Winterberg. Das St. Franziskus stellt die Kurzzeitpflege ein. Die Stadt ist „sehr überrascht“ und warnt vor einer Pflegelücke. Die Folgen seien schwerwiegend:

Die Nachricht erwischte die Stadt Winterberg aus heiterem Himmel: Das St. Franziskus-Hospital wird bereits Anfang August die Kurzzeitpflege komplett einstellen. Dies teilte das Krankenhaus in einer Pressemitteilung mit. Somit könne man, laut Krankenhaus, die Möglichkeiten zur stationären Aufnahme geriatrischer Patienten ausweiten. Seit dem Sommer 2021 habe man das Leistungsangebot des St. Franziskus-Hospitals in Winterberg kontinuierlich gestärkt und um weitere Schwerpunkte, wie zum Beispiel die Geriatrie und die Neurologie, ergänzt. „Die gute Resonanz auf diese Erweiterung der medizinischen Angebote spiegelt sich schon seit längerem in deutlich gestiegenen Belegungszahlen in allen medizinischen Fachbereichen wider“, heißt es in der Verlautbarung.

Dennis Figlus, Geschäftsführer des Winterberger St.-Franziskus-Hospitals, trägt die Entscheidung mit.
Dennis Figlus, Geschäftsführer des Winterberger St.-Franziskus-Hospitals, trägt die Entscheidung mit. © Krankenhaus Winterberg

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Kurzzeitpflege ist nicht zwingend im Krankenhaus zu erbringen

Im Zuge dessen sei auch der Bedarf an weiteren, stationären Betten gestiegen. Durch „umfangreiche Investitionen“ solle nun durch den Umbau der bisher als Kurzzeitpflege genutzten, aber nur „wenig frequentierten Räumlichkeiten“ der neun Kurzzeitpflegeplätze im ersten Schritt 15 vollstationäre Betten entstehen. Eine Erweiterung in einem zweiten Schritt sei geplant. Angedacht ist, dass hauptsächlich der gestiegene Bedarf zur stationären Aufnahme von altersmedizinischen Patienten abgedeckt werden könne. Man habe sich entscheiden müssen, wie man der Nachfrageänderung so begegnen könne, dass diese zusätzlichen Anforderungen trotz der allgemein bekannten wirtschaftlichen Zwänge im Gesundheitswesen erfüllt werden könnten, sagt Geschäftsführer Dennis Figlus. Außerdem sei nach seiner Aussage der räumliche und bauliche Bedarf zu befriedigen.

„Bei dieser Abwägung haben wir uns entschieden, der räumlichen Ausweitung der stationären Versorgung den Vorzug vor der bisherigen Kurzzeitpflege, die nicht zwingend im Krankenhaus zu erbringen ist, zu geben. Die Planungen zur Umsetzung werden bereits umgesetzt, die Kurzzeitpflege wird zum 1. August das Angebot einstellen. Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen“, so Figlus. Schließlich sei in der Region um Winterberg der Bedarf an Kurzzeitpflegeplätzen, wie auch in anderen Orten, gleichbleibend hoch. Das Krankenhaus unterstütze daher parallel die Suche nach einem anderen geeigneten Standort, auch wenn dies nicht zum eigenen „Kern-Versorgungsauftrag“ zähle.

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Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kurzzeitpflege würden in der Zeit des Umbaus in den stationären Bereichen des Krankenhauses eingesetzt und bei Bedarf auch weiter qualifiziert, um anschließend wieder gemeinsam im neuen Stationsbereich die Patientinnen und Patienten zu betreuen.

Der geschäftsführende Gesellschafter von Accu Meda Management stand dem Rat der Stadt Winterberg im vergangenen Februar zum Thema Krankenhaus Rede und Antwort. Dort war noch keine Rede von einem schnellen Aus der Kurzzeitpflege.
Der geschäftsführende Gesellschafter von Accu Meda Management stand dem Rat der Stadt Winterberg im vergangenen Februar zum Thema Krankenhaus Rede und Antwort. Dort war noch keine Rede von einem schnellen Aus der Kurzzeitpflege. © Benedikt Schülter

Große Probleme für Angehörige

“Wir reagieren mit dieser Maßnahme auf die geänderten Anforderungen und sind bereit, mit Investitionsmitteln und Know-how die medizinische Versorgung in Winterberg seit unserer Übernahme vor rund eineinhalb Jahren sowie das medizinische Leistungsangebot des Hauses nicht nur für die älteren Menschen in der Region weiter zu verbessern,” fügt Elmar Willebrand, ebenfalls Geschäftsführer der Klinik, hinzu.

Die Stadt Winterberg hatte mit dieser Entscheidung nicht gerechnet, erklärt Stadtsprecherin Rabea Kappen. Man sei am vergangenen Dienstagabend am Rande eines Gespräches, wo es um die gynäkologische Versorgung im Stadtgebiet ging, vom St. Franziskus-Hospitals-Geschäftsführer Figlus darüber informiert worden, dass es möglicherweise zu einer Umstrukturierung beim Thema Kurzzeitpflege kommen könnte, aber noch keine abschließende Entscheidung gefallen sei. „Gestern waren wir dann doch sehr überrascht, als wir aus der Pressemitteilung des St. Franziskus-Hospitals erfahren haben, dass die Kurzzeitpflege zum 1. August geschlossen wird“, so Kappen. Die Schließung werde eine große Lücke im Bereich der pflegerischen Versorgung reißen und gerade die pflegenden Angehörigen vor große Probleme stellen, die kurzfristig und temporär einen Pflegeplatz für ihre Angehörigen benötigen.

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Sorge vieler Menschen

Viele Menschen würden nun zurecht besorgt sein und sich die Frage stellen, wer sich um die zu pflegenden Angehörigen kümmere, wenn sie selber mal ausfallen oder eine Auszeit aus verschiedensten Gründen benötigen. „Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie wichtig wohnortnahe Kurzzeitpflegeplätze sind. Wir werden daher nun alle Pflegeeinrichtungen und das Krankenhaus einladen, um zu prüfen, ob es Lösungen im Sinne der betroffenen Pflegebedürftigen und auch derer Angehörigen geben kann,“ so Bürgermeister Michael Beckmann.

Der 1. Vorsitzende des Seniorenbeirates der Stadt Winterberg, Walter Hoffmann, schließt sich der Kritik an: „Die Entscheidung der Geschäftsführung vom St. Franziskus-Hospital ist sehr bedauerlich, weil Kurzzeitpflegeplätze nicht nur in der Region Winterberg, sondern im gesamten Hochsauerlandkreis fehlen. Das Ende zum stellt viele Menschen vor große Probleme.“

In der Kurzzeitpflege würden Menschen für einen befristeten Zeitraum wohnen, etwa in Krisensituationen, nach einem Krankenhausaufenthalt oder wenn pflegende Angehörige in den Urlaub fahren. Die geriatrische Medizin versorge stattdessen Patientinnen und Patienten, die meist unter alterstypischen Erkrankungen, auch Mehrfacherkrankungen leiden würden. „Diese beiden Angebote sind nicht vergleichbar! Die Suche nach einem anderen Standort muss gemeinsam mit der Politik sofort starten. Die Kurzzeitpflege gehört mit zum Kern-Versorgungsauftrag in einer Stadt“, fordert der Vorsitzende.