Winterberg. Wegen der Sprachbarriere helfen in Winterberg ehrenamtlich Leute beim Übersetzen. Die Berichte der Ukrainer zeichnen schockierende Bilder.
Sie werden derzeit überall gesucht: Übersetzer. Die Ankunft der Flüchtlinge aus der Ukraine bringt auch eine Sprachbarriere mit sich, die überwunden werden muss. Das kommunale Integrationszentrum im Hochsauerlandkreis konnte sich schnell über 45 Ehrenamtliche freuen, die sich bereit erklärt haben, mit ihren Ukrainisch- und Russischkenntnissen zu helfen. In Winterbergwar für Viktoria Kromm und Olga Kautz losgelöst von der Initiative klar, dass sie den Menschen unter die Arme greifen möchten. Die Erfahrungen, die die beiden mit den Geflüchtetenmachen, hinterlassen bei ihnen unterschiedliche Spuren.
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Kromm ist gebürtige Ukrainerinund machte dort eine Ausbildung zur Krankenschwester. Sie bot schnell ihre Hilfe bei einem Pastor in Siedlinghausen an, als klar war, dass Flüchtlingeden Weg in die Region finden werden. Sie hilft mit ihrem Fachwissen dabei, Befunde zu übersetzen, damit Ärzte voll im Bilde über gesundheitliche Zustände der Leute sein können. Oder sie hilft, wenn sie bemerkt, dass sich jemand mit Hilfe einer Übersetzer-App auf dem Handy versucht in Geschäften durchzuschlagen.
Winterbergerin nimmt Eltern aus der Ukraine auf
Kromm selbst beherbergt gerade ihre Eltern, die es nach einer Woche geschafft haben, die ungarische Grenze zu erreichen, wo Kromm sie abgeholt hat. „Sie sind noch verstört. Man sieht es in ihren Gesichtern. Sie sind erschrocken und schüchtern. Wir versuchen, wenig darüber zu reden, aber es ist überall. Im Internet, im Fernsehen und wir wollen natürlich wissen, was mit unserem Land passiert. Ihre Eltern seien erleichtert, dass sie nun in Winterberg sind. Kromm ist es auch. Am ersten Tag des Kriegeserhielt sie eine Nachricht von ihnen auf ihrem Handy in der stand, dass sie bombardiert werden.
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Ihre Patentante und Cousine sind noch in der Ukrainegeblieben. Sie halten Kontakt. Jeden morgen schreiben sie sich Nachrichten. „Lebt ihr noch?“ und „Heute war es ruhig“ sind häufige Bestandteile der Unterhaltung. Für sie ist es schockierend aus der Ferne zu sehen, was in ihrer Heimat passiert. „Das kann ich nicht beschreiben. Diese Gefühle hatte ich noch nie.“ Sie sieht die einst schönen Plätze in Charkiw zerstört. Theater, Schulen, Universität, Krankenhäuser, Geburtsstation. Bilder, die sie in ihren Träumen verfolgen. Sie hofft, dass alles wieder aufgebaut wird und die Menschen in der Ukraine Schutz finden können. Sie wünscht sich Frieden.
Ukrainer in Winterberg haben Angst um ihre Zukunft
Olga Kautz arbeitet bei der Stadt Winterbergund kommt gebürtig aus Sibirien. Auch sie hilft als Übersetzerin. „Die Leute kommen ins Rathaus und ich habe mich bereit erklärt, zu übersetzen, weil ich Russisch kann. Ich gebe mein Bestes und hoffe, dass es klappt, die Sprachbarriere zu lösen.“ Viele Ukrainer können auch die russische Sprache sprechen. Derzeit geht es vor allem um die Registrierung der Daten. Wo kommen die Flüchtlinge genau her, seit wann sind sie in Deutschland? Kautz spricht mit den Leuten, fragt, was sie benötigen. „Viele haben Babys und kleine Kinder, sie möchten gerne wissen, wo man Babyprodukte kaufen kann. Es werden unendlich viele Fragen gestellt, was selbstverständlich ist, auf die man versucht eine Antwort zu geben. Viele fragen sich, was mit ihnen jetzt passiert. Ob sie hier vor Ort bleiben und wo. Was man in einem Krankheitsfall tun soll. Wo man Kleidung und Essen besorgen kann. Die Ungewissheit vor der Zukunft macht den Menschen Angst“.
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Die Sprachbarriere trage zum Gefühl der Hilflosigkeit bei. Kautz möchte die Angst nehmen und beantwortet die Fragen, damit ein Stück weit Ruhe und ein Gefühl der Sicherheit bei den Menschen einkehren kann. Man vertraut ihr die eigenen Erfahrungen an. „Sie erzählen, dass sie in der Nacht von Bombenexplosionen aufgewacht sind. Tagelang hatten sie im Bunker ausgeharrt bis sie sich getraut haben zu fliehen. Haben das gesamte Hab und Gut zurückgelassen. Jeder hat eine eigene Geschichte.“ Kautz ist schockiert von den Ereignissen und den Erfahrungsberichten. Auch, dass alte Leute nochmals mit Krieg konfrontiert werden. Sie nimmt die Informationen und Bilder im Kopf mit nach Hause. Dort kann sie sich glücklicherweise mit ihrer Familie über die Eindrücke aus den Unterhaltungen austauschen. Trotz ihres Engagements fühlt sie sich aber hilflos. „Die Situation ist erschütternd. Das sind grausame Schicksale. Die meisten haben nichts. Nicht einmal Wechselwäsche. Dass so etwas in dieser Zeit möglich ist. Es ist unbegreiflich.“
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Viele Männer und Söhne hätten die Flucht aus der Ukraine nicht angetreten. Kontakte seien bei manchen Familien abgebrochen. „Es ist herzzerreißend. Die Leute wollen eine Heimat und haben eine, die zerstört wird. Ich hoffe, dass sie hier Energie tanken und zu sich kommen können.“ Ihr gegenüber erklären einige Flüchtlinge aber auch, dass sie zurück gehen möchten, sobald der Krieg vorbei ist, um ihr Land wieder aufzubauen.