Lillehammer/Winterberg. Hannah Neise gewann den Skeleton-Weltcup in Lillehammer. Sie beglich eine alte Rechnung und stürzte Cheftrainer Baude ins Dilemma.

Diese offene Rechnung trug Hannah Neise fast acht Jahre mit sich herum. Damals, bei den Olympischen Jugend-Winterspielen im norwegischen Lillehammer, musste sie sich als 15-jähriges Skeleton-Talent des BSC Winterberg mit der Silbermedaille zufrieden geben. Seitdem passierte viel. Neise gewann unter anderem Olympia-Gold in China – und beglich nun mit dem Weltcupsieg in Lillehammer ihre noch offene Rechnung. Zudem vergrößerte sie das Dilemma, in dem sich Chef-Bundestrainer Christian Baude befindet.

Hannah Neise: Zweiter Weltcupsieg

Durch einen starken zweiten Durchgang sprang die BSC-Pilotin nach dem dritten Platz im ersten Durchgang im Endklassement noch vor die US-Amerikanerin Mystique Ro (+0,05) und die Gesamtweltcup-Führende Kimberley Bos (Niederlande/+0,06). Neise feierte damit ihren erst zweiten Sieg im Weltcup. Zum ersten Mal hatte sie im November 2022 im kanadischen Whistler ganz oben auf dem Siegerpodest gestanden.

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„Es war das erste Rennen hier in Lillehammer nach fast acht Jahren“, sagte die 23-Jährige nach dem Erfolg: „Es macht mir einfach Spaß, hier zu fahren. Das hat es damals auch schon gemacht.“ Gleichwohl musste sie sich bei den Youth Olympic Games der Britin Ashleigh Fay Pittaway geschlagen geben. Während deren Karriere vor den Olympischen Winterspielen 2022 endete, kommt Neises nach einer kleinen Ergebnis-Durststrecke mit dem Sieg wieder mächtig in Schwung.

Nur Neise kam infrage

„Ich habe meine Form wieder zurückgefunden“, sagte die Schmallenbergerin, die mittlerweile in Bad Endorf beheimatet ist. „In den letzten Rennen fiel es mir schwer, den Schlitten einfach laufen zu lassen, auch wenn mal etwas schief ging. Das habe ich heute wirklich gut geschafft“, erklärte sie. Und Cheftrainer Christian Baude ergänzte: „Nach den Eindrücken der Trainingswoche kam nur Hannah für den Sieg infrage. Wir müssen bei den Frauen auf unsere Endgeschwindigkeit setzen, weil wir am Start einfach noch zu weit weg sind.“

Ich wollte längst nominiert oder wenigstens im Kopf schon die Entscheidung getroffen haben. Aber ich kann es nicht.
Christian Baude, Cheftrainer

Mit 5.28 Sekunden und 5.23 Sekunden bewegte sich auch Neise im letzten Drittel der Startzeiten, allerdings leistete sie sich in der Bahn keine nennenswerten Fehler. Jacqueline Pfeifer, geborene Lölling, präsentierte ebenso wie Tina Hermann ein ähnliches Startniveau. Beide mussten sich im Endeffekt aber mit den Plätzen neun (+0.41) und 14 (+0.65) begnügen. Susanne Kreher als beste deutsche Starterin patzte in der Bahn und wurde 13. (+0.59).

Erstes Weltcup-Podium

Christopher Grotheer gewann in Lillehammer mit 0,08 Sekunden Vorsprung das Rennen der Männer vor Axel Jungk. Felix Seibel (+0.10/BRC Hallenberg) feierte als Dritter seinen ersten Podestplatz im Weltcup. Felix Keisinger komplettierte als Fünfter das sehr gute deutsche Mannschaftsergebnis. „Ich habe einfach gebetet, dass ich cool bleibe“, sagte Seibel. „Das ist brutal stark, ich glaube nicht, dass wir die Plätze eins, zwei und drei bei den Männern im Weltcup schon mal belegt haben“, sagte Cheftrainer Christian Baude.

„Jacka ist die gesamte Woche gut gefahren, kam aber nie auf den Top-Speed. Sie ist in einer sehr guten Form. Ich weiß auch nicht genau, woran es gelegen hat“, sagte Baude. Für ihn offenbart sich mehr und mehr eine andere Schwierigkeit ob des aufgrund der geringen Zeitabstände ausgeglichenen Niveaus innerhalb der Frauenmannschaft. Bis zur Heim-Weltmeisterschaft in Winterberg sind es nur noch wenige Wochen, und das Rennen um die WM-Tickets ist absolut eng.

Nur drei WM-Tickets für Winterberg

„Ich wollte längst nominiert oder wenigstens im Kopf schon die Entscheidung getroffen haben“, sagte Baude, „aber ich kann es nicht, weil jede Woche eine andere vorne reinfährt.“ Fakt ist: Im Weltcup stehen der deutschen Mannschaft vier Startplätze zur Verfügung, bei der Weltmeisterschaft in der Veltins-EisArena (19. Februar bis 3. März) nur drei.

Neise verbesserte ihre Lage durch den Sieg, doch das Qualifikationsdrama dürfte beim nächsten Weltcup in Sigulda/Lettland weitergehen. Besonders die amtierende Weltmeisterin Susanne Kreher steht beim Blick auf die Gesamtweltcupwertung ein wenig unter Druck, allerdings tippte Jacqueline Pfeifer bereits während der Weihnachtspause auf ein extra Ausscheidungsrennen um die WM-Plätze in Winterberg.