschuldete oder von Überschuldung bedrohte Kommunen stehen seitdem Konsolidierungshilfen in einem Gesamtumfang von 5,76 Milliarden Euro zur Verfügung. Im Gegenzug müssen die betroffenen Städte und Gemeinden aber einen klaren Sanierungskurs einschlagen.
Der aktuelle Schuldenstand bei den Liquiditätskrediten (städt. Dispo) liegt in Hagen bei 1,14 Milliarden Euro, also etwa 20 Millionen höher als im Vorjahr. Ursache sind die für 2016 bislang noch nicht geflossenen Stärkungspakt-Millionen. Hinzu kommen von gut 94 Millionen Euro an Investitionskrediten. Die Gewerbesteuereinnahmen betragen etwa 87 Millionen Euro.
Allerdings signalisierte Düsseldorf OB Erik O. Schulz und Kämmerer Gerbersmann im Oktober bei einem Spitzengespräch, dass die für 2016 bislang ausgebliebenen Stärkungspaktmittel in Höhe von 36 Millionen Euro nachgezahlt würden, sobald Hagen ein ausgeglichenes Zahlenwerk für 2017 vorlege – dann allerdings mit einer um 7,9 Millionen Euro reduzierten Finanzspritze des Landes.
Dass dies jetzt ohne weitere Gebühren- und Steuererhöhungen gelingt, ist vorzugsweise den günstigen Rahmenbedingungen geschuldet. Zuverlässig sprudelnde Gewerbesteuern und anhaltend niedrige Zinssätze machen sich in den Bilanzen positiv bemerkbar. „Außerdem greifen unsere Konsolidierungsmaßnahmen“, betont Gerbersmann, „wir haben da kaum Ausreißer, und natürlich hat uns auch der Superblitzer geholfen.“ Zudem werden 2017 die Schlüsselzuweisungen um 3,5 Millionen Euro höher ausfallen, die Einkommenssteuer steigt um eine Million, Grund- und Vergnügungssteuer sprudeln, und nach der Abrechnung aus dem Einheitskostenlastengesetz fließt aus einer völlig unerwarteten Ecke noch eine weitere Million in die Stadtkasse zurück. Die Hilfen aus Bundes- und Landesfördertöpfen sorgen für zusätzliche Entlastung: Die externen Millionen für den Schulausbau und für kommunale Investitionsprojekte sorgen dafür, dass Rückstellungen aufgelöst werden können und somit zur finanziellen Entlastung beitragen. Weitere 1,6 Millionen fließen nach dem guten Geschäftsjahr des Wirtschaftsbetriebs Hagen (WBH) 2015 obendrein als Ausschüttung an die Stadt. In der Summe addieren sich diese strukturellen Verbesserungen zu einer solch stattlichen finanziellen Kulisse, dass selbst die Tarifsteigerungen bei der Stadtverwaltungen im Gesamtvolumen von etwa sechs Millionen Euro aufgefangen werden können.
Zehn Prozent für den LWL
Offen bleibt lediglich noch, welche Summe an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) letztlich abfließen wird. Hier laufen noch die Verhandlungen der Gemeinden mit der Körperschaft. Absehbar wird es sich um einen Betrag von etwa 60 Millionen Euro handeln, also ein Zehntel des gesamten Ausgabevolumens. 90 Prozent der Mittel kommen dabei Menschen mit Behinderung zugute.
Kämmerer Gerbersmann rechnet mit einer Genehmigung des nachgebesserten Haushaltssanierungsplanes 2017 bereits zu Beginn des kommenden Jahres. Damit bliebe Hagen nicht bloß eine erneut zähe, haushaltslose Phase erspart, sondern es würden auch zeitnah die versprochenen Stärkungspakt-Millionen aus 2016 nachgebucht.