Hüsten. Das neue Krankenhaus wird am Freitag feierlich eröffnet. Wir öffnen vorab Türen und zeigen die modernen Räume.
Noch wird im neuen Notfall- und Intensivmedizinzentrum des Klinikums Hochsauerland am Standort Karolinenhospital kein Patient behandelt. In der Zentralen Notaufnahme (ZNA) und ihren verschiedensten Behandlungsräumen herrscht aber bereits reger Betrieb. Der Ernstfall wird simuliert. „Gerade in notfallmedizinischen Prozessen ist es wichtig, dass alle Hand in Hand arbeiten“, erklärt Stephan Pflüger. Er ist pflegerischer Leiter der neuen Notaufnahme.
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In dieser Funktion bereitet er sich seit Monaten auf die Eröffnung des Notfallzentrums vor. Drei Tage lang finden in mehreren Gruppen Team-Trainings in den neuen Räumen statt. Bei Schnitzeljagden lernen die Mitarbeitenden das neue Gebäude kennen, während an anderer Stelle eine fahrbare Liege mit einem „Patienten“ aus dem Bereich der Liegendanfahrt der ZNA durch den langen Flur geschoben wird. Darauf ein Schauspieler, der einen Herzinfarkt vorspielt. Jetzt muss jeder Handgriff sitzen.
„Die grundsätzlichen Vorgehensweisen sind ja nicht anders als sonst“, erklärt Klinikum-Geschäftsführer Werner Kemper beim Rundgang durch das neue Gebäude, „aber alle müssen sich auf neue Räume, Geräte und auch neu zusammengesetzte Teams einstellen“. Die Abläufe müssen eingespielt sein - daran beteiligt sind Ärzte, Pflegende und auch Rettungsdienste und Feuerwehr. Eben alle, die in einer Notaufnahme zusammenkommen, wenn es um Leben und Tod geht.
Seltene Situation
Es geht um schnelles Handeln, manchmal um Sekunden. Und genau darauf ist die neu gebaute ZNA ausgelegt. „Krankenhäuser wachsen normalerweise historisch“, erklärt Kemper, „es gibt nur wenige Krankenhäuser, die als Ganzes entstanden sind“. Mit dem Neubau bot sich dem Klinikum Hochsauerland eine einzigartige Chance: Es mussten nicht nötige Prozesse an bestehendem Raum angepasst werden, „sondern wir konnten von Beginn an prozesshaft denken“.
Heraus kam für die Zentrale Notaufnahme als Herzstück des Notfall- und Intensivzentrums ein durch und durch logischer Aufbau, der kurze Wege und multidisziplinäre Kooperation auf engem Raum bei der Notfallbehandlung ermöglicht und zugleich Bereiche dort trennt, wo sie nicht vermischt werden sollen. „Zeit rettet Leben“, weiß Kemper. Und von der soll in der neuen ZNA keine verschenkt werden.
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Da ist die Liegendanfahrt für die wohl schlimmsten Notfälle - auch mit dem Hubschrauber gebrachte Patienten kommen über diesen Eingang. Von hier geht es über eine Erstdiagnose in die nötige Fachabteilung - oder aber auch direkt in den Schockraum, wenn akute Lebensgefahr besteht. Auch zwei Räume für kardiologische Notfälle schließen sich an. „Ehe der Patient hier angekommen ist, sind unsere ärztlichen Expertenteams schon da“, verspricht Werner Kemper. Direkt in der ZNA kann Röntgentechnik oder auch ein CT genutzt werden, das 6000 Bilder pro Minute macht. Das teure Gerät ist aus dem Johannes-Hospital Neheim nach Hüsten umgezogen, war aber schon mit Blick auf das neue Notfallzentrum angeschafft worden.
Der andere Weg in die Notaufnahme erfolgt über den Haupteingang und den Empfang, oder aber über einen eigenen Eingang in einen Wartebereich. Dieser ist auch im Blick einer rund um die Uhr besetzten „Schaltzentrale“ der ZNA. Sie koordiniert die Behandlung der Notfälle.
Moderne Ausstattung
Je nach erforderlicher Therapie oder den nächsten Behandlungsschritten geht es aus der ZNA auf die Fachabteilungen, auf die Intensivstationen oder auch direkt in einen der zehn neu eingerichteten OP-Säle, die eine Ebene über der ZNA untergebracht sind. Der ganze Stolz des Klinikums ist dabei ein hochmoderner Hybrid Operationssaal, der neben der medizintechnischen OP-Ausstattung mit einer automatischen Röntgenanlage versehen ist, die bildgebende Diagnostik und Verlaufskontrolle während einer OP ermöglicht. Auch ein Saal für roboterassistierte Operationen ist hier eingerichtet.
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Der neue große Zentral-OP-Bereich soll die funktionale Basis aller operativen medizinischen Fachdisziplinen des Klinikums Hochsauerland sein, die bisher an getrennten Standorten in Arnsberg gearbeitet haben und nun nach einem Stufenplan bis in den Herbst umgezogen sein sollen. Ausnahme bleibt ein OP-Saal für Kaiserschnitte, der im Bereich des Kreißsaals im Karolinenhospital bleibt. In der „Karoline“ bleiben auch zwei Säle für ambulante Operationen.
Ebenso logisch im Aufbau ist das Intensivmedizinzentrum im 3. Obergeschoss des neuen Gebäudes. Sie wird als chefärztlich geleitete Klinik geführt, die in vier intensivmedizinische Schwerpunktbereich unterteilt wird mit je 12 bis 13 Betten. Anders als in den darüberliegenden Pflegestationen sind die „Team-Points“ hier nicht im „Glaskasten“, sondern offen und transparent. „Weil hier Kommunikation ganz schnell gehen muss“, erklärt Kemper. Die Intensivpatientenzimmer sind mit komplett deckengesteuerter Versorgungstechnik ausgestattet. Gase, Strom, Pulsatoren und Beatmung - alles ist über von der Decke kommenden schwenkbaren Versorgungsarmen verfügbar.
Bei der Medizintechnik setzt das Klinikum fast durchgehend auf den Systemhersteller Getinge. „Bei uns sind immer zwei Techniker der Firma vor Ort“, erklärt Werner Kemper. Ausfälle können Leben kosten.
Menschlichkeit bleibt im Mittelpunkt
Dass das manchmal nicht zu retten ist, gehört zum Alltag eines Krankenhauses und vor allem einer Intensivstation. Neben all der hochwertigen, speziellen und kühlen Medizintechnik wirkt da ein Zimmer im Intensivzentrum fast schon einfach. „Hier richten wir einen Verabschiedungsraum ein“, sagt Werner Kemper. Angehörige können hier den letzten Stunden eines Sterbenden beiwohnen. „Dieser Raum ist uns wichtig“, so Kemper, „im unserem Haus darf es nicht nur um Hightech gehen“.
Tatsächlich darf es sogar auch mal schön sein in einem Krankenhaus. Insbesondere der Wahlleistungsbereich im 6. Obergeschoss mit interdisziplinärer Belegung bietet Komfort mit gehobener Ausstattung, die mit guten Hotels mithalten können. Reichlich Zimmer mit Aussicht gibt es hier. Im 4. Obergeschoss sind 74 Betten - darunter sechs Betten einer Chest Pain Unit (Brustschmerzeinheit) und zehn Betten einer Stroke Unit (Schlaganfallspezialstation). Auf dieser Ebene werden Patienten der Kliniken für Kardiologie und Neurologie versorgt.
Pflegeengel Lisa Korte am Klinikum Hochsauerland>>>
Im 5. Obergeschoss sind insgesamt 76 Betten der Kliniken für Unfallchirurgie, Neurochirurgie und Orthopädie untergebracht. Auch sie können aber interdisziplinär belegt werden. „Wir setzen auf ein modernes Belegungsmanagement nach dem Chaos-Prinzip“, erklärt Werner Kemper. Eine eigene Abteilung kümmert sich um möglichst effektive Patientenströme und Bettenauslastung. „Dadurch erhoffen wir uns auch, dass wir die Häufigkeit der Abmeldung von Kliniken bei den Rettungsleitstellen deutlich reduzieren können“, betont der Klinikum-Geschäftsführer.
Noch wird es etwas mehr als eine Woche dauern, bis der erste Patient im neuen Notfall- und Intensivzentrum behandelt wird. „Mit dem Tag der Eröffnung aber fangen wir an, die Vision unserer Gesundheitsversorgung einzurichten“, sagt Werner Kemper. Nach Fertigstellung des Neubaus und seiner Ausstattung mit zusammen rund 100 Millionen Euro Investitionsvolumen beginnt die Arbeit erst richtig mit der Umsetzung eines Stufenplanes für den Umzug aller vorgesehenen Abteilungen aus den Standorten Marienhospital Arnsberg und St. Johannes Neheim. Bis dahin, so betont das Klinikum, blieben auch an allen anderen Standorten die Notfallambulanzen geöffnet.
Offizieller Festakt am Freitag
Am Freitag steigt der offizielle Festakt mit politischer Prominenz - unter anderen kommt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Am Samstag feiern über 1000 Mitarbeitende im Festzelt am Parkplatz, ehe am Sonntag alle Interessierten zum Tag der offenen Tür eingeladen sind.
„Wir aber sind noch lange nicht fertig“, sagt Werner Kemper. Für das Marienhospital gibt es Pläne für ein Integrationskrankenhaus für ausländische Pflegekräfte. Im Johannes-Hospital Neheim sollen acht Fachbereiche für Altersmedizin gebündelt werden - mit 140 Betten. „Damit beginnen wir, sobald der Platz frei wird“, so Kemper.