Hochsauerlandkreis. Einzelhändler müssen nun 2G-Regeln bedenken und auch strikt kontrollieren. Die Vertreter der Händler im HSK haben nur zum Teil Verständnis dafür.

Die Spitzen von Bund und Ländern haben am Donnerstag eine deutliche Verschärfung der Corona-Maßnahmen beschlossen. Die 2G-Regeln sollen bundesweit inzidenzunabhängig auch auf den Einzelhandel ausgeweitet werden. Zugang haben dann also nur noch Geimpfte und Genesene. Ausgenommen sind Geschäfte des täglichen Bedarfs. Der Zugang muss von den Geschäften kontrolliert werden. Das sorgt bei den Einzelhändlern im Hochsauerlandkreis zwar für Verständnis, aber dennoch auch für viel Ärger.

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David Wegener ist Vorsitzender des Gewerbevereins Marsberg und hat ein Schuhgeschäft in der Hauptstraße. Er hält die 2G-Regel für den Einzelhandel „für die falsche Entscheidung“, wie er auf Anfrage der WP sagt. Weil der Einzelhandel nachweislich nicht der Infektionsherd sei. Zum einen herrsche dort von Beginn der vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen an die Maskenpflicht und laut Luca-App hätten sich bisher nur ein Prozent der Erkrankten die Infektion im Einzelhandel geholt.

Neue 2G-Regeln sind nicht nachvollziehbar

Für den Lebensmittelbereich gilt die 3G-Regel. „Das ist für mich nicht nachvollziehbar“, sagt Wegener. Zumal in den Discountern oftmals eine höhere Kundenfrequenz als in einem Bekleidungs- oder Schuhgeschäft sei. Für ihn wäre es ein guter Kompromiss gewesen, wenn flächendeckend im gesamten Einzelhandel die 3G-Regel gelten würde. Das hält er auch für gut umsetzbar, seit die Tests wieder kostenlos sind und 3G auch am Arbeitsplatz gilt.

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Mit 2G rechnet er mit klaren Umsatzeinbußen von 30 bis 50 Prozent. Da müsse man nur in andere Länder schauen, die 2G oder 3G bereits eingeführt haben, sagt er: „Die Leute werden wieder online bestellen.“ Und er Fachhandel schaue in die Röhre.

Einzelhandel verliert Kunden an Internetshops

Bernadette Kimmlinger ist Teil der Fachwelt Olsberg, die den Einzelhandel in der Stadt vertritt. Sie sieht die Notwendigkeit der Maßnahmen und erklärt, dass diese sinnvoller sind als wieder einen Lockdown zu verhängen. „Aber der Einzelhandel muss es wieder ausbaden. Die Leute werden nicht begeistert sein von den Bestimmungen und stellenweise weggehen“, sagt sie. Sie glaubt auch, dass die Kunden vermehrt ins Internet abwandern werden und starke Umsatzeinbußen auf den Einzelhandel warten.

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Ihren Angaben nach ist es ohnehin schon ruhiger geworden in den Geschäften, weil die Bevölkerung gemerkt hat, wie ernst die Lage in der Coronapandemiewieder geworden ist. Für sie ist ein großer Problempunkt, dass hunderte Leute im Supermarkt sein können und Fußballstadien zum Teil gefüllt werden, während im Einzelhandel das Ansteckungsrisiko aufgrund der viel geringeren Personen im Geschäft niedriger ist. Die größte Problematik liege aber in der Kontrolle der 2G-Regelung. „Die Leute warten nicht ewig, wenn ich gerade in einer Beratung bin und vor der Türe jemand kontrolliert werden möchte. Gerade zur Weihnachtszeit haben die Leute wenig Zeit. Die Kontrollen sind fast nicht zu leisten.“ Besonders kleinere Geschäfte, wo beispielsweise nur eine Verkäuferin im Laden ist, sind von diesem Problem ihrer Meinung nach betroffen.

Kleine Einzelhändler müssen Beratungen unterbrechen

Ähnlich sieht es auch Christian Leisse, Vorsitzender des Gewerbevereins Brilon. „Wer ein größeres Geschäft hat, kann sich noch die Security vor der Türe leisten, aber kleineren fehlt dafür das Personal. Sie müssen die Angestellten von der Beratung abziehen. Das ist wieder ein sanftes Abwürgen des Einzelhandels ohne Hilfen.“ Er hörte bereits von Händlern, die vor den beschlossenen Maßnahmen probehalber mit 2G und Einlasskontrollen experimentiert hatten. Die Umsätze seien dort um bis zu 50 Prozent zurückgegangen.

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Leisse glaubt, dass die Hemmschwelle für einen Einkauf nun höher liegt. Gleichzeitig sorgen die Maßnahmen aber auch für mehr Sicherheit. „Wir haben auch bei Click & Collect gemerkt, wie schwer es ist, die Kunden in die Läden zu bekommen. Spontan einen Pulli kaufen ist dann einfach nicht mehr gegeben. Es treibt die Leute mehr ins Internet und spielt den großen Konzernen in die Karten.“

Winterberger Einzelhandel betrachtet Regelung als „überwiegend positiv“

„2G im Einzelhandel hält die „Einkaufswelt Winterberg“ grundsätzlich für vertretbar: Insgesamt müssen wir hier bei uns die Regelungen immer im touristischen Gesamtkontext betrachten, so ist es nur konsequent und hoffentlich zielführend, 2G in allen Bereichen umzusetzen“, sagt Nicole Müller vom Stadtmarketing Winterberg. Die meisten Angebote in Winterberg wie der Beherbergungs- und Freizeitbereich benötigten ja ohnehin bereits einen 2G-Nachweis.

Die Einkaufswelt betrachte die 2G-Regelungen daher überwiegend als positiv und hoffe, dass dies einen Beitrag dazu leisten kann, um die Impfquoten zu steigern und so möglichst schnell wieder eine entspanntere Lage zu erreichen. Dennoch: „Gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit kommt die allgemeine pandemiebedingte Unsicherheit erneut dem Online-Handel zugute und schadet dabei dem stationären Handel hier vor Ort. Kundenrückgänge sind dabei zu erwarten, einerseits durch den Anteil der Ungeimpften, die den stationären Handel dann nicht mehr aufsuchen dürfen“, so Müller.

Eine Kontrolle der 2G Regelungen wäre in den meisten Geschäften in Winterberg zurzeit kein großes Problem, sagt sie. Und die konsequente Kontrolle vermittle ein wichtiges Sicherheitsgefühl für viele Kunden. Die momentanen Frequenzen und die übersichtlichen, inhabergeführten Geschäftsstrukturen erlaubten einen guten Überblick über die Eingangssituation und somit sei eine Kontrolle der „G“s im Geschäftsalltag mittels CovPassCheck-App, sichergestellt. Zudem arbeite man mit der Winterberg Touristik derzeit an Überlegungen, wie diese Kontrollen auch bei höheren Frequenzen möglichst ohne Bildung von Kontroll-Warteschlangen abgewickelt werden könnten.

Gisela Riedel vom Schreibwarenladen Galeriedel kontrolliert den Impfpass vom Winterberger Hans-Georg Wahle, genannt Schorschel. Im Hintergrund arbeitet sie schon an dem neuen Corona-Schild am Eingang ihres Ladens: Denn 3G ist vorbei - seit Freitag, 3. Dezember, gilt nur noch 2G. 
Gisela Riedel vom Schreibwarenladen Galeriedel kontrolliert den Impfpass vom Winterberger Hans-Georg Wahle, genannt Schorschel. Im Hintergrund arbeitet sie schon an dem neuen Corona-Schild am Eingang ihres Ladens: Denn 3G ist vorbei - seit Freitag, 3. Dezember, gilt nur noch 2G.  © WP | Benedikt Schülter

Der Winterberger Hans-Georg Wahle, genannt Schorschel, ist an diesem Morgen der erste Kunde im kleinen Schreibwarenladen Galeriedel von Gisela Riedel in der Hauptstraße in Winterberg. Den Impfnachweis hat er dabei. Und die neue Regelung, in jedem Geschäft seinen Impfstatus nachweisen zu müssen, findet er gut. „Das war schon die richtige Entscheidung“, sagt der 70-Jährige. Dagegen macht sich Ladenbesitzerin Riedel schon ein wenig Gedanken, wie ihre Kontrollen nun bei den Kunden ankommen. Zumindest in der ersten Stunde nach Eröffnung ihres Ladens an diesem Freitagmorgen, zeigten diese sehr viel Verständnis dafür, dass es heute ein weniger länger dauern kann, sagt die Geschäftsfrau.

Sorge um Kunden, die einfach nur stöbern wollen

Gerade hat Riedel auch noch das alte Schild der 3G-Regeln in 2G-Regeln geändert und ausgedruckt. Sorgen mache sie sich aber darüber, dass ungeimpfte Kunden jetzt komplett wegbleiben. Und auch diejenigen, die etwa ihren Ausweis vergessen, könnten es sich dann ja bequem machen und beispielsweise ihre Druckerpatrone im Internet bestellen. Außerdem würden zu ihr auch viele Menschen in den Laden kommen, um einfach mal zu stöbern. Sie sei sich nicht sicher, ob das so bleibe, wenn diese sich zu erst ausweisen müssten. Trotzdem: Sie blickt positiv auf die ganze Situation. „Während des Lockdowns habe ich meine Ware an der Türe an die Kunden ausgegeben. Das hat auch gut funktioniert“, sagt sie.