München. Die beiden Dortmunder Niclas Füllkrug und Emre Can machen beim EM-Auftakt auf sich aufmerksam. Beide empfehlen sich für mehr Minuten.
Niclas Füllkrug stand wie ein Dirigent an der Werbebande das Münchener Stadions, doch Instrumente sollten nicht nach seinem Takt spielen. Der 31-Jährige steuerte mit Handbewegungen die Fans, die Richtung Spielfeld zu ihren Idolen kommen wollten. Fülkrug bat sie darum, eine Gasse zu bilden – um durch die Menge endlich Tochter Emilia in Empfang nehmen zu können.
„Meine Kleine, die ist schon in einem Alter, wo sie das alles schon so ein bisschen versteht“, sagte Füllkrug später. „Für sie ist immer ganz, ganz wichtig, dass wir gewinnen. Sonst ist sie traurig.“
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An diesem Freitagabend, nach diesem fulminaten Auftaktsieg über Schottland (5:1) hatte sie keinen Grund dazu, enttäuscht zu sein. Erst wurde sie erst über den Rasen getragen, dann saß sie auf Füllkrugs Schultern und strahlte mit ihrem Papa um die Wette. „Es war ein kleiner Moment für uns, wo wir uns Bilder geschaffen haben, die für immer bleiben“, freute sich der Dortmunder.
BVB-Profi Niclas Füllkrug überzeugt im DFB-Team als Joker
Der Angreifer hatte vorher auch Anteil daran, dass der Start in die Heim-Europameisterschaft wie aus dem Sommermärchen-Buch gelungen ist. Anders als im Klub ist Füllkrug beim DFB-Team in der Rolle des Jokers – und dennoch von hoher Wichtigkeit. In der 63. Minute ist er für Kai Havertz eingewechselt worden, nur fünf Minuten später zappelte der Ball im Tornetz. Kapitän Ilkay Gündogan legte ab, Füllkrug schob den Ball auf seinen rechten Fuß rüber und knallte ihn in den Winkel. Gerd Müller, Deutschlands verstorbene Mittelstürmer-Ikone, dem kürzlich vor dem Stadion ein Denkmal gesetzt wurde, hätte mindestens anerkennend genickt.
„Ganz stolz“ mache Füllkrug dieses Tor, seine Quote im DFB-Dress ist weiterhin exzellent. „Ich ziehe immer gerne Vergleiche zum meinem jüngeren Ich“, sagte Füllkrug. „Wenn man dem gesagt hätte, dass man ein EM-Eröffnungsspiel in München gegen Schottland spielen darf, wären ganz glänzende Augen zu sehen gewesen.“ Obwohl sein zweiter Treffer an diesem Abend wegen hauchzarter Abseitsposition zurückgenommen worden ist, zählt Füllkrug daher zu den Gewinnern des Schottland-Auftakts. Das Ziel des selbstbewussten Torjägers bleibt die Startelf.
BVB-Kapitän Emre Can könnte Ersatz für Robert Andrich sein
Von dieser ist Emre Can (noch) weit weg, doch dem Dortmunder Kapitän gelang erstaunliches. Vor ein paar Tagen weilte der 30-Jährige erst im Urlaub, um den geplatzten Traum von der Heim-EM zu verarbeiten. Dann rief ihn doch noch Bundestrainer Julian Nagelsmann an, weil der Münchener Aleksandar Pavlovic (20) krankheitsbedingt passen muss. Mit dem Tor zum 5:1 in der dritten Minute der Nachspielzeit setzte Can am Freitag den Schlusspunkt – nach bloß einer Trainingseinheit mit der Mannschaft. „Es ist ein geiles Gefühl und eine verrückte Story“, befand Can.
Sie könnten nun sogar noch unverhofft weitergehen, weil es einen Spielertyp wie Emre Can, der vor der Abwehr aufräumt, im deutschen Kader nur in Person von Robert Andrich (29) gibt. Der Leverkusener allerdings geht gelb-vorbelastet ins zweite Gruppenspiel am Mittwoch in Stuttgart gegen Ungarn (18 Uhr/ARD). Eine zweite Verwarnung würde eine Partie Sperre mit sich bringen, erst nach dem Viertelfinale werden die Gelben Karten gelöscht. Pascal Groß (33) ist zwar erste Alternative zu Andrich, doch benötigt Nagelsmann gegnerbedingt einen Zerstörer, hätte Can bessere Chancen.