Hagen/Schwelm. Erstmals hätte ein Deutscher Präsident des Weltfeuerwehr-Verbandes werden können. Doch ausgerechnet der deutsche Verband verhindert das.

Der Machtkampf innerhalb des Deutschen Feuerwehrverbandes geht unvermindert weiter: Mit dem Schwelmer Hartmut Ziebs hätte im Juni erstmals ein Deutscher das höchste Amt im Weltfeuerwehr-Verband bekleiden können. Doch ausgerechnet der deutsche Verband versagt dem 60-Jährigen auf der Präsidialsitzung in Berlin die Unterstützung für seine Kandidatur als Präsident des Weltverbandes. Nur zwei der 22 Stimmen - dem Vernehmen nach Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt - sprachen sich bei drei Enthaltungen in einer geheimen Wahl für Ziebs aus.

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„Theoretisch hätte ich auch ohne die Unterstützung aus Deutschland weiterhin für das Amt des Präsidenten des Weltfeuerwehrverbandes kandidieren können, aber das wäre aus diplomatischen und politischen Gründen nicht klug gewesen“, sagt Ziebs, der bereits Vize-Präsident im Welt-Verband ist und bis zum Jahreswechsel auch Präsident des deutschen Verbandes war.

Ziebs zieht Kandidatur für das Präsidenten-Amt im Weltverband zurück

Seine Kandidatur zog er nach der Wahl freiwillig zurückzog. „Aber unabhängig von mir hat Deutschland damit eine Chance vertan, die es vermutlich frühestens in acht Jahren wieder geben wird. Denn Deutschland will und muss mehr Verantwortung im Weltverband tragen, weil das deutsche Feuerwehrwesen weltweit eines der führenden ist und die Zukunft mit Fragen zu Klimawandel und Terror neue Herausforderungen birgt.“ Gewählt wird der Präsident für vier Jahre, zwei Amtsperioden sind wahrscheinlich.

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Unterstützung erhält Ziebs von seinem Heimatverband in NRW. „Wir verstehen nicht, warum der Deutsche Feuerwehrverband eine solche Chance ungenutzt an sich vorbeiziehen lässt, dieses Amt erstmalig nach Deutschland zu holen“, gibt Landesgeschäftsführer Christoph Schöneborn die Stimmung in NRW wieder. Österreich hatte Ziebs für das Präsidenten-Amt vorgeschlagen. Frankreich, Kroatien sowie die Benelux-Länder hatten eine Unterstützung der Kandidatur signalisiert. „Sachliche Gründe für diese Entscheidung sind uns nicht genannt worden“, sagt Schöneborn, „daher vermuten wir den Hintergrund im Bereich persönlicher Animositäten. Das ist offenbar ein Feldzug gegen die Person Hartmut Ziebs, der dem deutschen Feuerwehrwesen weitere Unruhe einbringt.“

Feuerwehrverband seit Monaten im Ausnahmezustand

Gründe für das Abstimmungsergebnis kann auch der Deutsche Feuerwehrverband nicht liefern. „Die demokratische Abstimmung erfolgte geheim im Präsidialrat des Deutschen Feuerwehrverbandes, bestehend aus den Landesfeuerwehrverbänden sowie dem Präsidium. Zu den Gründen für das Abstimmungsverhalten der Teilnehmer kann der Verband nichts sagen“, heißt es von dort.

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Fakt ist: Der Verband befindet sich seit Monaten ohnehin schon im Ausnahmezustand. Ziebs war im November von fünf seiner sieben Vize-Präsidenten aufgefordert worden, als Präsident des Deutschen Verbandes zurückzutreten. Gründe für die Forderung sind bis heute nicht eindeutig formuliert. Es hieß aber, Ziebs’ öffentliche Positionierung gegen AfD-Sympathisanten im Verband sei vielen ein Dorn im Auge gewesen.

Unterschiedliche Darstellungen: Ergebnis aus der Presse erfahren?

Der 60-Jährige wollte sich dem Widerstand eigentlich nicht beugen, gab das Präsidenten-Amt im deutschen Verband aber zermürbt von Anfeindungen zum Jahreswechsel ab. Die neuerliche Entscheidung sei „die logische Konsequenz aus den vergangenen Monaten“, sagt Ziebs: „Es hätte aus der Sicht meiner Kritiker vermutlich merkwürdig gewirkt, mich in Deutschland zu stürzen, um mich dann im Weltverband zu unterstützen.“

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Die Nachricht der ausbleibenden Unterstützung, sagt Ziebs, habe er allerdings aus der Presse erfahren. „Ich hätte schon erwartet, dass mich jemand anruft oder man mir wenigstens eine E-Mail schreibt“, sagt er. Der Verband sagt auf Nachfrage dieser Redaktion, er habe Ziebs eine Mail mit dem Ergebnis geschickt.

„Natürlich arbeiten die Vorkommnisse der vergangenen Monate noch in mir. Manchmal frage ich mich: Was hast du eigentlich falsch gemacht? All das hat sehr an mir genagt“, sagt Ziebs, der noch bis 2023 als Vize-Präsident des Weltverbandes gewählt ist und sich weiterhin einbringen will. „Aber es bringt auch nichts, sich zu ärgern, sich zu grämen oder den Kopf in den Sand zu stecken. Ich glaube, dass nicht richtig ist, was passiert ist und dass sich das deutsche Feuerwehrwesen damit keinen Gefallen getan hat. Aber ich schaue nach vorn und werde mich auch weiterhin nicht verbiegen lassen. Ich werde weiterhin Position gegen Rechts beziehen, weil ich von unserer Demokratie und unserem Staat überzeugt bin.“

NRW-Verband erwägt eine Abspaltung

Doch die Vorgänge um Ziebs könnten weit reichende Folgen haben. Der Verband der Feuerwehren in NRW erwägt, sich vom Deutschen Feuerwehrverband loszusagen. Es gebe zwei Lager, sagt Schöneborn, der Landesgeschäftsführer. Jene, die sagen, dass es keinen Sinn mache, diese Machenschaften mit Beiträgen von 90.000 Euro im Jahr mitzufinanzieren. Und andere, die sagen, dass es besser sei, sich im Verband für Veränderungen einzusetzen. Einig sind sich laut Schöneborn alle darin, dass der Umgang mit Ziebs beispiellos inakzeptabel sei.

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Bis zum 30. Juni müsste der NRW-Verband seinen Austritt formulieren, damit er zum Ende des Jahres in Kraft treten kann. Auf der Mitgliederversammlung im April soll darüber befunden werden. Möglich gar, dass andere Landes- und Kreisverbände ähnliche Gedanken hegen. „Wir nehmen diese Entwicklung mit großem Bedauern zu Kenntnis“, heißt es von einem Sprecher des Deutschen Feuerwehrverbandes. „Seit fast 70 Jahren setzen sich die Landesfeuerwehrverbände gemeinsam im Deutschen Feuerwehrverband für die Feuerwehren ein. Heute ist der Verband Sprachrohr für 1,3 Millionen Frauen und Männer in den Feuerwehren. (...) Daher setzen wir auch künftig auf ein Miteinander statt ein Gegeneinander.“

<<< Hintergrund >>>

Der Deutsche Feuerwehr-Verband vertritt als Dachorganisation die Interessen der 16 Landesfeuerwehrverbände sowie der Werkfeuerwehr, Berufsfeuerwehrund der Deutschen Jugendfeuerwehr. Gegründet wurde der eingetragene Verein am 10. Juli 1853 und hat seinen Sitz in Berlin. Hartmut Ziebs wurde im Jahr 2016 zum 13. Präsidenten des DFV gewählt.