Brilon. Hundebesitzerin Nicole Heitzig aus Brilon berichtet, wie schwer es am Wochenende und nachts ist, Hilfe zu bekommen. Das kann tödlich enden.

„Lienchen“ ist ein lebhafter, neugieriger Rauhaardackel, der sich tierisch über Besuch freut und das auch zum Ausdruck bringt. Jetzt kürzlich hat die dreijährige Hündin ihrer Besitzerin Nicole Heitzig aus Brilon aber ziemlich Sorgen bereitet, denn es ging dem kleinen Vierbeiner akut sehr schlecht. Am Ende ist alles gut gegangen, weil dem kranken Tier schließlich in der Tierklinik in Bielefeld geholfen wurde. Doch die Brilonerin fragt sich – und das nicht erst seit diesem Vorfall: Erreiche ich zum Beispiel nachts oder am Wochenende rechtzeitig eine Tierklinik, wenn es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall handelt?

Sorge um die kleine Rauhaardackel-Hündin

Nicole Heitzig erinnert sich: „Lienchen“ war das ganze Wochenende über schon unpässlich. Nachdem sie sich am Sonntag aber die ganze Nacht über erbrochen hatte und montags der Stuhl aus Blut bestand, hat ihr die heimische Tierarztpraxis geraten, mit ihr direkt in eine Tierklinik zu fahren. „Da der Hund praktisch alles frisst, habe ich mir wirklich Sorgen gemacht. Man weiß in so einem Fall ja nicht, ob das Tier vielleicht eine Vergiftung hat oder sogar einen Köder mit Rasierklingen gefressen hat“, berichtet Nicole Heitzig von ihrer Sorge um die Hündin.

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Weite Fahrt zur nächsten Tierklinik

Und so hat sich die Brilonerin kurzerhand auf den Weg nach Bielefeld gemacht. Fahrtstrecke von Brilon aus: Fast 90 Kilometer. In der dortigen AniCura-Klinik haben sie und ihr kleiner Vierbeiner dann schnell kompetente Hilfe bekommen. Ihr Glück: Die Aufnahme dort war kein Problem, denn die Klinik ist montags bis freitags rund um die Uhr geöffnet und bietet zusätzlich auch am Wochenende Notdienst-Zeiten an. Grundsätzlich lieber nicht vorstellen möchte sich Nicole Heitzig allerdings, dass sie eine so weite Strecke mit einem Tier fahren müsste, das um sein Leben kämpft und vielleicht vor Schmerzen schreit.

Erinnerung an einen dramatischen Fall

Die 51-jährige Brilonerin hat viel Erfahrung mit Hunden. Sie und ihr Mann, die beide aktive Jäger sind, haben drei Rauhaardackel, die sie mit zur Jagd nehmen. Noch gut erinnert sich Nicole Heitzig an einen dramatischen Fall, bei dem ein Hund eine so weite Fahrt ihrer Einschätzung nach nicht überlebt hätte. Das Ehepaar Heitzig vermietet auch Ferienhäuser und hatte vor einigen Jahren Gäste, deren Hündin typische Symptome einer Magendrehung zeigte. Nicole Heitzig erzählt: „Das Tier hatte einen dicken, aufgeblähten Bauch, versuchte vergeblich, sich zu erbrechen und konnte keinen Kot absetzen. Unsere Gäste sind mit der Hündin damals nach Lichtenau gefahren. Hätten sie damals nach Bielefeld oder noch weiter fahren müssen, wäre es für das Tier sicherlich zu spät gewesen. Und ich weiß, dass eine Magendrehung gar nicht so selten ist.“

„Kliniksterben in NRW“

Dr. Christiane Klemt, Kreisstellenvorsitzende der Tierärztekammer Westfalen-Lippe, bestätigt auf Anfrage der WP, dass es inzwischen im gesamten Kammerbezirk nur noch eine Tierklinik in Recklinghausen gibt, die an sieben Tagen pro Wochen einen 24-Stunden-Dienst anbietet. Zum Vergleich: 2017 gab es im Kammerbezirk noch zwölf Tierärztliche Kliniken für Kleintiere. Dr. Christiane Klemt erklärt dazu: „In NRW hat es in den vergangenen Jahren ein Kliniksterben gegeben. Viele Kliniken haben ihren Klinikstatus abgegeben, weil sie die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllen können.“

Tierärztlicher Notdienst im HSK

Im HSK gibt es zwei tierärztliche Notdienst-Ringe. Dr. Christiane Klemt berichtet, dass es im Westkreis (Arnsberg/Sundern/Neheim), wo sie selbst als Tierärztin tätig ist, schon seit Jahren einen solchen Zusammenschluss gibt. Nachdem die Tierklinik in Ahlen im Herbst 2021 ihren Notdienst eingestellt habe, wurde auch für den Ostkreis (Altkreise Brilon und Meschede) ein Notdienstring gegründet. Montags bis freitags ist er von 18 bis 22 Uhr erreichbar, am Wochenende und an Feiertagen von 8 bis 22 Uhr. Kontakt: Tel. 0171-2924604.

Teilnahme am Notdienst zurzeit noch freiwillig

Aktuell findet der Tierarzt-Notdienst in NRW auf freiwilliger Basis statt. Das heißt: Es machen nicht alle Tierärzte mit. Das soll sich jedoch bald ändern. Dr. Christiane Klemt erklärt dazu: „NRW ist bisher das einzige Bundesland, in dem die Teilnahme am tierärztlichen Notdienst bisher nicht verpflichtend war. Das soll sich nun durch die Änderung des Heilberuf-Gesetzes verbessern, aber die Durchführungsverordnung ist noch nicht da.“ Für die Ärzte im HSK bedeute das zumindest eine Arbeitserleichterung, da der tierärztliche Notdienst künftig auf mehr Schultern verteilt werden könne. Doch alle, die mit ihrem Tier zur Behandlung in eine Klinik fahren müssen, werden auch in Zukunft teilweise sehr weite Fahrten zurücklegen müssen.

Notfall-Infos Tierklinik Bielefeld

Auf der Homepage der Tierklinik Bielefeld (die über die bevorstehenden Osterfeiertage einen 24-Stunden-Notdienst anbietet), finden sich viele Information rund um das Thema Tierärztlicher Notfall. Die Klinik hat folgende Notdienst-Zeiten: Montags bis freitags 24 Stunden, samstags 18 Uhr bis sonntags 6 Uhr. Zu Ostern, das heißt von Karfreitag, 29. März 2024, bis einschließlich Ostermontag, 1. April, wird ein 24-Stunden-Notdienst angeboten. Auf der Internetseite finden sich neben den aktuellen Öffnungszeiten auch Erste-Hilfe-Maßnahmen und Tipps für den Transport von tierischen Notfallpatienten: www.tierklinik-bielefeld.de/notfall-infos.