Ennepetal. Nicht fit, ein Auslaufmodell, ein Chancentod – die Kritik an Ennepetals Stürmer ist ihm bekannt. Aktuell ist er aber so gut wie lange nicht mehr.

Nils Nettersheim wurde schon oft abgeschrieben. Kritiker rund um den TuS Ennepetal, Beobachter der Fußball-Oberliga oder einfach Fußballinteressierte waren schon öfter der Meinung, dass der Stürmer mit seinen aktuellen 33 Jahren ein Auslaufmodell ist. Er sei nicht fit genug, er vergebe zu viele Chancen, es sei mal an der Zeit für jüngere Spieler. „Das schmunzle ich einfach weg, in meinem Alter lasse ich das nicht mehr an mich ran“, sagt Nettersheim über die kritischen Worte, die auch ihm natürlich schon zu Ohren gekommen sind. Beim TuS Ennepetal weiß man, was man an „Nette“ hat – nicht zuletzt nach seinen drei wichtigen Toren in den vergangenen beiden Spielen.

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Es hat ein wenig gebraucht, bis Nils Nettersheim in dieser Saison so richtig in Fahrt gekommen ist. Beim 4:0-Sieg der Ennepetaler gegen den FC Eintracht Rheine platzte dann endlich der Knoten, auch wenn Nettersheim von Trainer Sebastian Westerhoff erst in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde. „Wenn der Trainer entscheidet, dass ich von der Bank kommen soll, ist das völlig ok für mich“, sagt Nettersheim. Eine Woche nach seinem Tor gegen Rheine reichte es beim 2:1-Sieg bei Türkspor Dortmund wieder für die Startelf – und prompt traf Nettersheim doppelt. „Es hätten aber vier sein müssen“, sagt er selbstkritisch.

Nettersheim hat Qualitäten, die sonst keiner beim TuS hat

Nach 235 Spielen in der Fußball-Oberliga, davon 185 für den TuS Ennepetal, weiß Nils Nettersheim genau, was er kann. Er weiß aber auch, was er nicht kann. „Die Erfahrung ist für mich ein nicht zu unterschätzender Faktor. Ich laufe zum Beispiel nicht die meisten Kilometer auf dem Feld, aber oft die richtigen“, sagt er über sich selbst. Dem stimmt auch sein Trainer Sebastian Westerhoff zu. „Er ist jetzt keiner, der zwei Verteidigern wegläuft, dafür haben wir aber aktuell auch niemanden im Kader, der so gut Bälle behaupten und mehrere Gegenspieler beschäftigen kann“, so der ehemalige Stürmer.

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46 Mal traf Nettersheim für die Ennepetaler, seitdem er 2015 vom Wuppertaler SV ins Bremenstadion wechselte. Mit dem TuS hat er schon so einiges erlebt, war genauso Tabellenschlusslicht wie auch Spitzenreiter in der Oberliga. Für einen erfahrenen Angreifer wie ihn gibt es nahezu keine Situation mehr auf dem Feld, die er nicht schon erlebt hat. Dazu gehören für einen Stürmer auch mal Phasen, in denen man nicht konstant trifft, wobei sich Nettersheim davon schon lange nicht mehr aus der Ruhe bringen lässt. „Mit seiner Spielweise ist er aber auch wichtig für uns, wenn er mal nicht trifft“, weiß Sebastian Westerhoff.

Nettersheim denkt über Karriereende nach

Wie lange Nils Nettersheim noch auf Torejagd geht, steht aktuell noch in den Sternen. „Ich will nicht dazu gezwungen werden müssen“, sagt der 33-Jährige. Bisher blieb er in seiner Karriere von größeren Verletzungen verschont, das solle auch so bleiben. Aktuell überlege er, ob diese Saison nicht sowas wie eine Abschiedstournee im Ennepetaler Trikot wird. Eine Ausnahme macht er aber doch, zumindest auf Nachfrage. „Wenn wir es in die Regionalliga schaffen würden, würde ich auch noch ein Jahr dranhängen“, sagt er. Damit befasse er sich aber nicht, schließlich ist die Saison gerade einmal sechs Spieltage alt.

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Der für viele etwas überraschend gute Saisonstart der Ennepetaler kommt für Nils Nettersheim nicht von ungefähr. „Wir sind in diesem Jahr wirklich gut besetzt“, sagt er. Das zeigte sich auch am vergangenen Wochenende in Dortmund, als die Ennepetaler mit Patrick Polk, Eric Yahkem, Cedrick Hupka und kurzfristig auch Ben Binyamin auf vier Spieler verzichten mussten, die potenzielle Startelf-Akteure sind. Und trotzdem gegen einen starken Aufsteiger bestehen konnten.

Nettersheim sieht Paralleln bei seinen Trainern

Außerdem wäre da noch sein aktueller Trainer, der ihn an einen der Trainer erinnert, unter dem Nettersheim schon beim TuS spielte. Die Parallelen zwischen den beiden befreundeten Sebastian Westerhoff und Ex-TuS-Trainer Alexander Thamm seien nicht von der Hand zu weisen, beide haben es mit ihrer Art und Weise geschafft, in Ennepetal so etwas wie Euphorie rund um das Bremenstadion zu entfachen. „Es macht sich bemerkbar, dass er selbst lange in der Liga gespielt hat. Er begegnet uns allen gegenüber auf Augenhöhe, egal ob jung oder alt“, lobt Nettersheim seinen aktuellen Trainer – und damit auch Ex-Coach Thamm. Auch der setzte immer wieder auf „Nette“, egal ob die Kritiker der Meinung waren, es besser zu wissen.