Garbeck. Damit hat selbst Richard Nikodem nicht gerechnet: Binnen eines Vormittags reißen ihm Garbecker Grundschüler die Setzlinge förmlich aus den Händen.
Wer vom Schultenhof die Serpentinen in Richtung Garbeck saust, der erkennt schnell, welche Spuren Klimawandel und Borkenkäfer in den vergangenen Jahren im Balver Wald hinterlassen haben. Das einst schier endlose grüne Meer aus Bäumen ist kargen Hängen gewichen. Bei der Aufforstung kann sich Förster Richard Nikodem indes auf zahlreiche helfende Hände verlassen. Garbecker Grundschüler haben in Rekordzeit gleich 700 neue Bäume gepflanzt. Der Unterricht im Freien kommt bei den Kindern an - ganz zur Freude des „Waldpolizisten“.
Klimawandel hinterlässt bleibende Spuren im Balver Wald
Da staunt auch Förster Richard Nikodem nicht schlecht. Keine zwei Stunden hat es gedauert, bis die Arbeit an einem Hang in Garbeck getan ist. In Rekordzeit sind die 600 Eichen- und 100 Lindensetzlinge bereits vergriffen und im Boden verbuddelt. „Es helfe, wenn viele Leute mit anpacken“, sagt Nikodem mit einem Lächeln. „Aber es kommt nicht darauf an, schnell zu sein, sondern dass es gut wird.“ Denn dort, wo die jetzt noch zarten Pflänzchen wachsen, erinnert eigentlich nicht mehr viel an den klassischen Balver Wald vergangener Tage. Und doch ist der Anblick der gut einen halben Hektar großen Fläche oberhalb des Garbachs mittlerweile Alltag in deutschen Wäldern.
Klimawandel und Borkenkäfer haben ihre Spuren hinterlassen. Alle paar Meter ragt noch ein Baumstumpf aus der Erde; an anderen Stellen sind die verbliebenen Gehölze mitsamt Wurzelwerk aus dem Boden gerissen und umgekippt. 110.000 Festmeter Käferholz haben Richard Nikodem und die Mitarbeiter des Stadtforsts in den vergangenen fünf Jahren aus dem Wald gekarrt. „Es ist alles verkauft, größtenteils nach China“, erklärt er. Mittlerweile wird die Aufforstung bundesweit staatlich gefördert. Waldbesitzer können so zumindest einen Teil des finanziellen Schadens für die Zukunft abfangen.
Die „Waldpolizei“ greift im Zweifel durch
Hilfe gibt‘s in Garbeck an diesem Tag allerdings nicht in staatlicher Form, sondern ganz praktisch von Kindern der Garbecker Grundschule. Während es sich einige Viertklässler nach getaner Arbeit bereits gemütlich gemacht haben auf einem umgefallenen Baum, stapfen andere noch von Setzling zu Setzling. Mit weißer Farbe bepinseln sie die zarten Pflänzchen. Die Mixtur aus Schaffett soll ungebetene Gäste fernhalten, vor allem Rehe. Denn die knabbern gerne die Knospen ab und würden die Arbeit der Kinder gleich wieder zunichte machen. Doch dabei alleine bleibt es nicht. „
Jetzt müssen wir die Jäger dazu kriegen, die Bereiche intensiv zu bejagen.
“ Ein sogenanntes Verbissgutachten Nikodems zeigt mit einer Ampel-Skala an, wo nachgebessert weden muss, damit die Aufforstung gelingt. „Kann sich der Jäger nicht einfach in den Busch legen?“, fragt einer der Schüler. Nikodem grinst. So einfach sei das leider nicht. „Dafür brauchen wir hier noch einen Hochsitz“, erklärt der Förster und zeigt den Hang hinunter. Und damit sich im Wald auch alle an die Regeln halten, muss er als „Waldpolizist“ im Zweifel auch mal „Knöllchen schreiben“, wenn Spaziergänger zum Beispiel das Rauchverbot im Sommer ignorieren.
Der Ausflug ins Grüne hat bei der Garbecker Grundschule inzwischen Tradition. Jedes Jahr ziehen sie in den Balver Wald, um anzupacken. So will auch Klassenlehrer Nils Sauer seinen Schülern den Bezug zur Natur vermitteln: „Der Wald ist ohnehin Thema im Sachunterricht.“ Und das scheint zu klappen. „Sie sind sehr interessiert und wissbegierig“, freut sich Sauer. Das sei auch ein Verdienst der Klimaschutz-AG der Schule. Seit einer Woche kümmern sich die Schüler zudem um ein Bienenvolk, das Wilfried Gerken vom Balver Imkerverein übergeben hat (Bericht folgt).
Währenddessen geht die Frage-Stunde im Freien in die nächste Runde. „Warum ist es denn wichtig, dass wir neue Bäume pflanzen?“, will Richard Nikodem wissen. „Die filtern die alte Luft“, ruft einer der Jungs. Punkt für die Grundschüler. Aber nicht nur das. Förster Nikodem erklärt, dass es dabei vor allem um CO² geht, das die Bäume ihr Leben lang aufnehmen und binden können. Außerdem sorgen die Wurzeln später dafür, dass Starkregen nicht einfach so das Dorf flutet. Während das Werkeln im Wald für die Schüler eine gelungene Abwechslung zum Klassenzimmer-Alltag ist, kommt die Aktion am Ende nicht nur dem Klimaschutz zugute. Die Waldbesitzer sparen bares Geld, rund 700 Euro, für die Aufforstung.