Winterberg. Für Jacqueline Pfeifer ist es die zweite WM in Winterberg. Einiges scheint identisch zu sein. Doch „Jacka“ ist nicht mehr nur „Jacka“.
Sie lacht, bevor sie auf die Frage antwortet. „Ich warte nicht nur auf den ersten Saisonsieg, sondern auch auf den ersten Podestplatz in diesem Winter“, sagt Jacqueline Pfeifer also und sortiert diese Tatsache so schnell, wie sie sonst durch den Eiskanal rast, in ihre Strategie im Vorfeld der Heim-Weltmeisterschaft in Winterberg. An diesem Donnerstag beginnen die Titelkämpfe in der Veltins-EisArena – und Pfeifer fühlt sich, als wäre die Zeit um neun Jahre zurückgedreht worden.
Pfeifer: Ihre Comeback-Saison
Damals, im März 2015, erlebt die 20-jährige Jacqueline Lölling bei der Heim-WM im Hochsauerland ihren internationalen Durchbruch. Hinter der Britin Lizzy Yarnold gewinnt die Skeleton-Pilotin der RSG Hochsauerland überraschend die Silbermedaille. „Niemand hatte Erwartungen an mich. Ich war auch dank der hinteren Startnummer vom Druck befreit“, erinnert sich „Jacka“ an die Ausgangslage vor den Titelkämpfen, für die sie sich nur qualifiziert, weil sie zuvor bei der Junioren-Weltmeisterschaft Gold holt.
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Keine Erwartungen, ohne Druck – so will die jetzt 29-Jährige aus Brachbach, die seit ihrer Hochzeit im vergangenen Sommer den Nachnamen Pfeifer trägt, auch in die zweite Heim-Weltmeisterschaft starten. „Ich lasse alles auf mich zukommen und möchte die Rennen genießen“, erzählt Pfeifer, die ihre Herangehensweise nicht nur dadurch erklärt, dass sie in dieser Saison noch auf einen Podestplatz wartet, sondern die Lockerheit auch damit begründet, dass sie es in der vergangenen sogar gar nicht dauerhaft ins deutsche Weltcup-Team geschafft habe.
Pfeifer vor Tina Hermann
Das Comeback ist geglückt. „Die Teilnahme an der Heim-WM war das große Ziel“, sagt Pfeifer. Dieses Ziel erreicht sie, indem sie sich im Ausscheidungsrennen zwei Wochen vor der WM in Winterberg hinter Susanne Kreher und vor Tina Hermann platziert. Nun bilden Kreher, Pfeifer und die vornominierte Hannah Neise vom BSC Winterberg das deutsche Trio. „Natürlich hätte Tina den WM-Start genauso verdient gehabt wie wir“, erzählt Pfeifer, „aber die Entscheidung war am Ende fair.“
Das Stechen, durch welches sie sich das WM-Ticket erst sichert, das erreichte Saisonziel „dank einer bisher grundsoliden Leistung, mit der es für einen Sieg auf Grund der großen Konkurrenz nicht gereicht hat“ – sind zwei weitere Bausteine der Strategie, möglichst ohne Druck und große Erwartungen in die Weltmeisterschaft in Winterberg zu gehen.
Pfeifer: Beeindruckende Vita
Allerdings: Wie auch immer diese sowie die vergangene Saison verlaufen sind und wie dicht die Weltspitze bei den Frauen mittlerweile niveau-mäßig zusammengerückt ist: Jacqueline Lölling im Jahr 2015 ist nicht mit Jacqueline Pfeifer im Hier und Jetzt zu vergleichen. Olympia-Silber 2018, der Weltmeister-Titel aus dem Jahr 2017 und unter anderem drei Weltcup-Gesamtsiege zieren neben vielen Rennerfolgen die beeindruckende Vita der sympathischen Brachbacherin.
Darüber hinaus mobilisieren sich die Fans aus ihrem Heimatort gerade. „Ich hoffe, die Zahl derjenigen, die aus Brachbach anreisen, wird dreistellig“, sagt Pfeifer. Laut sind die Brachbacher, enthusiastisch und hoffnungsfroh, was ihre „Jacka“ betrifft. Das ist bekannt. Zudem pflegt Pfeifer eine besondere Beziehung zum Eiskanal im Hochsauerland, den sie so gut wie keine Zweite kennt. Acht Weltcupstarts verzeichnet die Statistik. Zwei Siege, drei zweite und drei vierte Plätze stehen zu Buche.
Baude blickt aufs Eis
Erscheinen ist Pflicht: An der an diesem Mittwoch um 18.30 Uhr beginnenden WM-Eröffnungsfeier auf dem Winterberger Marktplatz nehmen auch Jacqueline Pfeifer, Hannah Neise und Co. teil. Dass sie vor dem ersten WM-Lauf am Donnerstag (10 Uhr) nicht mehr in der Veltins-EisArena trainieren können, weil dort Bob-Training ist, stört die Skeletonis nicht. „Mono- und Zweierbobs machen das Eis nicht kaputt“, sagte Cheftrainer Christian Baude. „Viererbobs wären problematischer.“
Das heißt: Wenn Jacqueline Pfeifer in Winterberg startet, fährt sie um die Plätze auf dem Siegertreppchen mit. Und nach WM-Silber 2015 vor heimischem Publikum wäre Gold die logische Steigerung? „Das wäre natürlich schön und das ist der große Traum“, antwortet Pfeifer, „aber dafür muss einiges zusammenpassen.“ Sie darf zum Beispiel ihren Startrückstand gegenüber den Sprint-Raketen nicht zu groß werden lassen. „Ich benötige vier gute Startzeiten und muss im Idealfall meine Bestzeit steigern“, erklärt Pfeifer. „Dann benötige ich vier gute Fahrten – und ein bisschen Glück. Dann ist Vieles möglich“, ergänzt sie. Der dieses Mal mit WM-Gold belohnte erste erste Platz in dieser Saison zum Beispiel. Und der hätte auch „jede Menge Spaß“ im Gepäck.