Balve. Kommunen sollen zu einer nachhaltigen Wärmeversorgung verpflichtet werden. Städte und Gemeinden stellt das vor Herausforderungen.
Der Ukraine-Krieg sorgt deutschlandweit für ein Umdenken, was die Energie- und Wärmeversorgung betrifft – so auch in Balve. Die Stadt hat bereits im vergangenen Winter einen Grundstein gelegt und den eigenen Gasverbrauch massiv reduziert. Ab dem kommenden Jahr soll derweil eine kommunale Wärmeleitplanung für alle Städte und Gemeinden in NRW Pflicht werden. Wie es um das Vorhaben in der Hönnestadt bestellt ist.
Stadt Balve reagiert auf steigende Energiepreise
Balve soll – wie Deutschland an sich – möglichst bald möglichst energieautark werden. Das ist zumindest der langfristige Plan der Bundesregierung. Doch noch stehen Bund, Länder und Kommunen ganz am Anfang dieser Entwicklung. Ein Grundstein dabei könnte die sogenannte kommunale Wärmeleitplanung sein. Es geht darum, herauszufinden, wie in Zukunft Häuser ohne fossile Energien geheizt und Gewerbe- und Industriebetriebe mit Prozesswärme versorgt werden können. In Balve ist das Thema Chefsache im Rathaus. „Das ist ein Thema, mit dem wir uns künftig beschäftigen müssen“, betont Bürgermeister Hubertus Mühling auf Anfrage der Westfalenpost.
Als Reaktion auf extrem gestiegene Energiepreise hatte die Stadt ihren Gasverbrauch bereits im vergangenen Winter deutlich gedrosselt. Für das Rathaus bedeutete das eine Reduzierung der Raumtemperatur auf 19 Grad. So habe man rund 30 Prozent weniger Gas verbrauchen können als im Vorjahreszeitraum (WP berichtete). Gleichwohl: Bei der kommunalen Wärmeleitplanung werde man derzeit von anderer Stelle ausgebremst. „In Balve haben dazu noch keine Planungen begonnen, weil die Fördermöglichkeiten derzeit auf Eis liegen“, erklärt Mühling. Angesichts der Haushalts-Krise der Bundesregierung befinden sich etliche Förderprogramme derzeit in der Warteschlange. Was heimische Energieberater wie Ingenieur Kai vom Lehn derzeit in Live-Tickern verfolgen, ist somit auch für die Kommunen selbst eine höchst dynamische Lage. Mühling macht deutlich: Ohne Förderung sind die Kommunen aufgeschmissen, „schon alleine, weil wir für so etwas Fachexpertise brauchen“. Und die müssen sich die Kommunen einkaufen.
Das sieht der Plan der Bundesregierung vor
Die Zeit drängt für die Hönnestadt ohnehin nicht, bis 2028 – so der Plan der Bundesregierung – hätten die Kommunen Zeit, ein solches Konzept zu entwickeln. Großstädte müssen früher fertig sein, für sie wird demnach der 30. Juni 2026 als Stichtag gelten. „Es ist nicht schlimm, wenn man da mal nicht der Erste ist“, so Hubertus Mühling mit Blick auf die unsichere Förderkulisse. Noch dazu sei es für die meisten Kommunen in NRW Neuland. Allerdings könne man dabei unter anderem auf das Know-how aus Baden-Württemberg zurückgreifen, wo eine solche Wärmeleitplanung bereits seit Jahren festgeschrieben ist.
Auf die politische Agenda in Balve könnte das Thema im Laufe des kommenden Jahres treten. „Ich bin dabei zu sammeln, sicher und sortieren“, sagt Mühling mit einem Augenzwinkern. Bevor die Wärmeleitplanung in die politische Diskussion gehe, müsse man erst einmal klären, „wie und mit wem wir so etwas machen wollen“. Idealerweise seien das die Stadtwerke als Energieexperten vor Ort. Hierbei könnte Balve gar die interkommunale Zusammenarbeit ausweiten. In Menden hat es im Umweltausschuss bereits einen ersten Aufschlag gegeben – und auch eine richtungsweisende Entscheidung: Ein Förderantrag zur kommunalen Wärmeleitplanung soll noch 2023 gestellt werden.
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Grundsätzlich ist die Wärmeleitplanung allerdings eine von mehreren größeren Herausforderungen, die derzeit vom Bund auf Länder und Kommunen abgewälzt werden. Die Krux: Es bindet Personal in den Verwaltungen und führt zu steigenden Kosten. Eine Parallele sieht Hubertus Mühling hier etwa im Ausbau des offenen Ganztags: Auf Bundesebene beschlossen, „aber wir müssen es umsetzen und bauen“. Die Belastung für kommunale Haushalte steigen in der Folge. Das ziehe sich wie ein roter Faden durch. In puncto Wärmeleitplanung zeigt der Bürgermeister jedoch Verständnis. „Das müssen wir schon vor Ort regeln, aber wir müssen zumindest die finanzielle Unterstützung bekommen.“
Wichtig für Hausbesitzer
Was unterm Strich recht bürokratisch klingt, hat auch für Hausbesitzer in Balve Folgen. Ab 2024 müssen eingebaute Heizungen in Neubauten zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Sobald eine Wärmeleitplanung der Stadt vorliegt, gilt das wohl auch für Bestandsgebäude. Dann können Immobilienbesitzer möglicherweise auch auf Fördergelder zurückgreifen. Das jedoch muss ebenfalls noch gesetzlich geregelt werden.