Der Fall Özil macht unseren Kolumnisten nachdenklich. Für den richtigen Umgang miteinander bemüht er Bolzplatz-Erinnerungen aus der Kindheit.

Das Thema Özil wird lange nachhallen. Zu lesen sind wichtige wie weitsichtige, aber auch unsägliche und ekelerregende Artikel und Kommentare. Am Ende gibt es keine Gewinner, sondern nur Verlierer. Neben Personen, Parteien und Redaktionen verliert vor allem die Diskussionskultur dieses Landes, in der sich Bedachtsamkeit und Anstand in Fremdwörter verwandeln. In den sozialen Medien fiel immer wieder ein Satz: „Was ist bloß los mit diesem Land?“ In Anbetracht des schieren Hasses, der einer einzelnen Person entgegnet wird, ist diese Frage sicher keine übertriebene.

Die von Özil veröffentlichten Abschnitte sind – unabhängig von ihrer Bewertung – als historisch anzusehen. Denn es geht darin nicht mehr nur um ein Foto mit einem ausgewiesenen Autokraten. Der Fall Özil offenbart eine Form von Rechtspopulismus, der das Leben und die Freiheit aller in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund bedroht. Ja, was ist bloß los mit diesem Land? Auch ich frage mich das.

In meiner Kindheit kickten wir auf den Bolzplätzen in Feudingen und Saßmannshausen. Mit dabei waren auch zwei türkeistämmige Jungs, Kumpels auf dem Schulhof, bei Kindergeburtstagen stets mit von der Partie. Es hat null interessiert, woher sie oder ihre Eltern kamen, das Thema gab es einfach nicht. Wir waren einfach nur Jungs, die nach der Schule gemeinsam gegen ein Stück Leder bolzten. Es liegt auch bei den Vereinen diese großartige Einfachheit des Fußballs vorzuleben und es bei Misserfolg besser zu machen als der DFB.

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Frühere Beiträge im „Pass in die Gasse“:
# 126: Wie der Vater, so nicht der Sohn
# 118: SV Oberes Banfetal mit top Saisonstart
# 117: Ein Plädoyer für Marcel Schmelzer
# 116: Sportfreunde Edertal: Umso breiter, desto präsenter
# 115: A-Jugend-Kreisliga: Wenig Wettkampf, wenig Entwicklung

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WP-Kolumnist Heiko Rothenpieler hat kürzlich das Buch „Die Poesie des Fußballs“ veröffentlicht. Das Interview dazu gibt es hier.