Hagen/Plettenberg. Sechs Wochen musste rumänischer Helfer gratis arbeiten: Warum das Urteil gegen den Landwirt aus dem Sauerland trotzdem milde ausfällt.
Der Landwirt (39) aus dem Sauerland hatte einen rumänischen Hofhelfer (36) wie einen Sklaven gehalten: eingesperrt in einem Keller und gefesselt an einer Kette. Sechs Wochen lang musste er gratis für den Bauern arbeiten - dann gelang ihm die Flucht. Das Landgericht Hagen reagierte Montagmittag ausgesprochen milde auf den Fall. Es verurteilte den Bauern zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten.
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Vom ursprünglichen Anklagevorwurf, einer schweren räuberischen Erpressung, rückte die Große Strafkammer ab und entschied lediglich auf Freiheitsberaubung und Nötigung. Weil der in Finnentrop lebende Landwirt während des laufenden Verfahrens ein Geständnis abgelegt und zudem auch noch 2000 Euro an den geschädigten Rumänen gezahlt hat, kam das Gericht letztlich zu einem Strafmaß, das noch zur Bewährung ausgesetzt werden konnte. Verteidiger Andreas Trode (Iserlohn) war auf die erfolgreiche Idee gekommen, dass ein Täter-Opfer-Ausgleich, verbunden mit einer Entschuldigung, bei den Richtern punkten könnte.
Über Kleinanzeigen-Portal kommen Bauer und Helfer zueinander
Durch ein Inserat in einem Kleinanzeigen-Portal hatten der sauerländische Landwirt und der rumänische Gastarbeiter zueinander gefunden: „Rumäne, spricht kein Deutsch, sucht Job“. Im Frühjahr 2019 zog der Mann mit nur geringen Deutschkenntnissen als Helfer auf den freistehenden Mastbetrieb in Plettenberg. Anfangs hätte man sich auch noch gut verstanden, berichtete der Angeklagte, „ich habe ihm sogar den Führerschein finanziert, einen alten Audi und die Miete für ein Appartement.“ Das Geld sei als Vorschuss gezahlt worden, sollte später in monatlichen 250-Euro-Raten vom Lohn einbehalten werden.
Doch dann war der Rumäne ohne Vorankündigung plötzlich weg, zurück in seiner Heimat. Der Landwirt fühlte sich deshalb ausgenutzt und betrogen. Als der Rumäne nach 14 Tagen überraschend zurückkehrte, bekam er die ganze Wut zu spüren: eingesperrt in ein dunkles Kellerverlies, angekettet an Armen, Beinen, sogar um den Hals. „Ich tue dir nichts an, wenn du für mich unentgeltlich arbeitest“, drohte der Landwirt, fuchtelte dabei mit einer Waffe herum. Der Rumäne, ein zierlich-schmächtiger Mann, hatte Angst um sein Leben und ließ sich einschüchtern. Unter Verzicht auf seinen Lohn arbeitete er insgesamt sechs Wochen lang auf dem Bauernhof - bis ihm durch einen Wald die Flucht gelang.
„Der Geschädigte ist noch immer so nachhaltig beeindruckt und verängstigt, dass er sich zunächst nicht traute, die Geldzahlung anzunehmen“, beschrieb der Vorsitzende Richter Christian Hoppe die bis heute nachwirkenden Folgen der Tat. Und in der Urteilsbegründung stellte er über den Angeklagten wörtlich fest: „Eine Reue war bei ihm nicht zu verspüren.“