Balve. Ob Gas oder Strom: Der Energiemarkt hat sich beruhigt. Die Stadtwerke-Chefs Karthaus und Nickel sagen, was für Verbraucher zählt.
Der Energiemarkt war in Turbulenzen. Inzwischen hat er sich beruhigt. Die Kundschaft der Stadtwerke Balve/Menden spürt das.
Rückblick. „Die Energiekrise begann bereits Ende 2021. Nordstream 2 war zu diesem Zeitpunkt ständig in der Diskussion, was zunächst die Gasmärkte tangierte und dann auf die Strompreise durchschlug“, so Alexander Nickel und Hans-Jürgen Karthaus, Geschäftsführer der Stadtwerke Balve GmbH Vertriebs- und Servicegesellschaft. Es habe heftige Reaktionen an der europäischen Energiebörse gegeben.
Die European Energy Exchange (EEX) in Leipzig ist ein öffentlich-rechtlicher Handelsplatz der EEX AG für Energie und energieverwandte Produkte. Unter den Energiebörsen in Europa ist die EEX die größte mit über 200 Handelsteilnehmern aus 19 Ländern. Hier werden Strom, Gas, CO2-Zertifikate und Kohle gehandelt. „Wir kaufen nicht direkt dort ein, sondern bei Händlern“, so Alexander Nickel.
„Ab Februar ging es nur noch um Versorgungssicherheit. Die Preise gerieten außer Kontrolle“, erklärt Hans-Jürgen Karthaus. Man habe sich ständig die Frage gestellt: „Haben wir genug Strom und Gas?“ Man habe die Devise gehabt: „Wir gehen durch dick und dünn mit unseren Kunden“, so Nickel.
Unter Gaspreisbremse
Nach diesen turbulenten Zeiten liegt der Gaspreis heute wieder bei den Balver Stadtwerken unter der Gaspreisbremse, nämlich bei 11,28 Cent/kWh und der Strom unter den gedeckelten 40 Cent/kWh, nämlich bei 37,95 Cent/kWh.
Schlimm sei es im Februar 2022 gewesen, als der Preis für Neukunden besonders stark anzog. „Das war eine besonders schwierige Zeit. „Aufgrund der massiv gestiegenen und stark schwankenden Preise am Großhandelsmarkt, war es damals nicht einfach, noch Energie für unsere Neukunden zu beschaffen.“ berichtet Hans-Jürgen Karthaus.
Trotz dieser großen Schwierigkeiten sei man stolz darauf, dass man auch alle Abnahmeverträge der Neukunden erfüllen konnte, wenn auch nicht zu den günstigeren Preisen der Bestandskunden. Die fristgerechte Umsetzung der staatlichen Energiepreisbremsen hat auch bei diesen Kunden zu einer finanziellen Entlastung geführt.
Preisrückgang zeitverzögert
Die Preise gehen jetzt nur zeitverzögert zurück, denn man habe zusätzliche Energie in Zeiten der Krise zu hohen Preisen einkaufen müssen. „Zurzeit findet eine Preisberuhigung statt, die sich auch in den Tarifen der Stadtwerke bemerkbar macht“, so die beiden Geschäftsführer.
Zusammenarbeit mit Dorfenergiegenossenschaft Mellen
Trotz aller Widrigkeiten berichteten Nickel und Karthaus auch Interessantes und Positives aus dem Energiebereich: In Mellen wurde im Herbst 2022 eine Dorfenergiegenossenschaft gegründet. Die Idee war bereits im Januar 2022 entstanden. „Die Genossenschaftsanteile in Höhe von 2500 Euro waren ziemlich schnell vergriffen“, so Nickel. Ziel ist es, dort mit einer Freiflächenphotovoltaikanlage auf zwei Hektar 2,4 Megawatt Peak, also Leistung in der Spitze, Strom zu erzeugen. „Die Vorstände, Johanna Vedder-Stute, Jürgen Schneider und Wilfried Köster sind mitten im Planungsprozess. Der erzeugte Strom wird später an die Stadtwerke Balve und Menden verkauft“, verdeutlicht Hans-Jürgen Karthaus.
Die Wertschöpfung soll in Balve bleiben. Die Genossen erhalten eine Rendite auf ihre Anteile und können von einem günstigen Sondertarif für Strom profitieren. Im Juli 2024 soll der Sonnenstrom fließen.
Man sei in Balve bei der Energiewende auf einem guten Weg. Es bleibe immer noch viel zu tun, aber es sei auch viel erreicht worden.
434 Photovoltaikanlagen produzieren in Balve jährlich 4,8 Millionen Kilowattstunden Strom. „Das sind rund 10 Prozent des Gesamtverbrauchs“, berichtet Karthaus. Von den insgesamt 43 Millionen Kilowattstunden, die in Balve verbraucht würden, kämen außerdem 9,7 Millionen Kilowatt aus Biogasanlagen und 16,7 Millionen aus Windkraft. „Wir bekommen 31,3 Millionen Kilowatt aus erneuerbaren Energien, das sind in Balve 72 Prozent des gesamten Verbrauchs.
Wie sich die Energiepreise entwickeln, lässt sich leider nicht vorhersagen. In den letzten Wochen sind die Großhandelspreise wieder leicht gestiegen. Der nächste Winter steht vor der Tür und es gilt noch immer die Alarmstufe des Notfallplans für die deutsche Gasversorgung. „Wir beobachten den Großhandelsmarkt sehr genau, um unseren Kunden faire und marktgerechte Tarife anbieten zu können.“ so die beiden Geschäftsführer.
Der Strom kommt über verschiedene Netzbetreiber zum Verbraucher. Amprion, Betreiber von 11.000 Kilometer Hochspannungsstromnetz bedient die Haupttrassen, wofür auf regionaler Ebene dann die Westenergie AG zuständig ist. In Balve tut dies die Balve Netz GmbH und Co. KG, ein Zusammenschluss zwischen der Stadt Balve und der Westenergie AG. Die Stadt besitzt 74,9 Prozent der Anteile an dieser Gesellschaft. Verpachtet wurde das Strom- als auch das Gasnetz an die Westnetz. Diese ist damit auch für die Zählerablesung und die Netzunterhaltung zuständig.
Für die Rechnungen zeichnen die Stadtwerke Balve GmbH Vertriebs- und Servicegesellschaft verantwortlich, die im Jahr 2019 von der Stadt Balve und den Stadtwerken Menden gegründet wurde.