Stuttgart. Das EM-Viertelfinale ist das Gipfeltreffen zwischen Deutschland und Spanien. Wer setzt sich durch? Alle Positionsduelle im Überblick.
Manuel Neuer (38) gegen Unai Simon (27): Wenn es nach Marktwerten geht, ist Simon (30 Millionen Euro) deutlich wertvoller als Neuer (4 Millionen). Das liegt aber ausschließlich am Alter. Geht es nach Titeln, hat der 38 Jahre alte Neuer dem elf Jahre jüngeren Kollegen von Athletic Bilbao viel voraus. Simons größter Erfolg war der Gewinn der Nations League. Er hat bei der EM erst ein Gegentor kassiert. Aber: Neuer ist in der Dänemark-Form noch immer einer der besten Torhüter der Welt. Er kann der entscheidende Faktor sein, womöglich im Elfmeterschießen. Vorteil Deutschland.
Daniel Carvajal (32) gegen Joshua Kimmich (29): Das Duell der Titelsammler. Sechs zu eins Champions-League-Triumphe sprechen klar für Carvajal, bei nationalen Meisterschaften liegt Kimmich vor dem Spanier (8:6). Sollte Kimmich zu Manchester City wechseln, treffen sich die beiden womöglich im nächsten Champions-League-Finale wieder. Carvajal ist der Mann für die großen Spiele. Das hat Kimmich im DFB-Trikot noch nicht nachgewiesen. Vorteil Spanien.
DFB-Team gegen Spanien: Folgt Le Normand in Leverkusen auf Tah?
Jonathan Tah (28) gegen Robin Le Normand (27): Vor dem Turnier die zwei Unbekannten auf der internationalen Bühne. Zwei zweikampfstarke Innenverteidiger, die sich erst spät im Nationalteam durchgesetzt haben. Der gebürtige Franzose Le Normand, seit 2019 bei Real Sociedad, spielt nach einem Einbürgerungsantrag erst seit einem Jahr für Spanien. Kurios: Er gilt in Leverkusen als möglicher Kandidat auf die Nachfolge von Tah, sollte dieser im Sommer zum FC Bayern wechseln. Remis.
Antonio Rüdiger (31) gegen Aymeric Laporte (30): Seit einem Jahr spielt Laporte jeden Tag gegen Weltstar Cristiano Ronaldo – allerdings in Saudi Arabien bei Al-Nassr. Auch Laporte wurde in Frankreich geboren, auch er ließ sich einbürgern, um für Spanien zu spielen. Ihm gegenüber steht auf der anderen Seite mit Rüdiger ein Spanien-Legionär, der laut Toni Kroos aber aktuell der „international beste Verteidiger“ ist. Einem Kroos widerspricht man nicht. Vorteil Deutschland.
David Raum (26) gegen Marc Cucurella (25): Vor dem Turnier hatten nur wenige damit gerechnet, dass die beiden Linksverteidiger im Laufe des Turniers in der Startelf stehen. Chelseas Cucurella hat sich gegen Leverkusens Topstar Alejandro Grimaldo durchgesetzt, der Leipziger Raum verdrängt zuletzt Maximilian Mittelstädt im DFB-Team. Raum und Cucurella treffen sich erstmals auf dem Platz. Cucurella (7) hat deutlich weniger Länderspiele als Raum (23) und auch weniger Partien in der Champions League bestritten (8:15). Trotzdem ein Punkt für beide.
DFB-Team gegen Spanien: Gündogan vs. Pedri ist Barcas Generationen-Duell
Robert Andrich (29) gegen Rodri (28): Für viele ist Manchester Citys Rodri der beste Sechser der Welt, weil er Zweikämpfe führt wie N’Golo Kante, Pässe schlägt wie Toni Kroos, das Spiel versteht wie Luka Modric und eine Klebe hat wie Steven Gerrard. Kurzum: Der Guardiola-Schüler hat seine Position revolutioniert. Andrich hingegen ist im deutschen Spiel für das Grobe verantwortlich, damit sich die Kreativität seiner Vorderleute entfalten kann. Damit tut er der DFB-Elf zwar gut, doch der Vorteil liegt klar bei Spanien.
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Ilkay Gündogan (33) gegen Pedri (21): Das Duell zwischen Barcelonas Gegenwart und Zukunft, wobei Pedri schon beides vereint. Bereits als Teenager verzückte er die Furia Roja, ist nun ihr Denker und Lenker. Gündogan will Deutschlands Bessermacher sein. Der Respekt vor Champions-League-Sieger Gündogan ist groß: „Einen Spieler den ich für Spanien einbürgern würde? Ich würde sagen Gündogan“, hatte Pedri vor einigen Tagen gesagt. Ausgeglichen.
Toni Kroos (34) gegen Fabian (28): Auf seine Vorbilder angesprochen, nennt Fabian natürlich Xavi und Iniesta, die beiden Koryphäen der spanischen Welt- und Europameister-Mannschaft. Der Fußball hat sich seitdem weiterentwickelt, und eine Beobachtung daraus ist, dass die spanischen Mittelfeldstars inzwischen das Beste von beiden vereinen. So auch Fabian, der Stratege von Paris Saint-Germain, der sich bei der SSC Neapel in den Fokus der Nationalelf spielte. Gegen die erhabene Passmaschine Kroos zieht er aber den Kürzeren. Vorteil Deutschland.
DFB-Team gegen Spanien: Nico Williams ist das, was Leroy Sané mal war
Leroy Sané (28) gegen Nico Williams (21): Ein aufregender Dribbler, der nach innen zieht und Verteidigern Knoten in die Beine spielt: Der junge Nico Williams aus Bilbao ist das, was Leroy Sané mal war. Schon jetzt ist Williams die Sensation dieser EM, Sané hingegen hadert mit seiner Form. Nicht falsch verstehen: Was Williams kann, kann der Münchener ebenso, er bringt es derzeit allerdings nur in ausgewählten Momenten auf den Rasen. Vielleicht platzt der Knoten im großen Duell. Dennoch: Vorteil Spanien.
Jamal Musiala (21) gegen Lamine Yamal (16): Es gibt nichts, was Musiala und Yamal mit dem Ball nicht anstellen könnten. Sie gehören zu den Spielern, für die Menschen viele Euros auf den Tisch legen, um sie im Stadion bestaunen zu dürfen. Vermutlich noch viele Jahre lang, sie sind ja blutjung. Für Musiala spricht am Freitag aber noch die Erfahrung. Die EM ist bereits sein drittes Turnier. Vorteil Deutschland.
Kai Havertz (25) gegen Alvaro Morata (31): Vermutlich hätte es Morata in Deutschland leichter als in Spanien. Der Kapitän ist ein Neuner, wie er hierzulande verehrt wird. In seiner Heimat jedoch fehlte dem Atlético-Profi die Wertschätzung. Und Havertz? Der verbessert das deutsche Kombinationsspiel erheblich, doch im Sechzehner fehlt ihm Moratas Kaltschnäuzigkeit. Ausgeglichen.
In den direkten Duellen setzen sich die Deutschen also knapp durch. 7:6 – ein Ergebnis, das nach Elfmeterschießen klingt.