Hagen. . Der gefeierte junge Tenor Ricardo Tamura kommt direkt von der New Yorker Metropolitan Opera ans Theater Hagen. Ab Samstag steht er als Otello in Verdis gleichnamiger Oper auf der Bühne. Für das Theater Hagen ist die Verpflichtung des Sängers mit der steilen Karriere ein echter Glücksfall.

Direkt von der New Yorker Metropolitan Opera kommt Ricardo Tamura nach Hagen. Hier singt er die Titelrolle in Verdis „Otello“. Für das Theater Hagen ist die Verpflichtung des jungen Tenors mit der steilen Karriere ein echter Glücksfall. Ricardo Tamura hingegen will dem Haus etwas zurückgeben. Denn seine umjubelten Auftritte in „Rigoletto“, „Tosca“ und „Der Mantel/Bajazzo“ waren auch ein Sprungbrett auf dem Weg zur Met.

Echte „Spinto“-Tenöre, die das italienische Fach meistern, findet man nur noch selten. Ricardo Tamura ist einer und wird international gefeiert für seine Stimme mit der strahlenden, sicheren Höhe, die Volumen hat und dennoch farbenreich ist. „Was den Spinto ausmacht, ist eher eine Charaktersache als eine stimmliche Eigenschaft“, erläutert er. „Der lyrische Tenor bemüht sich in der Regel, schön zu singen. Der dramatische Tenor, der ebenfalls fast ausgestorben ist, bemüht sich, laut zu singen. Spinto ist dagegen das Fach mit den meisten Gefühlen, der Sänger muss sich richtig ins Zeug legen. Wenn nicht alles perfekt läuft und man nicht über eine hundertprozentige Technik verfügt, singt man sich schnell kaputt.“

Lieblingsrolle und Herausforderung

Der Otello ist eine Lieblingsrolle, im dramatischen Fach übrigens, und zugleich eine große Herausforderung. „In anderen Opern kann man ein bisschen mogeln, aber der Otello muss permanent im Kontakt zu den andern Figuren stehen. Fünfzig Prozent der Partie bestehen nicht aus Singen, sondern aus Spielen.“

Seit einigen Jahren ist Tamura als Freiberufler unterwegs. „Die kleineren Bühnen liefern die Grundlage. Seit der Met kommen die großen und machen die Angebote, die ich nicht anlehnen darf. So bin ich derzeit in einem Rhythmus, dass ich maximal 45 Tage im Jahr daheim bin, zum Koffer wechseln.“

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Von Haus aus ist Ricardo Tamura diplomierter Geologe und Physiker. Schon mit zwei Jahren konnte er lesen und schreiben. Eine Uni-Karriere schien vorprogrammiert. Die Musik war nur ein Hobby. Nach dem Examen zerschlug sich aber eine Einladung an das MIT in Boston auf unerklärliche Weise. „Dann bin ich vorsingen gegangen. Aus Wut“, erinnert sich Tamura. Der Rest ist Geschichte.

Wer Opernsänger werden will, muss als Brasilianer die Heimat verlassen. Das ist eine Entscheidung, die oft weh tut. „Ich bin Einzelkind, und meine Eltern sind nicht mehr die Jüngsten. Es ist schwierig, weil ich sie nur einmal im Jahr sehen kann, der Flug ist teuer und lang. Wenn zu Hause etwas passiert, kann ich nicht in den nächsten Stunden da sein.“

Zum Hagener Intendanten Norbert Hilchenbach hatte Tamura einmal gesagt: „Auch wenn ich an der Met, bin, wenn Du mich brauchst, komme ich gerne.“ Der nahm ihn beim Wort. Daher steht der Tenor nun wieder auf der vertrauten Bühne, die sich als Folge des Spardrucks merklich verändert hat. „Hagen ist ein Theater, das immer ein gutes Niveau hatte, ein kleines Haus, das niveaumäßig mit den großen Bühnen in der Region konkurrierte. Nun wird deutlich, dass die Sparmaßnahmen ihre Spuren hinterlassen. Das Ensemble ist und bleibt gut und leidenschaftlich. Aber an den Strukturen merkt man es“, bedauert Tamura.

Kopfschütteln über Sparzwang

Die Situation macht den Tenor traurig. „Es gibt in Deutschland große Theater, die von der Qualität her schlecht laufen, die haben Geld ohne Ende. Und dann kommt man an eine Bühne wie Hagen, die so gut läuft, und die hatten nie Geld, und jetzt müssen sie trotzdem so hart sparen“, kritisiert er. Auch Tamura leistet seinen Beitrag zum Sparzwang, der ja auf dem Rücken der Künstler ausgetragen wird. „Selbst die schlechten Otellos nehmen mehr Gage, als ich hier erhalte. Ich bin der einzige Tenor auf der Welt, der für eine solche Gage den Otello singt, weil ich das Haus und den Intendanten schätze.“

Jeder Sänger träumt von der Met. Für Ricardo Tamura ist das nun Realität. Welche Wünsche sind jetzt überhaupt noch offen? Der Tenor lacht. Denn neben den italienischen Partien hat er in jüngster Zeit Wagner gesungen. „In Zukunft möchte ich gerne in Bayreuth den Tannhäuser machen. Aber es ist unglaublich schwer, da reinzukommen.“

Karten: www.theaterhagen.de