Schwelm/Wuppertal. Der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, Hartmut Ziebs, aus Schwelm hat am Wochenende seinen Rücktritt zum Jahresende angekündigt.

Am Sonntagabend hat sich Hartmut Ziebs auf den Weg zu seiner letzten Arbeitswoche in seinem Büro in der Geschäftsstelle des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) in Berlin gemacht. „Am kommenden Freitag fahre ich zurück nach Schwelm. Das war’s dann“, sagt der 60 Jahre alte Gerüstbau-Unternehmer am Tag nach seiner Rücktrittserklärung als DFV-Präsident der „Westfalenpost“, „ich fühle mich erleichtert.“

Am Samstag hatte Ziebs am Rande einer Sondersitzung des Verbandes der Feuerwehren in NRW in Wuppertal mitgeteilt, bereits zum Ende des Jahres sein Amt zur Verfügung zu stellen. Nach wochenlangen Querelen an der Spitze der Dachorganisation der Feuerwehren hat der Schwelmer damit die Reißleine gezogen. „Die haltlosen Vorwürfe in den vergangenen Wochen, die Beleidigungen und Bedrohungen nagen gewaltig an einem“, sagt er.


Noch vor einer knappen Woche war der Öffentlichkeit nach einer Sitzung des DFV-Präsidialrates mitgeteilt worden, dass Ziebs sein Amt im kommenden April zur Verfügung stellt und den Weg für Neuwahlen frei macht. Auf dem Treffen hatten 20 von 25 anwesenden Mitgliedern ihrem Präsidenten das Vertrauen verweigert.

Wie kam es zum Sinneswandel eines früheren Abschieds? „Ich will schnellstens den Weg frei machen, damit sich der Verband erneuern und zu einer normalen Arbeit zurückkehren kann“, sagt Ziebs. Der DFV sei für ihn unführbar geworden. Unter anderem weil Funkstille zwischen dem Präsidenten und fünf seiner sieben Vizepräsidenten herrsche: „Nachdem die fünf mich am 12. November in einer Sitzung zum Rücktritt aufgefordert haben, haben sie nicht mehr mit mir gesprochen. Bestenfalls lief die Kommunikation über Briefe und E-Mails.“

„Fortgesetzte Intrigen und Behinderungen meiner Arbeit“

Ziebs’ Amtszeit als DFV-Präsident wäre eigentlich erst 2021 abgelaufen. In einer persönlichen Erklärung schreibt er von „fortgesetzten Intrigen“ hinter seinem Rücken und „Behinderungen meiner Arbeit seit einiger Zeit“. Dass seine Amtsführung, ein Hang zu alleinigen Entscheidungen, wie von Kritikern angeführt, den Ausschlag für den Machtkampf an der DFV-Spitze gegeben habe, weist Ziebs weit von sich. Was dann? „Ich war einigen wohl zu schnell, zu fortschrittlich. Habe wohl zu viel Staub aus dem Verband entfernt.“

Der Westfale hatte öffentlich vor rechtsnationalen Tendenzen bei Feuerwehren und Versuchen der Einflussnahme seitens der AfD gewarnt. Seitdem war er wiederholt Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt. Wegen zwei entsprechenden Mails ermittelt der Staatsschutz. Seine Vize-Präsidenten dementieren, dass seine Warnungen vor rechter Unterwanderung sowie sein Einsetzen für mehr Vielfalt bei der Feuerwehr und für Frauen in Führungspositionen Gründe für die Rücktrittsforderung seien. Der Vorstand des Landesfeuerwehrverbands Schleswig-Holstein berichtete am Freitag in einer Stellungnahme, dass es „bereits seit mehreren Jahren Probleme in der Zusammenarbeit mit dem Präsidenten des DFV“ gab. Unter anderem wurde eine „mangelnde Einbindung der Mitgliedsverbände“ beklagt.

Schreiben von Kardinal Marx

Hartmut Ziebs hat in den vergangenen Wochen zahlreiche Solidaritätsbekundungen erhalten. So bedankte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, für die „offenen und deutlichen Worte“ zu der Gefahr einer rechtsnationalen Unterwanderung. Der Arnsberger Regierungspräsident Hans-Josef Vogel twitterte nach Ziebs’ Rücktrittserklärung: „Traurig. Wieder ein Opfer von Hass und Hetze.“ Ziebs sei „ein Verfechter eines gesellschaftlich breit verankerten Feuerwehrehrenamtes“.


Am vergangenen Montag hat Hartmut Ziebs bei einem Besuch im Schloss Bellevue Bundespräsident Steinmeier über seine Pläne informiert. „Der Bundespräsident zeigte sich bestens informiert über die Vorgänge in unserem Verband und hat mir in Bezug auf meine Sorgen vor rechtsnationalen Tendenzen bei Feuerwehren den Rücken gestärkt.“ Am Ende habe der erste Mann des Staates dem scheidenden DFV-Präsidenten noch gesagt, dass man sich in Berlin wiedersehe. Ziebs hat sich in der Politik unter anderem in Expertenrunden zum Katastrophenschutz einen Namen gemacht. Auch international ist der Schwelmer ein gefragter Gesprächspartner. „Es warten woanders Aufgaben für mich“, sagt er. Am Wochenende hat er sich endgültig entschieden, Vizepräsident des Weltfeuerwehrverbandes zu bleiben.

Vize-Präsidenten sollen auch gehen

Die fünf Vize-Präsidenten, die ihm das Vertrauen verweigert haben, fordert Ziebs in seiner persönlichen Erklärung zum Rücktritt auf. Dies will er nicht als Abrechnung eines Verbitterten sehen: „Nur durch eine vollständige personelle Neuaufstellung kann der DFV aus der schlimmsten Krise seiner Geschichte geführt werden.“ Der NRW-Landesverband, der vor einer Woche eine Spaltung der Dachorganisation ins Feld geführt hatte, hat am Wochenende in dieser Hinsicht versöhnlichere Töne angeschlagen: „Der VdF NRW glaubt an den Bedarf und die Kraft einer einheitlichen Vertretung aller Feuerwehren auf Bundesebene durch den DFV“, hieß es.

Sein eigener Rücktritt zum Jahresende, so Hartmut Ziebs, bringt auch seiner Familie wieder mehr Luft zum Atmen. Nicht nur, dass er beispielsweise in einem anonymen Schreiben, das in Feuerwehrkreisen verbreitet wurde, als Lügner und Betrüger beschimpft und sein Familienunternehmen in Schwelm „in deutlichen wirtschaftlichen Misskredit“ gebracht worden sei. „Unter den öffentlichen Schmähungen und Bedrohungen hat insbesondere meine Frau extrem gelitten. Damit muss endlich Schluss sein.“

Verbundenheit zur Feuerwehr bleibt

Schluss als Feuerwehrmann bedeutet der Rücktritt allerdings nicht, betont Ziebs. Er wolle seine Kameraden im heimischen Schwelm wieder tatkräftiger unterstützen. „Die Feuerwehr wird ein wichtiger Teil meines Lebens bleiben.“