Gevelsberg. Seit dem Tod ihrer alten Blindenführhündin hofft eine Gevelsbergerin auf einen neuen Hund. In der Zwischenzeit erlebte sie eine Nahtoderfahrung.
Bislang kennt sie Ivo vor allem von Videos und Fotos, die sie geschickt bekommt. Corinna Hoffmann hat ihren zukünftigen vierbeinigen Begleiter aber auch schon besucht. Die 39-jährige Frau aus Gevelsberg ist blind. Dem einen oder der anderen mag sie noch in Erinnerung sein, weil sie vor ein paar Jahren öffentlich mit ihrer Krankenkasse um die Finanzierung eines neuen Blindenführhundes gestritten hat. 2021 gewinnt sie diesen Streit.
Aber der Weg zu einem neuen Tier ist lang und für Hoffmann durch mehrere Schicksalsschläge geprägt. Einer davon ist eine Nahtoderfahrung, die sie selbst sehr eindrücklich erlebt. Heute sagt sie, dass der Gedanke an ihren neuen Hund sie wieder zurückgeholt hat.
Kampf um Finanzierung vor Gericht
Rückblick: Als ihre alte Blindenführhündin Paula zu alt wird und damit zunehmend müde und unkonzentriert, stellt Corinna Hoffmann einen Antrag auf ein neues Tier bei ihrer Krankenkasse. Diesen Antrag lehnt die Techniker Krankenkasse (TK) unter Berufung auf den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ab.
Dieser sei der Auffassung, dass einer Neuversorgung mit einem Blindenführhund nicht zugestimmt werden sollte. Die TK beruft sich in dem Schreiben auf ein „Gutachten der Pflegeeinstufung“ aus August 2018. Daraus gehe hervor, dass bei Corinna Hoffmann chronische Angststörungen in Verbindung mit Panikattacken bestünden.
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„Dem Gutachten ist auch zu entnehmen, dass Sie sich außer Stande sehen, die Wohnung ohne Begleitung einer Pflegeperson zu verlassen“, hieß es darin. Es sei daher auch zu befürchten, dass bei fehlender regelmäßiger Anforderung die Führleistung des Blindenhundes in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Corinna Hoffmann sieht das ganz anders und zieht gegen die TK vor Gericht. Dieses entscheidet schließlich, dass die Krankenkasse der Gevelsbergerin weiterhin einen Blindenführhund finanzieren muss.
Neuer Blindenführhund stirbt
Jetzt soll es also Bouvier-Rüde Ivo werden, ein flandrischer Treibhund. Seit dem Tod von Hündin Paula behilft Corinna Hoffmann sich im Alltag mit einem Blindenlangstock und der Hilfe von Familie und ihrer Pflegeassistentin. „Es ist halt alles viel schwieriger ohne Hund“, sagt die Gevelsbergerin.
Nach dem Urteil im Jahr 2021 macht sie sich auf die Suche nach einer neuen Hundeschule, die auch Blindenführhunde ausbildet. „An der alten Schule hätte ich bis zu fünf Jahre auf einen neuen Hund warten müssen“, sagt Hoffmann. Die Hunde müssten nach ihrer Geburt erst eine Zeit lang aufwachsen, bevor sie die Ausbildung zum Blindenführhund machen könnten. Fündig wird sie beim Tannenhof Eifel in Wallersheim, Rheinland-Pfalz. Glenn, ebenfalls ein Bouvier-Rüde, soll ihr neuer Begleiter werden. Am 8. April 2022 dann die Schreckensnachricht: Glenn stirbt plötzlich an einer Krankheit.
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Über eine andere Züchterin aus Schleswig-Holstein gelingt es, einen Rüden der gleichen Rasse ausfindig zu machen: Ivo. Er ist in diesem März geboren und kann daher schon Mitte 2023 seine Ausbildung zum Blindenführhund beginnen. „Ivo kriegt jetzt die Grundlagen beigebracht, Sitz, Platz, Aus, aber auch, dass er zum Beispiel Treppen erkennt“, erklärt Corinna Hoffmann. Während seiner Ausbildung werde er an das Führgeschirr gewöhnt und lerne unter anderem per Klickertraining, an Bordsteinen anzuhalten, Ampeln zu suchen und auf Kommando Sitzbänke, Briefkästen oder auch Zebrastreifen zu erkennen. Auch Ein- und Ausgänge soll Ivo später finden und sein Frauchen entsprechen führen.
Nach Nahtoderfahrung wieder zurück
Voraussichtlich Ende nächsten Jahres wird Ivo seinen Dienst in Gevelsberg aufnehmen können. Es dauert also noch ein wenig. Aber allein darum zu wissen, hat der Gevelsbergerin nach eigener Aussage das Leben gerettet. „Dieses Jahr im Mai hab ich auf einmal schlechter Luft bekommen als sonst“, blickt Hoffmann zurück. Zur Kontrolle sei sie in ein Krankenhaus gekommen.
Nachdem ihr Termin für eine Lungenspiegelung mehrfach habe verschoben werden müssen, habe sie später eine schwere Lungenentzündung diagnostiziert bekommen. „Es kam zur Lungenembolie. Ich musste reanimiert werden“, sagt die 39-Jährige. Was sie dabei erlebt, beschreibt Corinna Hoffmann so: „Ich war auf der anderen Seite, Paula war da, ich hatte keine Schmerzen und ich konnte sehen.“
Ihre frühere Blindenführhündin sei es gewesen, die sie „zurückgeschickt“ habe, da ihr neuer Hund Ivo dort auf sie warte. Seit Anfang August sei sie wieder zuhause. „Ich bin total froh und dankbar für alle, die hinter mir stehen und mich stärken“, sagt sie. Ihrer Arbeit für die AWo-Werkstatt an der Neuenlander Straße könne sie noch nicht wieder nachgehen, grundlegend sei sie aber auf dem Weg der Besserung. Ihr Wunsch für das Jahr 2023: „Dass es positiv weitergeht und dass ich mit 2022 schnell abschließen kann“, verrät Corinna Hoffmann und schiebt noch hinterher: „Ich freue mich auf Ivo.“