Hagen. Hagen verliert binnen weniger Wochen rund 840 Arbeitsplätze. Die Firmen Douglas, Nordwest und Putsch verlassen die Stadt. Ein Überblick.

  • Schwarzer Herbst für den Wirtschaftsstandort Hagen
  • Hagen verliert 840 Arbeitsplätze
  • Douglas, Nordwest und Putsch ziehen weg

Es ist der schwarze Herbst für den Wirtschaftsstandort Hagen. Binnen weniger Wochen von September bis November wird die Stadt auf einen Schlag etwa 840 Arbeitsplätze verlieren.

Angekündigt war dies schon lange, teils schon seit Jahren. Doch der Zufall will es, dass Douglas, Nordwest und die Firma Putsch dies nun sehr geballt in diesem Herbst umsetzen. Auch wenn der Haushalt der Stadt und die Arbeitslosenstatistik vorerst nicht belastet werden, die ­Folgen dieses massiven Arbeitsplatz-Wegzuges sind noch nicht absehbar. Der Überblick:

Die Firmen

Douglas: Der Parfümerie-Riese Douglas hatte im Frühjahr angekündigt, dass der Hauptsitz des Unternehmens von Hagen-Bathey ins noble Düsseldorf verlegt werden soll. Rund 400 der bislang 800 Arbeitsplätze in der Konzernzen­trale in Bathey werden wegfallen, nur einige Abteilungen bleiben hier.

Kritik hatte sich das Unternehmen in Hagen auch eingehandelt, weil Mitarbeitern großzügige Beihilfen zugesichert wurden, wenn sie auch noch ihren Erstwohnsitz nach Düsseldorf verlegen. An diesem Wochenende nun, so eine Douglas-Sprecherin auf WP-Anfrage, soll der Umzug der Zentrale nach Düsseldorf-Flingern starten. Bis Mitte Oktober hofft man dies abschließen zu können.

Keine Angaben macht das Unternehmen dazu, wie die nun leer werdenden Büroflächen in Bathey künftig genutzt werden oder ob sie bereits vermarktet sind.

Nordwest: Das Handelsunternehmen Nordwest hat den Umzug bereits vollzogen. Vor wenigen Tagen sind die etwa 350 Mitarbeiter von der Berliner Straße in Haspe in die neue moderne Firmenzentrale im Dortmunder Gewerbegebiet Phoenix West umgezogen.

„Für wenige Tage sind noch zwei Mitarbeiter in Hagen aktiv, die die restlichen Auszugsarbeiten begleiten“, sagt Firmensprecherin Lea Dommel. „Danach sind endgültig alle Mitarbeiter in Dortmund.“

Und damit endet eine jahrzehntelange Geschichte: Seit Ende des Zweiten Weltkrieges hatte das Unternehmen, das eine Art Großhändler für Haustechnik, Industriebedarf und das Bauwesen ist, sein Domizil in Hagen.

Bereits im Jahr 2014 hatte Nordwest den Wegzug aus Hagen angekündigt. Am alten Standort gebe es keine Expansionsmöglichkeiten, Hagen habe aber auch keine passende neue Fläche in der benötigten Größe bieten können.

Auf dem ehemaligen Stahlwerksgelände in Dortmund an der B 54 in Stadionsnähe bietet der Neubau nun Platz für mehr als 400 Mitarbeiter. Dommel lässt auch schon durchblicken, dass bald Neueinstellungen kommen könnten. Die Büro- und Ausstellungsflächen umfassen 10.900 Quadratmeter, 20 Millionen Euro hat Nordwest in das Bauvorhaben investiert.

Die gesamte Belegschaft habe den Umzug mitgemacht, so Lea Dommel: „Es gab keine Kündigungen.“ Für all die Mitarbeiter, die nun weiter pendeln müssen als bisher, gibt es auf drei Jahre begrenzt Beihilfen. Klar ist bereits jetzt, was mit dem bisherigen Firmensitz in der Berliner Straße in Haspe geschehen wird. Er ist an die Spedition Schenker verkauft worden, Schenker ist dort bereits mit Umbaumaßnahmen beschäftigt.

Putsch:Fast genau zehn Jahre ist es nun bereits her, dass die Firma Putsch aus Oberhagen ihren Wegzug aus Hagen angekündigt hat. Auch hier der Grund: Kein Platz für Expansionen am bisherigen, seit 1871 existierenden Standort an der Frankfurter Straße – und auch hier konnte Hagen keine ausreichenden Ersatzflächen bieten.

Die Putsch-Gruppe, die weltweit zu den führenden Herstellern von Maschinen für die Zucker-, Gemüse- und Holzindustrie gehört, wird nun im November den ersten Schritt tun. 100 der insgesamt 280 in Hagen beschäftigten Putsch-Mitarbeiter werden an den neuen Produktions-Standort in Wuppertal-Nächstebreck an der A 46 wechseln.

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Dort hatte sich das Unternehmen ein 60.000 Quadratmeter großes Grundstück gesichert. „Etwa 80 Prozent unserer Belegschaft kommt aus Hagen“, sagt Personalleiter Jörg Bolle. Für die zusätzlichen Fahrten gibt es, insbesondere bei Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs, zeitlich befristete Beihilfen.

Die restlichen 180 Mitarbeiter werden wohl noch geraume Zeit in Oberhagen arbeiten. „Die zweite Produktions-Einheit wird frühestens in fünf Jahren nach Wuppertal verlegt werden“, sagt Jörg Bolle. Und erst danach soll dann ein neues Verwaltungsgebäude gebaut werden und der Hauptsitz der Firma endgültig aus Hagen verschwinden.

Gekündigt habe keiner der Beschäftigten wegen des Umzugs, so der Personalleiter. Die demnächst frei werdenden Produktionsflächen werden weiter durch das Unternehmen genutzt. „Was nach der kompletten Verlagerung des Unternehmens aus dem Werksgelände an der Frankfurter Straße wird, ist noch ungewiss.“

Stadt-Haushalt

Zwei Firmen verlegen derzeit also ihren Hauptsitz, die dritte wird es spätestens in ein paar Jahren tun. Was bedeutet das für den städtischen Haushalt? Gibt es dadurch einen Einbruch bei den Gewerbesteuern?

Stadtsprecher Michael Kaub gibt sich gelassen: Man erwarte durch den Wegzug keine Einbrüche. Ob das bedeutet, dass Douglas und Nordwest in Hagen nur wenig Gewerbesteuer gezahlt haben, will die Stadt nicht beantworten. Hier gelte das Steuergeheimnis.

Nur so viel: Der Kämmerer habe keine Bedenken, dass er sein geplantes Gewerbesteuer-Ziel nicht erreichen wird. Schwer zu sagen sei, ob mit dem Wegzug der Firmen einige Mitarbeiter auch privat Hagen den ­Rücken kehren und ihren Wohnsitz verlagern. Bislang, so Kaub, gebe es aber keine verstärkte Zahl von Abmeldungen.

Die Arbeitslosenstatistik

Der Wegzug von Douglas, Nordwest und Putsch wird die Statistik trotz des massiven Stellenwegzugs zunächst nicht belasten. Der größte Teil der Mitarbeiter mache den jeweiligen Wechsel mit, so Arbeitsagentur-Chef Marcus Weichert, es habe nur ganz vereinzelt Arbeitslosenmeldungen gegeben. Und auch wenn die Stellen nun abwanderten, so blieben die in Hagen wohnenden Mitarbeiter weiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Trotzdem sieht Weichert die Wegzüge mit Sorge: „Hagen muss es gelingen, seine Vorteile gegenüber anderen Regionen heraus zu stellen, um als Wohn- und Geschäftsstandort wieder zu gewinnen.“