Balve. Drohnen sollen Balves Wald retten. Was verspricht sich der Landesbetrieb Wald und Holz von der Digitalisierung der Aufforstung?

Die Zeit drängt. Der Termin steht. Im Balver Wald brechen bald moderne Zeiten an. Erstmalig geschieht Neuaufforstung auf heimischem Boden per Aussaat aus der Luft. Drohnen machen’s möglich. Welche Hoffnungen sich mit den ferngesteuerten High-Tech-Fliegern damit ver binden, erklärt Förster Richard Nikodem.

Balves Förster Richard Nikodem zeigt, was auf einer Borkenkäfer-Brache in Garbeck binnen zwei Jahren gewachsen ist. Es reicht nicht. Vor allem geht es um richtige Baumarten-Mischung.
Balves Förster Richard Nikodem zeigt, was auf einer Borkenkäfer-Brache in Garbeck binnen zwei Jahren gewachsen ist. Es reicht nicht. Vor allem geht es um richtige Baumarten-Mischung. © WP | jürgen overkott

„Der Einsatz wird wahrscheinlich am 26. April sein“, erzählt er der Westfalenpost, „ich habe gerade mit dem Chef telefoniert. Wir haben dem gerade den Förderbescheid bekommen, dass wir das machen dürfen.“ Der Chef: Das ist Tobias Hobert. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Jürgen Riedel hat er ein Unternehmen in Brilon gegründet. Es heißt „GreenAgain“.

+++ WAS JUNGE WALDBAUERN AN FORSTWIRTSCHAFT FASZINIERT +++

Die GmbH sitzt in Brilon. Die Aufforstungsexperten setzen drei Fluggeräte ein. Der kleinste Brummer kann zwei Kilo Saat verteilen, der größte 40 Kilo. „Steillagen, Bestände mit Dürrständern oder sehr großflächige Abteilungen eigenen sich hervorragend für die direkte Aussaat per Drohne“, heißt es auf der Homepage des jungen Betriebes. Das Verfahren sei kostengünstiges wie effektiv. „GreenAgain“ bietet zudem Dienstleistungen wie Vermessungen, Flächenanalysen und Aussaatpläne an. Kurzum: Das Unternehmen verspricht eine weitgehende Digitalisierung der Forstwirtschaft.

Baumpflanzaktion in Garbeck: Viertklässler pflanzen 250 Rotbuchen, mit Unterstützung von Förster Richard Nikodem und Waldbesitzer Thomas Schröder. So war’s bisher.
Baumpflanzaktion in Garbeck: Viertklässler pflanzen 250 Rotbuchen, mit Unterstützung von Förster Richard Nikodem und Waldbesitzer Thomas Schröder. So war’s bisher. © WP | jürgen overkott

Die Saat bleibt analog. Doch selbst da gibt es Veränderungen. Die Saaten werden von Aktivkohle mit leichtem Feuchtigkeitsgehalt umhüllt. So verdorren sie nicht. Nebenher wird ihre Größe standardisiert. So können selbst unterschiedliche Baumsamen in Smarties des Waldes verwandelt und so gleichmäßig auf dem Waldboden verteilt werden.

Waldraupe „Max“ assistiert

Der Landesbetrieb Wald und Holz geht auf Nummer sicher – und setzt parallel zum fliegenden Saatgut die Waldraupe „Max“ als Baumsamenstreuer ein.

Der Einsatz von Drohne und Raupe in Balve bedeutet einen Systemwechsel. „Wir haben“, berichtet Baumfachmann Nikodem, „noch nie gesät. Hier ist bisher immer gepflanzt worden.“ Die Überlebenschancen der Setzlinge gilt als höher als bei der Aussaat. „Baumschulen haben Keimraten von 98 Prozent“, weiß Nikodem. „Wenn wir das aussäen, haben wir im Wald Mäuse und anderes Getier, die die Samen auffressen – da ist der Verlust einfach höher.“ Warum dann das neue Verfahren?

Smarties des Waldes: Baumsamen werden mit Aktivkohle umhüllt.
Smarties des Waldes: Baumsamen werden mit Aktivkohle umhüllt. © WP | Benedikt Schülter

„Zum Problem des knappen Saat- und Pflanzgut ist die knappe Kapazität an Arbeitskräften gekommen“, stellt Nikodem fest. „Wir finden kaum noch Leute, die das machen wollen.“ Es sei nicht nur eine Frage verfügbarer Firmen und Arbeitskräfte. Es sei angesichts kompliziert gewordener amtlicher Aufforstungspläne mit mehreren Baumsorten auch eine Frage der Arbeitsqualität. „Wenn ich eine Truppe aus Litauen habe, kann ich sie nicht instruieren“, weiß Nikodem.

Und nun? Unternehmen wie „GreenAgain“ haben etwas getan, um die Keimraten ihrer Aussaat zu verbessern. Sie haben dem Aktivkohle-Mantel des Saatgut Vergällungsmittel zugesetzt. Möglich sei auch der Zusatz von Duftstoffen, die vor allem Rehwild nicht riechen kann. Diese Maßnahme zielt auf eine Verringerung von Verbissschäden an den Spitzen der Setzlinge ab.

Der Landesbetrieb Wald und Holz sieht die neue Form der Aufforstung als Modellprojekt. Er hat ein paar Waldbesitzer zur Probe aufs Exempel eingeladen.

+++ MAMMUTAUFGABE WALDRETTUNG: DAS LÄUFT IN BALVE +++

Das sicherste Mittel zur Begrenzung des Verbisses sei allerdings nach wie vor das Kupferhohlmantelgeschoss, meint Nikodem. Er sieht die Jagdpächter in der Pflicht. Die sogenannten Abschusspläne seien abgeschafft worden. Es seien unwirksam gewesen. Der Landesbetrieb setzt künftig auf Verbissgutachten. Alle drei Jahre wird der Wald auf Schäden gecheckt. Im Nordrevier, bei Lhoist, sei das Verfahren bereits getestet worden. Der Unternehmensförster ermuntere zur Jagd. „Da gab es“, sagt Nikodem, „überhaupt keine Schäden.“