Hagen. Warum St. Oswald Bäume umarmt: Im Gemälde „Paradiesgärtlein“ öffnet sich die Tür zum Garten der Gottesmutter Maria.

Das erste Hochbeet stand im Garten Eden. Wer mit Spaten und Kompost umgeht, weiß, dass zwischen Blumen und Gemüse an guten Tagen ein Hauch des Paradieses weht. Diese Stimmung fängt das bedeutendste Meisterwerk der internationalen Gotik schon vor 600 Jahren ein: das Gemälde „Paradiesgärtlein“ des Oberrheinischen Meisters, der große Schatz des Frankfurter Städel-Museums. Zum Abschluss unserer Serie werfen wir daher einen Blick in den Garten der Gottesmutter Maria, wie ihn der namenlose Künstler um 1410 gestaltet hat.

Wie es sich gehört, ist das Paradiesgärtlein durch Mauern umfriedet. Denn genau das bedeutet ja der Begriff Paradies im Altpersischen: eingezäunte Fläche. Im Schutze der Mauern gedeiht eine Überfülle an Blumen, die alle gleichzeitig blühen. 25 unterschiedliche Pflanzen und zwölf Vogelarten lassen sich zweifelsfrei bestimmen: Akelei, Bachehrenpreis, Erdbeere, Gänseblümchen, Goldlack, Immergrün, Kirsche, Klee, Lilie, Märzbecher, Maiglöckchen, Malve, Margerite, Samtnelke, Pfingstrose, Rose, Schlüsselblume, Schwertlilie, Rote Taubnessel, Veilchen, Wegerich, Chrysantheme, Astern, Johanniskraut und Levkoje.

Erstmalig in der Kunstgeschichte

Die Blüten sind im Miniaturformat naturgetreu ausgeführt. Und darin besteht das große Wunder dieses gemalten Gartens. Denn mutmaßlich erstmals in der Kunstgeschichte überhaupt führt ein Künstler den Pinsel nach der Natur und nicht wie bisher nach einem stilisierten Formenkatalog. Dieser genaue Blick auf die Natur ist zur Entstehungszeit des Bildes noch sehr ungewöhnlich. Man könnte sogar sagen: Mit dem Paradiesgärtlein des Oberrheinischen Meisters zieht die Botanik in die Malerei ein.

Die schönsten Bilder vom Hochgarten in Brilon:

Der historische Hochgarten in Bildern

Der historische Hochgarten von Haus Hövener in Brilon ist vermutlich der einzige seiner Art. Doris Tilly pflegt ihn. 
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Doch der Meister malt nicht nur zwecks botanischer Studien. Die Pflanzen vertreten eine bestimmte Symbolik, es handelt sich um Marienpflanzen. Die Akelei verweist auf die sieben Schmerzen Mariens, auf ihre wundersame Mutterschaft, auf ihre Bescheidenheit. Das Gänseblümchen ist die zeitloseste aller Muttergottesblumen, es verkörpert auch die Tränen auf der Flucht nach Ägypten. Die Pfingstrose ist als Rose ohne Dornen natürlich eine besondere marianische Pflanze, welche unerschöpfliche Barmherzigkeit symbolisiert. Die Walderdbeere steht als Begleitpflanze Mariens für fromme und gute Gedanken. Wegerich gehört ins Kräuterbund an Mariä Himmelfahrt am 15. August. Das Gartenwissen des Malers ist tief geerdet, und er nutzt es, um die Betrachter seines Gemäldes zur Andacht zu ermutigen. Das Weltliche und das Heilige verschränken sich in dem Bild.

Wo Gartenfrieden herrscht

Innerhalb der Mauern herrscht Frieden, Gartenfrieden. Was draußen passiert, wissen wir nicht, dort mag es gewalttätig und unruhig zugehen. Im Garten ist selbst der Drache zur Spielzeuggröße geschrumpft, den der Heilige Georg bezwingt, die männliche Figur rechts unten mit Harnisch und Strohkappe. Er kann keinen Schaden mehr anrichten, ebenso wenig wie der geschrumpfte Teufel, den der Erzengel Michael mit den blonden Locken gefesselt hat. Das Böse hat im Garten keinen Platz. Hinter Michael umarmt der heilige Oswald mit dem Raben den Baum der Erkenntnis.

Maria im blauen Mantel und der Krone der Himmelskönigin ist durch ihre Größe herausgehoben. Gleichzeitig verkörpert sie den Typus der demütigen Madonna, denn sie thront nicht, sondern sitzt im Hintergrund vor dem Hochbeet auf einem Kissen und liest ein Buch („und das Wort ist Fleisch geworden“). Die Muttergottes umgibt sich mit Freunden und Gefährten, so wie es vielleicht eine Burgherrin an einem schönen Sonntag zur Erholung und Seelenfreude in ihrem kleinen Burggarten tun würde. Niemand ist müßig, aber alle sind entspannt. St. Dorothea pflückt Kirschen, St. Barbara schöpft Wasser aus einem Fischbecken.

Das Jesuskind spielt Zither

Die Heilige in der Mitte lässt sich nicht eindeutig identifizieren. Es könnte sich um Katharina handeln, denn sie trägt die Krone der Weisheit oder um Cäcilia, die Patronin der Kirchenmusik, deren Attribut das Psalterium ist, dessen Spiel sie dem Jesuskind beibringt.

Lesen, musizieren, Bäume umarmen, mit dem Wasser spielen, Obst pflücken, das sind heute noch die Freuden des Gartenlebens. Der Maler deutet aber weitere Themen an. Beliebt war im Mittelalter in Italien der Bildtypus der „Sacra conversazione“, also der heiligen Unterhaltung. Auf solchen Gemälden wird die Madonna mit dem Kind in Gesellschaft einiger Heiliger dargestellt. Ebenfalls häufig in der Mariensymbolik ist das Bildthema des Hortus conclusus, des verschlossenen Gartens. Das Motiv geht auf das Hohelied des Alten Testamentes zurück: „Meine Schwester, liebe Braut, du bist ein verschlossener Garten, eine verschlossene Quelle, ein versiegelter Born.“ In der mittelalterlichen Mystik wird die jungfräuliche Maria mit dem verschlossenen Garten verglichen.

Bildbetrachtung

Interessanterweise ähnelt der mittelalterliche Paradiesgarten auch dem Liebesgarten aus der Minnelyrik. Im Liebesgarten wird die Natur allerdings meist idealisiert geschildert. Der Oberrheinische Meister zeigt sie jedoch im Paradiesgärtlein ganz real.

Zahlensymbolik spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Zwölf Vögel (außer dem Raben) erfreuen die Garten-Gesellschaft mit ihrem Gesang: Eisvogel, Kohlmeise, Pirol, Dompfaff, Buchfink, Rotkehlchen, Buntspecht, Seidenschwanz, Distelfink, Schwanzmeise, Blaumeise und Wiedehopf. Zwölf Apostel haben Jesus begleitet, zwölf Tore führen ins himmlische Jerusalem. Interessant ist der sechseckige Tisch neben Maria, auf dem Apfelschnitze liegen sowie eine Schale mit Äpfeln und ein Trinkbecher stehen. In seiner wuchtigen, zeremoniellen Anlage wirkt er weniger wie eine Tafel zum Abstellen, sondern vielmehr bereits wie ein Altar.

Gemälde wie das „Paradiesgärtlein“ wurden für private Auftraggeber gemalt. Sie dienten der Kontemplation. Der Betrachter sinnierte und meditierte über das, was er sah und fand so zu innerer Einkehr. Für uns heute sind sie das Fenster zu einer vergangenen höfischen Epoche im Mittelalter. Dabei zeigt sich, dass das Gärtnern und das Gartenleben sich über die Jahrhunderte hinweg so grundlegend nicht verändert haben und manches, was wir heute als neue Erfindung preisen, bereits in mittelalterlichen Traktaten beschrieben wird. Dazu gehören zum Beispiel die Hochbeete.

Eine gemalte Utopie

Noch heute werden nach dem Vorbild des Paradiesgärtleins Mariengärten angelegt, wo vom Schneeglöckchen bis zum Immergrün mariologische Blumen wachsen. Die Botschaft des Bildes vermittelt eine Utopie. Nach der sehnen sich Gärtnerinnen und Gärtner immer noch so wie vor 600 Jahren: dem Gartenfrieden, dem Hauch des Paradieses, der überall da auf Erden gegenwärtig ist, wo Pflanzen und Blumen gedeihen und Menschen in Harmonie zusammenkommen.