Gevelsberg. Der Radweg von der Ruhr zur Wupper wird in Gevelsberg zum Politikum. Knackpunkt: Der Silscheder Tunnel. Jetzt gibt es einen neuen Vorstoß.

Die Liste der Tagesordnungspunkte im Gevelsberger Rat war sehr lang. Trotzdem dominierte am Mittwochabend vor allem ein Thema die Debatten im Rathaus: Der Radweg von der Ruhr zur Wupper. Der soll in Gevelsberg unter anderem durch den Silscheder Tunnel führen. Seit Naturschützer dagegen Bedenken geäußert hatten, erhitzen sich aber die Gemüter.

Zur Erinnerung: Der Naturschutzbeirat des Ennepe-Ruhr-Kreises hatte sich mit einem Bericht der Biologischen Station befasst. Aus deren Sicht ist der Tunnel nicht nur für sehr viele Fledermäuse ein Zuhause. Es würden dort auch viele verschiedene Arten dieser Tiere unterkommen. Die Station befürchtet einen kompletten Verlust dieses Quartiers, sollte es als Teil des Radweges entwickelt werden.

Diese Nachricht schlug in Gevelsberg hohe Wellen. Befürworter des großen, neuen Radwegs sehen das Projekt auf der Kippe. Gevelsbergs Bürgermeister Claus Jacobi hatte angekündigt, alle Hebel in Bewegung zu setzen, damit der Silscheder Tunnel Teil des geplanten Radwegs bleibt. Seine deutliche Meinung: „Da werden Artenschutzaspekte gegen den Klimaschutz ausgespielt.“ Am Mittwochabend beschloss der Rat der Stadt Gevelsberg, den Bedenken ein klares Zeichen entgegenzusetzen und die Angelegenheit im Zweifel selbst in die Hand zu nehmen.

Mittel für ein eigenes Gutachten

„Wir sind überzeugt, dass der Radweg nur Attraktivität hat, wenn er die Durchführung durch den Silscheder Tunnel bekommt“, machte Klaus Bärenfänger, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Gevelsberg deutlich. Das politisch höchste Gremium der Stadt hatte über zwei Anträge der Sozialdemokraten abzustimmen: Zum einen ging es darum, dass der Rat den Weg durch den Silscheder Tunnel uneingeschränkt befürwortet und eine alternative Route ablehnt. Zum anderen sollten nachträglich 20.000 Euro in den Haushalt für 2023 aufgenommen werden, um gegebenenfalls eigene Planungen und Untersuchungen machen zu können.

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CDU-Fraktionschef Hans-Günther Adrian signalisierte Zustimmung. „Der Weg kann nur funktionieren, wenn er durch den Tunnel führt“, sagte er. „Wenn nicht, haben die Geldgeber hier eine ganze Menge Geld in den Sand gesetzt.“

Zurückhaltung kam von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. „Ja, der Radweg ist für die klimafreundliche Mobilität wichtig“, begann Ratsfrau Susanne Dippel zu erklären. „Herr Bärenfänger hat in seinem Antrag aber nicht erwähnt, warum der Naturschutzbeirat Bedenken hat.“ Die Frage aus Sicht der Grünen-Fraktion sei eher: „Wie schaffen wir es, da einen Kompromiss zu finden?“ Dippel spricht mögliche bauliche Lösungen oder eine Umsiedelung der Fledermäuse an. „Wenn es nicht geht, brauchen wir eine alternative Routenführung“, so Susanne Dippel.

Sorge um Fledermauspopulationen

„Ich hätte mir gewünscht, dass die Grünen zustimmen“, machte Bürgermeister Claus Jacobi keinen Hehl aus seiner Enttäuschung. Ihm hatte ein starkes gemeinsames Zeichen der Gevelsberger Politik vorgeschwebt. „Wir sprechen hier über Arten, die nicht untersucht, sondern die nur gezählt wurden. Es gibt diese Arten auch in anderen Tunneln“, so Jacobi. „Uns leuchtet nicht ein, warum es in Gevelsberg keine Lösung geben sollte, die anderswo auch funktioniert.“ Für ihn steht völlig außer Frage: „Gevelsberg will diesen Tunnel“.

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Für die Biologische Station hat der Tunnel ebenfalls eine große Bedeutung. „Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse lässt sich der Tunnel Silschede als das wichtigste bekannte Fledermausquartier, nicht nur vom Typ „stillgelegter Eisenbahntunnel“, im Süderbergland bezeichnen“, steht es in ihrem Bericht. Vorausgegangen war eine Erfassung der Fledermausfauna im Tunnel. Weiter heißt es: „Bedenkt man nun, dass fast alle im Raum liegenden stillgelegten Eisenbahntunnel in das Radwegenetz eingebunden sind bzw. in naher Zukunft eingebunden werden sollen, ist es sehr wahrscheinlich, dass der komplette Verlust dieses Quartiertyps einen sehr starken negativen Einfluss auf die lokalen Fledermauspopulationen haben wird.“

Und dann gibt es da noch Straßen NRW. Vonseiten der Stadt Gevelsberg wurde auch am Mittwoch wieder die Sorge laut, dass der Landesbetrieb den Tunnel möglicherweise gar nicht weiter entwickeln wolle. „Der Tunnel ist in einer deutlich schlechteren Verfassung als gedacht“, hatte Straßen-NRW-Sprecher Andreas Berg schon einmal gegenüber dieser Redaktion gesagt. Das habe eine Voruntersuchung ergeben. Man müsse nun konkret draufschauen, was alles zu tun ist. Bürgermeister Claus Jacobi sagte aber in der Sitzung am Mittwochabend, dass er aus Gesprächen mit der Straßen-NRW-Leitungsebene positive Signale bekomme habe, dass der Landesbetrieb weiterhin mit der Tunnellösung plane.