Hüsten. Wartezeiten in neuer Zentraler Notfallambulanz des Klinikums Hochsauerland sind länger als erwartet. Das sind die Gründe.

Das Klinikum Hochsauerland räumt ein, dass es in der neuen Zentralen Notaufnahme (ZNA) im Intensivmedizin-Zentrum in Hüsten zu höherer Belastung und somit auch längeren Wartezeiten als erwünscht kommt. „Die ZNA im neuen Notfall- und Intensivzentrum wird seit der Eröffnung außerordentlich stark und deutlich stärker als erwartet in Anspruch genommen“, sagt Klinikum-Sprecher Richard Bornkeßel. Insgesamt sei die Zahl der Patientinnen und Patienten in der Notaufnahme gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um rund ein Drittel angestiegen. Auch das Einzugsgebiet habe sich deutlich vergrößert, so dass neben einer deutlichen Steigerung der Anzahl auch eine deutliche Steigerung des Anteils der schwer-bis schwerstkranken Patienten zu verzeichnen sei.

Notaufnahme oder Notfallpraxis?

Die Zentrale Notaufnahme (ZNA) ist Anlaufstelle bei lebensbedrohlichen Notfällen und schweren akuten Erkrankungen und Verletzungen, die einer stationären Versorgung bedürfen. Das sind zum Beispiel unter anderem Herzinfarkte, Schlaganfälle, akute Bewusstseinsveränderungen im Rahmen einer akuten Erkrankung oder bei einer Schädelverletzung, Polytraumata (mehrere gleichzeitig erlittene Verletzungen von denen eine oder Ihre Gesamtheit lebensbedrohlich sind), starke Blutungen, Knochenbrüche oder Verdacht auf innere Verletzungen.

Die Notfallpraxis ist für Patientinnen und Patienten da, die außerhalb der regulären Sprechzeiten der niedergelassenen Haus- oder Fachärzte dringend ärztliche Hilfe brauchen. Er ist für Betroffene gedacht, die nicht lebensbedrohlich erkrankt sind, aber mit ihren Beschwerden auch nicht bis zur nächsten Sprechstunde warten können. Für alle Erkrankungen, mit denen die Patientinnen und Patienten zu ihrem Haus- oder Facharzt gehen würden, steht ihnen der kassenärztliche Bereitschaftsdienst rund um die Uhr zur Verfügung.

In Arnsberg ist die KV-Notfallpraxis am Karolinenhospital montags, dienstags und donnerstags von 18 bis 22 Uhr, mittwochs und freitags von 13 bis 22 Uhr sowie samstags und sonntags von 8 bis 22 Uhr geöffnet.

Patienten, die unsicher sind, wohin sie sich wenden können, erhalten Hilfe bei der Hotline des ärztlichen Bereitschaftsdienstes unter 116 117 oder im sogenannten Patienten-Navi der unter 116117.de - Patienten-Navi.

„Durchschnittlich werden in der neuen ZNA pro Tag rund 100 bis 120 Patientinnen und Patienten versorgt, wobei die Anzahl starken Schwankungen unterliegt“, sagt Kevin Dr. Pilarczyk . Am bisherigen Spitzentag im September seien es rund 260 Patientinnen und Patienten gewesen“. 150 von ihnen seien innerhalb von 90 Minuten gekommen . Spitzenzeiten in der ZNA sind zu beobachten. Die täglichen Schwankungen mit einem Vormittags- und einem Spätnachmittagsanstieg des Patientenaufkommens seien ebenso auffäälig wie ein starkes Patientenaufkommen in zeitlichem Zusammenhang mit den Öffnungszeiten der Arztpraxen Montags, Mittwochsnachmittags und Freitags sowie an Brückentagen.

Gründe für die Wartezeiten in der ZNA

„Die Anzahl der eintreffenden Notfallpatienten ist nicht planbar“, betont das Klinikum. Dadurch bedingt könne es insbesondere in Zeiten hoher Inanspruchnahme für Patientinnen und Patienten mit weniger schweren Erkrankungen auch zu längeren Wartezeiten kommen. Wartezeiten könnten sich zudem ergeben, weil einige Labor-, CT, MRT oder Röntgenuntersuchungen zeitaufwändig sind, sich aus Ergebnissen der Voruntersuchungen weitere Maßnahmen ergeben oder sich die Notwendigkeit der Konsultation mehrerer Fachrichtungen ergibt. Nach Angaben des Klinikums beträgt die Wartezeit bis zum ersten Arztkontakt in der ZNA durchschnittlich zirka 75 Minuten. Um Wartezeiten so gering wie möglich zu halten wurde in der ZNA ein sogennanntes „Fast-Track-Konzept“ für schnellstmögliche Behandlungspfade etabliert.

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Und doch bleiben Wartezeiten lang, wenn der Andrang groß ist. Patienten müssen wissen: „Die Reihenfolge der Behandlung in der ZNA richtet sich nicht nach der Reihenfolge der Anmeldung, sondern nach der Dringlichkeit der Behandlung“, sagt Richard Bornkessel, „.die Dringlichkeit der Versorgung wird für jeden einzelnen Patienten individuell festgestellt. Dringend behandlungsbedürftige Menschen werden in der ZNA immer zuerst versorgt“. Das Klinikum richtet sich an die Vorgaben der sogenannten „Manchester Triage“ mit unterschiedlichen Sichtungskategorien von „sofort“ (0 Minuten Wartezeit) über „sehr dringend“ (10 Minuten) und „dringend“ (30 Minuten) bishin zu „normal“ (90 Minuten) und „nicht dringend“ (120 Minuten).

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Ärztlich geleitet wird die Klinik für Notfallmedizin geleitet von Dr. Kevin Pilarczyk als Chefarzt sowie Christoph Garritzmann als Sektionsleiter. Unterstützt werden die beiden durch ein Team bestehend aus vier Notfallmedizinern in Oberarztfunktion sowie Assistenzärzten aller Fachabteilungen des Klinikums. „Zudem kann jederzeit ein Facharzt aller notfallversorgenden Kliniken hinzugezogen werden“, sagt Richard Bornkeßel. Hinzu käme ein Kernteam aus über 50 Pflegekräften, Notfallsanitätern, Medizinischen Fachangestellten, Physician Assistants und weiteren Berufsgruppen. „Entsprechend der ungleichen Verteilung des Patientenaufkommens über den Tag verteilt ist die Personalstärke angepasst“, so das Klinikum. Außergewöhnliche Spitzen können dann aber auch zu Engpässen und ungewollten Wartezeiten führen.

Stephan Pflüger, Leiter der Zentralen Notaufnahme, erklärt einen Behandlungsablauf.
Stephan Pflüger, Leiter der Zentralen Notaufnahme, erklärt einen Behandlungsablauf. © WP | Wolfgang Becker

Dass die Personaldecke maßgeblich im Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit der Zentralen Notaufnahme steht, weiß auch das Klinikum Hochsauerland. „Aufgrund der außerordentlich stark und deutlich stärker als erwartet gestiegenen Patientenzahl in der ZNA besteht eine zentrale Herausforderung darin, das Team nochmals zu verstärken“, sagt Richard Bornkessel. Es sei nötig, eine „weitere Stabilisierung des Personalaufbaus“ und „eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Prozesse“ zu erreichen, um die hohe Anzahl von Patienten „qualitativ auf einem hohen Niveau und in adäquater Zeit“ zu versorgen.

Patientenströme verteilen

Ein Schlüssel ist aber auch die richtige Verteilung der Patientenströme. Hier beklagte Dr. Hans-Heiner Decker, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Bezirk Arnsberg, dass hier noch Optimierungsbedarf festzustellen sei und Patienten in der ZNA warten würden, die eigentlich besser direkt in die Nachbarschaft in der KV-Notfallpraxis am Karolinenhospital kommen sollten. Das unterstreicht auch das Klinikum: „Auch Patientinnen und Patienten können zur Reduzierung der Wartezeiten beitragen und bei leichteren Beschwerden konsequent die ambulanten Versorgungsangebote der Haus- und Fachärzte sowie des ärztlichen Bereitschaftsdienstes nutzen“, sagt Richard Bornkessel. Eine entsprechende Beschilderung soll zeitnah optimiert werden.

„Wenn medizinisch vertretbar und sinnvoll werden die Patienten natürlich an den kassenärztlichen Dienst verwiesen“, betont das Klinikum und reagiert damit auch auf die Kritik des KV-Bezirkssprechers. Der hatte genau das zuletzt in Frage gestellt. Dem widerspricht das Klinikum: Patienten, die aufgrund der beschriebenen Beschwerden auch in der KV-Notdienstpraxis oder vom niedergelassenen Haus- oder Facharzt behandelt werden können, würden, sofern möglich, dorthin weitergeleitet. „Lebensbedrohlich und sehr schwer erkrankte oder verletzte Patienten müssen sofort behandelt werden“, so Richard Bornkessel. Bei hoher Dringlichkeit würden die Patienten sofort in einen Untersuchungs- und Behandlungsraum gebracht, bei niedrigeren Dringlichkeitsstufen, in denen aber dennoch eine Versorgung in der ZNA angezeigt ist, „werden die Patienten unter Umständen gebeten noch im Warteraum Platz zu nehmen.“

Der Eingangsbereich des Notfallzentrums und der Zentralen Notaufnahme.
Der Eingangsbereich des Notfallzentrums und der Zentralen Notaufnahme. © WP | Klinikum Hochsauerland