Marsberg/Helminghausen. Dramatische Szenen spielen sich an der Talsperre bei Marsberg ab: Immer wieder stürzen Tiere in den Tod. Naturschützer erheben schwere Vorwürfe:

Dass er diesen Unfall überlebt hat, grenzt an ein Wunder: Fast 40 Meter ist ein Biber an der Diemeltalsperre im Marsberger Ortsteil Helminghausen in die Tiefe gestürzt. Die Streife der Polizei Marsberg, die am späten Nachmittag des 23. Februar von einem Spaziergänger kontaktiert und zum Fundort gerufen wurde, reagierte schnell: „Der Biber lebte, war aber augenscheinlich schwer verletzt“, berichtet Sprecher Volker Stracke von der Kreispolizeibehörde HSK. Die Kollegen bargen den Biber und nahmen Kontakt zum Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) auf. Dieser empfahl, das Tier zu einer Wildtierstation zu bringen, weshalb der Biber zur Auffangstation Essenthoer Mühle e.V. gebracht wurde. Dort wurde er umgehend tierärztlich untersucht und behandelt, seine Verfassung war lebensbedrohlich: „Sein Zustand hat sich durch aufwendige Pflegemaßnahmen über das Wochenende deutlich verbessert, ist aber noch immer kritisch“, schildert Mitarbeiterin Anna Reichel. Es bestehe eine Chance, dass er vollständig genesen wird. „Dies wird allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen.“

Immer wieder stürzen Biber von der Sperrmauer in den Tod: Art gilt als streng geschützt

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Der schwer verletzte Biber wurde von der Polizei zur Wildtierstation Essentho gebracht. Dort wird er medizinisch versorgt und gepflegt.
Der schwer verletzte Biber wurde von der Polizei zur Wildtierstation Essentho gebracht. Dort wird er medizinisch versorgt und gepflegt. © Polizei HSK

Dass Biber von der Diemeltalsperre in den Tod stürzen, ist leider keine Seltenheit. Seit der ersten Sichtung der Tiere am Diemelsee im Jahr 2013 wurden immer wieder tote Tiere am Fuß der Talsperre gefunden. Nach Auskunft der Artenschutz-Behörde HSK sind dort allein in den vergangenen fünf Jahren fünf Biber verunglückt. „Dass die Tiere an der Sperrmauer abstürzen, kommt leider im Schnitt alle zwei Jahre vor“, erklärt Experte Peter Knobloch. Der zertifizierte Natur- und Landschaftsführer für die Region Diemelsee beobachtet die Entwicklung der Biber nun schon seit einer ganzen Weile. Gefährdet seien die Tiere immer dann, wenn der Stausee besonders viel Wasser führt: „So etwas passiert immer bei Vollstau im Diemelsee. Die Biber wollen dann instinktiv ihr Revier erweitern und schwimmen dabei bis an die Talsperre. Dort stürzen sie dann ab bei dem Versuch, das Hindernis zu überwinden. In der Regel überleben sie das nicht.“

Wie durch ein Wunder hat der Biber den 40-Meter-Sturz auf den Asphalt überlebt. Er ist jedoch schwer verletzt und wird veterinärmedizinisch betreut.
Wie durch ein Wunder hat der Biber den 40-Meter-Sturz auf den Asphalt überlebt. Er ist jedoch schwer verletzt und wird veterinärmedizinisch betreut. © POlizei HSK | Polizei HSK

Die Biberart, die sich nach Schätzungen des Hochsauerlandkreises mit sechs Paaren am Diemelsee angesiedelt hat, gilt als streng geschützt. Der Umstand, dass immer wieder Tiere an der Sperrmauer abstürzen, sorgt vor allem bei Natur- und Tierschützern für Empörung. „Die Betreiber der Diemeltalsperre haben bislang nichts zum Schutz der Tiere unternommen“, so HerbertBartetzko, Vorstand der BUND Kreisgruppe HSK. „Darum muss sich die Naturschutzbehörde kümmern, dass Sicherheitsmaßnahmen für die Biber an der Sperrmauer ergriffen werden. Die Fachverbände müssen da tätig werden.“ Die Biberbestände am Diemelsee zu fördern, sei sehr wichtig, um die in Deutschland nahezu ausgestorbene Tierart zu erhalten. „Der Schutz dieser Tiere ist ein Thema, wo man sagen muss: Das ist keine Kleinigkeit, das ist für den Arten- und Naturschutz sehr wichtig.“

Hochsauerlandkreis sieht Schutzbedarf: Umsetzung gestaltet sich als schwierig

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Der Schutzbedarf der Biber ist auch dem Hochsauerlandkreis bewusst, wie Pressesprecher Martin Reuther mitteilt: „Der Hochsauerlandkreis steht in einem intensiven Kontakt mit dem Eigentümer und dem Betreiber der Talsperre. Diese wurden bereits in der Vergangenheit auf die artenschutzrechtliche Relevanz hingewiesen und sind selbst an dem Wohlergehen der Tiere interessiert. Es hat diverse Treffen bezüglich der Ergreifung von artenschutzrechtlichen Maßnahmen gegeben.“ Es sei jedoch schwierig, dem Betreiber der Talsperre Maßnahmen aufzuerlegen, da diese technisch umsetzbar sein müssen. Gleichzeitig müsse der Notüberlauf der Talsperre im Notfall gewährleistet sein. „Das Problem ist in dieser Form in Deutschland einzigartig.“ Naturführer Peter Knobloch erläutert das Problem: Netze oder Gitter zum Schutz der Biber an den Überläufen anzubringen, sei deshalb problematisch, weil sich dort auch Treibgut ansammeln und die Überläufe verstopfen könne. Der Schutz der Tiere an der Talsperre stellt den Hochsauerlandkreis nach Martin Reuther vor eine große Herausforderung: „Das Sterben der Biber macht die Untere Naturschutzbehörde, aber auch die Betreiber und den Eigentümer der Talsperre jedes Mal sehr betroffen. Es handelt sich nicht nur um streng geschützte Tiere, sondern insgesamt um Lebewesen, deren Tod es zu vermeiden gilt. Leider gibt es in diesem Fall keine Patentlösung zur Rettung der Biber. Dass etwas passieren muss, ist allen Beteiligten klar, die Frage ist nur, wie dies artenschutzrechtlich und technisch umsetzbar ist.“ Wie eine Lösung für das Problem gefunden werden kann, soll auch Thema in der nächsten Sitzung im Naturschutzbeirat im HSK werden. HerbertBartetzko kündigt an, dass der BUND HSK dazu einen Antrag stellen wird.

Hoffnung für den Biber: Wildtierstation sieht Überlebenschancen

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Es gibt eine Chance, dass er wieder gesund wird: Der schwer verletzte Biber wird in der Wildtierstation Essenthoer Mühle e.V. medizinisch versorgt und gepflegt.
Es gibt eine Chance, dass er wieder gesund wird: Der schwer verletzte Biber wird in der Wildtierstation Essenthoer Mühle e.V. medizinisch versorgt und gepflegt. © Anna Reichel

Der verletzte Biber, der sich nun in der Obhut der Mitarbeiter in der Wildtierstation Essenthoer Mühle befindet, wird dort gepflegt in der Hoffnung, dass er wieder vollständig genesen wird. „Ziel der Pflegestation ist es, alle gepflegten Wildtiere wieder in die Freiheit zu entlassen und somit nicht nur dem Tier-, sondern auch dem Arten- und Naturschutz zu dienen“, erklärt Anna Reichel. „Im Falle des Bibers wird das weitere Vorgehen mit der Unteren Naturschutzbehörde abgesprochen.“ Der BUND HSK lobt das besondere Engagement der Polizei bei der Rettungsaktion: „Die Polizei hat unseren Rat eingeholt und umsichtig gehandelt, statt das Tier von der Jagdaufsichtsbehörde erschießen zu lassen. So wünschen wir uns das, das ist Engagement für Tierschutz!“

Wildtierstation Essenthoer Mühle kann im Ernstfall helfen:

Wer ein verletztes Wildtier findet, kann sich an die Wildtier- und Vogelstation Essenthoer Mühle e.V. wenden. Bei der Versorgung der Tiere ist die Station auf Spenden angewiesen, ebenso auf ehrenamtliche Fahrer, die die verletzten Tiere notfalls zur Station transportieren. Wer dabei helfen möchte, kann sich direkt per Mail an die Station wenden: info@essenthoer-muehle.de

Spenden sind möglich über:

Station hilfsbedürftiger Vögel Marsberg-Essentho

Sparkasse Paderborn

IBAN DE49 4765 0130 0060 0727 17