Essen. Pisa-Schock: Schüler scheitern bereits an einfachen Matheaufgaben. Das hat dramatische Folgen – auch für ein Essener Unternehmen.
Deutsche Schülerinnen und Schüler haben bei der Pisa-Studie historisch schlechte Ergebnisse erzielt – vor allem im Fach Mathe. Ein Drittel der 15-Jährigen scheitert laut Studie bereits an leichten Rechenaufgaben. Diese Erfahrung hat auch Katharina Van Meenen-Röhrig gemacht. Sie ist Geschäftsführerin von GFOS, einem Essener Unternehmen für Organisationsberatung und Softwareentwicklung. Hier erzählt sie, wie schwierig die Suche nach neuen Auszubildenden und Dualen Studierenden ist:
„Wir brauchen in Deutschland keine Angst haben, den Anschluss zu verlieren. Wir haben ihn ein stückweit längst verloren. Wir sind als IT-Unternehmen darauf angewiesen, dass in unserer Softwareentwicklung Leute anfangen, die mathematisch wirklich gut sind. Seit zehn Jahren machen wir bei der Einstellung Qualifikationstests – und sehen einen Abfall der Leistungen.
Warum scheitern so viele Schüler in NRW am Fach Mathematik? Welche Folgen hat das? Und vor allem: Wie können die Leistungen endlich besser werden? Weitere Texte unseres Mathe-Schwerpunkts finden Sie hier:
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Dabei ist Mathe unersetzlich für unsere Arbeit. Mathematiker entwickeln unsere Algorithmen und darauf beruht letztendlich unsere Software. Fachkräftemangel im IT-Bereich ist allerdings ein Dauerbrenner. Die Fachkräfte vom Markt zu finden, ist extrem schwer. Deshalb bilden wir selbst aus. Ich bin im Präsidium der IHK MEO, das liegt mir also wirklich am Herzen.
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Aber die passenden Auszubildenden und dualen Studenten zu finden, wird für uns immer schwerer. Eine Zeit lang haben wir auch Auszubildende eingestellt, die zwar nicht mit ihren mathematischen Leistungen, aber ihrer Motivation und ihrer Persönlichkeit überzeugt haben. Aber das hat auf Dauer nicht zum Erfolg geführt. Wir sind ein mittelständisches Unternehmen mit 220 Mitarbeitern und kein Großkonzern. Es kommt auf wirklich jeden Einzelnen an. Deshalb haben wir jetzt die Devise, nur A-Kandidaten einzustellen, die wirklich gut in Mathe sind.
Das führt allerdings auch dazu, dass wir im Zweifelsfall weniger ausbilden als wir eigentlich könnten – und Stellen zum Teil unbesetzt bleiben, was dauerhaft natürlich schlecht für unseren Umsatz ist. Der Matheunterricht an Schulen muss sich meiner Meinung nach deutlich verändern.
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Ein Beispiel: Wir hatten einen Bewerber, der gute Noten im mathematischen Bereich hatte, aber keinerlei Transferdenken. Er konnte auswendig lernen, aber sein Wissen nicht anwenden. Analytisches Denkvermögen sollte in der Schule viel mehr gefördert werden.
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Insgesamt wäre es wichtig, einen größeren Schwerpunkt auf Mint-Fächer zu legen. Ich kämpfe auch sehr dafür, dass wir diverser werden. Wir haben noch deutlich mehr junge Männer als junge Frauen in der Ausbildung. Ich glaube, das liegt weniger an einem Image-Problem des Faches selbst, sondern häufig noch an veralteten Rollenzuschreibung. Ich kann den Schülerinnen, die gut in Mathe sind und sich dafür interessieren, nur gratulieren. Die Leistung wird sich lohnen, ihnen steht die Welt offen.“
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