Winterberg. . Auf den letzten Drücker qualifiziert, jüngste deutsche Starterin - und doch sorgte Jacqueline Lölling bei der Skeleton-WM in Winterberg für die Sensation. Die 20-Jährige holte hinter Lizzy Yarnold die Silbermedaille und war fast sprachlos vor Glück.

Samstag, 7. März, 14.17 Uhr - das ist der Moment, den Jacqueline Lölling ihr Leben lang nicht mehr vergessen wird. Als die Kanadierin Elisabeth Vathje auf ihrem Skeleton liegend über die Ziellinie rast, dauert es einen kurzen Augenblick, ehe auf der riesigen Videowand im Zielbereich ihre Zeit aufleuchtet.

Einen kurzen Augenblick, in dem die Zuschauer ob dieses Herzschlagfinales den Atem anhalten. Die Bronzemedaille ist Lölling bereits sicher - eine Überraschung! Doch als Vathjes Zeit rot unterlegt angezeigt wird, reißt nicht nur die 20-jährige Pilotin der RSG Hochsauerland jubelnd beide Zeigefinger in die Höhe, zudem braust ein irrer Jubelsturm über das Gelände der Bobbahn in Winterberg.

Der Vorsprung der späteren Weltmeisterin Lizzy Yarnold ist zu groß, als dass die Britin WM-Gold noch verlieren könnte. Deshalb steht mit Vathjes Zielankunft fest: Jacqueline Lölling gewinnt bei ihrer Heim-WM Silber - und das ist eine Sensation.

Lölling ist die jüngste Athletin im deutschen Team

Sie, die jüngste Athletin in der deutschen Mannschaft, die am Start schwächelt und noch nie im Weltcup startete, sorgt ein Jahr nach der Medaillen-Pleite bei den Olympischen Spielen in Sotschi für ein schwarz-rot-goldenes Skeleton-Märchen im Hochsauerland. 67 Hundertstel Rückstand weist Lölling auf Yarnold auf, die den Titelgewinn nach vier Läufen mit einer Gesamtzeit von 3:49:95 Minuten schafft.

Silber im Skeleton für Jacqueline Lölling

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„Das ist ein Jahrhundert-Erfolg für die RSG“, sagt Wolfram Schweizer, der nicht nur Chef-Mechaniker der Deutschen, sondern auch Vereinsvorsitzender des Klubs aus Olsberg-Wiemeringhausen ist, der mit seinen rund 50 Mitgliedern einer der kleinsten in Deutschland sein dürfte. „Ich bin einfach nur - stolz auf Jacka“, sagt Schweizer.

"Jacka" stammt aus Brachbach im Siegerland

„Jacka“ das ist der Spitzname der jungen Athletin, die aus Brachbach im Siegerland stammt. Und die Brachbacher, sie ließen ihren Star an der Kappe nicht im Stich.

Gut 300 Fans waren mit Bussen nach Winterberg gekommen, um Lölling zu unterstützen. Erst feuerten sie die zweifache Junioren-Weltmeisterin und amtierende Deutsche Meisterin am Start an, nach der Entscheidung verwandelten sie die Zielarena in ein Tollhaus.

„Ihr seid einfach spitze. Ich danke euch“, ruft Lölling in das Mikrofon des Bahn-Moderators Paul Senske, ehe sie in eine Deutschland-Fahne eingehüllt im Fan-Pulk verschwindet.

Zuerst fällt Jacqueline Lölling ihrer Mama vor Freude um den Hals 

Stets in der Nähe der Vize-Weltmeisterin, die sich ihren Startplatz erst durch die Titelverteidigung bei der Junioren-WM auf den letzten Drücker sicherte, sind ihre Eltern. Auch nach der abschließenden Fahrt zur Medaille fiel Lölling, die in zwei Wochen ihre Ausbildung bei der Bundespolizei beginnt, zuerst ihrer Mama um den Hals. Später steht die 20-Jährige minutenlang in inniger Umarmung mit Sandra Kiriasis im Zielbereich.

Vizeweltmeisterin kriegt kein Wort mehr heraus

„Ich kriege kein Wort mehr heraus, ich bin total verheult“, sagt die 40-jährige erfolgreichste Bob-Pilotin der Welt anschließend gerührt. Wie Lölling gehörte Kiriasis einst der RSG Hochsauerland an, wie Lölling trainierte sie unter Bernhard Lehmann. „Sandra will immer auf dem Laufenden gehalten werden“, sagt Lölling, „und sie spricht mir immer Mut zu.“

Siegerehrung mit Vizeweltmeisterin Jacqueline Lölling

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Während um sie herum viele Tränen fließen, auch weil Skeleton-Legende Anja Huber-Selbach mit dem abschließenden WM-Lauf ihre Karriere beendet, bewahrt Lölling (meistens) die Fassung. „Ich bin zu überwältigt. Ich habe noch gar nicht realisiert, was ich erreicht habe“, erklärt die zweitjüngste Medaillengewinnerin der WM-Historie. Mit einer Spitzengeschwindigkeit von fast 131 km/h raste sie durch ihre Heimbahn und kompensierte durch fahrerisches Können ihre schwachen Startzeiten.

Jacqueline Lölling "kann auch die Sau raus lassen"

Wirkt Lölling unmittelbar nach dem Triumph zwar vom Glück beseelt, aber fast zu wenig euphorisch, kündigt sie für den Abend eine riesige Sause an. „Die Party ist zwar in erster Linie eine Abschiedsparty für Anja“, sagt sie, „aber ich kann auch die Sau rauslassen.“