Hüsten. In der KV-Notfallpraxis am Karolinen-Hospitals am Klinikum Hochsauerland muss es oft schnell gehen. Ein Blick hinter die Kulissen.
Exakt 17.15 Uhr zeigt die Uhr in der KV-Notfallpraxis im Karolinen-Hospital am Klinikum Hochsauerland in Hüsten. „Ich habe heute noch nichts gegessen. Keine Zeit dazu“, gesteht Adeyemo Jerry.
Es ist der 1. November – Allerheiligen und somit Feiertag in Nordrhein-Westfalen und vielen anderen Bundesländern. Für die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung bedeutet ein solcher Feiertag „Großkampftag“, denn von 8 Uhr morgens bis 22 Uhr abends ist die Praxis an Feiertagen sowie samstags und sonntags geöffnet.
„Zwischen 9.30 Uhr und 12 Uhr war sehr viel zu tun. Einige Patienten haben über Kopf- und Bauchschmerzen geklagt, andere sind mit starke Erkältungssymptomen zu uns in die Praxis gekommen. Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch heute Nachmittag ab“, berichtet der Neheimer Mediziner Jerry.
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Seit 2018 ist Adeyemo Jerry im angrenzenden Karolinen-Hospital tätig. Gleichzeitig übernimmt er aber auch Schichten in der Notfallpraxis. Im kommenden Jahr steht die Facharztprüfung an. „Meine Arbeit aus der Klinik hilft mir sehr hier bei den Schichten in der KV-Praxis. Ich habe gelernt, mir schnell einen Überblick zu verschaffen, was für Symptome die Patientinnen und Patienten haben und was zu tun ist“, sagt Jerry.
Überbrückungslösung
Die KV-Notfallpraxis sei ohnehin nur als Überbrückungslösung angedacht. Eine tiefergehende Analyse der Erkrankung sei nicht vorgesehen. „Dafür ist der Notfalldienst auch nicht ausgestattet. Hier kann ein Verband gewechselt und eine Erkältung oder ein Mückenstich behandelt werden“, sagt Dr. Hans-Heiner Decker, Leiter der Bezirksstelle Arnsberg der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Er organisiert die Dienste in der KV-Praxis und ist dort auch selbst als praktizierender Arzt im Einsatz.
Die Aufgabe der KV-Notfallpraxis bestehe darin, die Notaufnahme des angrenzenden Notfall- und Intensivzentrums zu entlasten. „Jemand, der eine leichte Verletzung hat, muss sich nicht dort in die Notaufnahme begeben und dort möglicherweise stundenlang warten, bis er behandelt wird. Hier geht das in der Regel deutlich schneller“, betont Decker. „Wir wollen dem medizinischen Personal im Klinikum den Rücken freihalten für die wirklich schweren Fälle“, unterstreicht Decker. Dieses Ventil der Entlastung werde allerdings seitens des Klinikums noch nicht richtig benutzt.
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Dass das neue Notfall- und Intensivzentrum eine Art Sogwirkung hat, will der erfahrene Internist gar nicht bestreiten. Doch die richtige Triage sei wichtig, damit es eben zu dem Falle komme, dass ein Bereich – in diesem Fall die Notaufnahme – überlastet werde, während im anderen Bereich dann die Däumchen gedreht würden, weil niemand komme. Bei der Triage handelt es sich um die Einteilung der Patienten nach der Schwere ihrer Verletzungen.
Es gibt fünf verschiedene Kategorien, die vom medizinischen Fachpersonal auch farblich unterschieden werden. Stufe 5 ist nicht dringend und wird blau gekennzeichnet, Stufe 4 ist normal und wird grün gekennzeichnet, Stufe 3 ist dringend und wird gelb gekennzeichnet. Bei Stufe 2 handelt es sich um sehr dringende Fälle und wird orange gekennzeichnet und Stufe 1 erfordert eine sofortige Behandlung und ist rot gekennzeichnet.
Infektionserkrankungen gehörten primär in die KV-Praxis und nicht in die Notaufnahme, heißt es von der KVWL. Man könne es allgemein wohl so zusammenfassen, dass jemand, der zu Fuß kommt und auch zu Fuß wieder den Ort der Behandlung verlassen möchte, in der Regel in die Notfallpraxis gehen sollte. Jemand, der dagegen den Koffer gepackt hat und mit einem Klinikaufenthalt rechnet, in die Notfallaufnahme gehöre, fasst man bei der KVWL vereinfacht zusammen.
Entlastung der Hausärzte
Grundsätzlich seien die Stoßzeiten für die KV-Praxis für Erwachsene am Samstag- und Sonntagmorgen oder eben wie im Fall von Allerheiligen an den Feiertagen. Dann ist die Praxis von 8 bis 22 Uhr geöffnet. Unter der Woche betragen die Öffnungszeiten montags, dienstags und donnerstags 18 bis 22 Uhr, mittwochs und feiertags zur Entlastung der Hausärzte 13 bis 22 Uhr. „Nach 22 Uhr übernimmt die Notaufnahme dann sowieso. Außerdem gibt es ja grundsätzlich noch den Fahrdienst für bettlägerige und schwerst-gehbehinderte Patientinnen und Patienten“, so Decker.
Für Kinder gibt es noch einmal andere Zeiten. Da ist die Praxis mittwochs und freitags von 16 bis 19 Uhr sowie samstags, sonntags und feiertags von 9.30 Uhr bis 13 Uhr sowie von 16 bis 19 Uhr geöffnet. Kinderärzte aus dem gesamten Sauerland werden hier eingesetzt, um die Versorgung sicherzustellen.
Im kommenden Jahr, wenn dann die KV-Notfallpraxis in Sundern geschlossen sein soll, will man vonseiten der KVWL in der Hüstener Praxis ein Zwei-Schicht-System einführen, um die Medizinerinnen und Mediziner zu entlasten, die den Notdienst übernehmen. „Wir tragen da auch eine große Verantwortung, um die Belastung der Kolleginnen und Kolleginnen nicht zu groß werden zu lassen“, betont Hans-Heiner Decker.
Ein Arzt soll dann vormittags tätig sein, ein anderer nachmittags, so dass jeder nur sieben statt die vollen 14 Stunden behandelt. Das verringere den Stress deutlich, so Decker. Hinzu kommen die Arzthelferinnen. Pro Schicht werden mindestens drei benötigt. „Wir dürfen den Bogen nicht überspannen und Dienstfrequenzen uferlos werden lassen“, mahnt Decker.
Etwas unglücklich ist man bei der KVWL derzeit noch über die Beschilderung der Notfallpraxis am Stolte Ley in Hüsten. Hier wünscht man sich von der Klinik noch eine größere und deutlich werdende Beschilderung. Zuletzt hätten Patienten den Weg in die Praxis deshalb nicht gefunden und wären in der Notaufnahme gelandet.