Berlin. Fremdgehen bedeutet Leidenschaft? Ein Experte verrät, warum sich das anfängliche Feuer plötzlich wie eine Pflichtübung anfühlen kann.
- Affären gelten als aufregend, als verruchte Abenteuer
- Doch der anfängliche Reiz des Fremdgehens kann auch zur Belastung werden
- Ein Experte erklärt, warum die meisten Affären scheitern
Wann sich das Ende einer Affäre ankündigt, wann der Reiz des Verbotenen verfliegt und der Zauber des Heimlichen zur Routine wird, ist im Nachhinein oft schwer zu sagen. Doch es gibt typische Anzeichen, sagt der Essener Paartherapeut Hilmar Benecke, dass die Leidenschaft sich dem Ende zuneigt. Im Gespräch erklärt er, worauf es ankommt.
Paartherapeut erklärt: Warum die Gefühle in Affären oft schnell verfliegen
„Viele Menschen lassen sich nicht nur aus Abenteuerlust auf eine Affäre ein“, sagt der Paartherapeut Hilmar Benecke. “Oft steckt dahinter der Wunsch, etwas zu kompensieren, was in der Hauptbeziehung fehlt.“ Die Affäre diene in solchen Fällen als „Rettungsanker“, um fehlende Nähe, Zuwendung oder Wertschätzung zu kompensieren.
Diese Art der Projektion führe oft auch zu einer Idealisierung des Affärenpartners. „Man sieht im Gegenüber plötzlich den perfekten Partner – zumindest solange der Alltag und die damit verbundenen Herausforderungen außen vor bleiben“, sagt Benecke. Der Affärenpartner werde zu einer idealisierten Figur, die alle unerfüllten Wünsche und Bedürfnisse verkörpere.
Doch das Märchen währt nicht ewig: „Die Vorstellung, dass die Affäre auch in einer langfristigen Beziehung so bleibt, ist eine Illusion“, warnt der Therapeut. Sobald die Affäre zur Hauptbeziehung werde, verliere sie ihre Rolle als „Rettungsanker“ und werde Teil des Alltags – und damit auch der zuvor ungelösten Probleme. „Auch bei Affären, die nicht zur Beziehung werden, lässt die Anziehungskraft oft schnell nach“, erklärt Benecke weiter. „Wenn die emotionalen oder sexuellen Bedürfnisse weniger drängen, verfliegt das anfängliche Knistern, und das vermeintlich ‚perfekte Glück‘ entpuppt sich als vorübergehende Illusion.“
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Anzeichen für das Ende einer Affäre: Wenn die Faszination schwindet
Affären beginnen meist mit intensiver Leidenschaft und dem Zauber des Geheimnisvollen, der ihnen ihren besonderen Reiz verleiht. Wenn diese Eigenschaften, die eine Affäre zu Beginn ausmachen, nachlassen, droht der anfängliche Zauber zur neuen Normalität zu werden, wodurch der Affäre irgendwann die Puste ausgeht. „Ein typisches Zeichen für das Ende einer Affäre ist das Nachlassen der anfänglichen Faszination und Sehnsucht“, erklärt Benecke. Er betont, dass sich wahre Liebe deshalb auch von der Verliebtheit einer Affäre unterscheide: Liebe könne auch ohne ständige Erregung und Heimlichkeiten bestehen, während eine Affäre oft daran zerbreche, dass diese Anziehungskraft nachlasse. „Diese Verliebtheit ist wie ein Fieber, das irgendwann abklingt“, so Benecke.
Das Abebben des Fiebers zeigt sich auch in der Häufigkeit der Nachrichten und Treffen zwischen den Affärenpartnern: „Am Anfang tauschen die Beteiligten einer Affäre meist unzählige Nachrichten aus – zehn, zwanzig oder mehr am Tag“, beobachtet Benecke. „Doch wenn die Verliebtheit nachlässt, nimmt auch die Intensität der Kontakte ab. Die Nachrichten werden seltener, die Treffen weniger – aus einem wöchentlichen Date wird vielleicht ein Treffen alle paar Wochen.“
Benecke betont jedoch, dass diese Anzeichen nicht zwangsläufig das Ende einer Affäre bedeuten müssen. „Es gibt auch Paare, die sich an die neue Normalität gewöhnen und sich damit arrangieren“, sagt der Therapeut. Für viele Affären sei die zunehmende „Normalisierung“ jedoch ein Zeichen für das schleichende Verblassen der Gefühle: „Wo es anfangs intensiv geknistert hat, bleibt irgendwann nur noch die Frage: War es das wirklich wert?“
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Liebeskummer nach dem Ende einer Affäre?
Natürlich gebe es Affären, die unspektakulär enden und irgendwann aufhören, weil einer das Interesse verliert, die anfängliche Leidenschaft nachlässt oder der Druck, die Liebschaft geheim zu halten, zu groß wird, gibt Benecke zu bedenken. In den meisten Fällen aber, so der Therapeut, endet die Affäre, weil sie irgendwann auffliegt und dann eine Entscheidungssituation entsteht, die sich unter Umständen lange hinziehen kann. „Mit Verletzungen für alle Beteiligten, einfach weil sich in einer solchen Situation Zurückweisungen nicht vermeiden lassen und oft die Angst vor dem Alleinsein sowie mögliche materielle Sorgen mitschwingen“, ergänzt Benecke. Die anfängliche Hoffnung, dass eine Affäre nach ihrem Ende ohne emotionale Folgen bleibt, sei daher oft trügerisch.
Benecke erklärt, dass auch das Ende einer Affäre Spuren hinterlassen kann, weil man etwas verliert, was zumindest eine Zeit lang einen hohen emotionalen Wert hatte – und jeder Verlust schmerzt. „Vielleicht ist deshalb mancher Liebeskummer vor allem ein Verlustkummer“, sagt der Therapeut. Die Affäre habe zudem oft eine Lücke gefüllt, ein Bedürfnis gestillt – ihr Ende hinterlasse daher eine Leere, die spürbar werde.
Viele neigten auch dazu, die Affäre im Nachhinein zu romantisieren. „Die Affäre loszulassen, kann schwer fallen, vor allem, wenn sie im Rückblick emotional an Bedeutung gewinnt“, sagt Benecke. So realisierten manche den Verlust oft erst später in vollem Umfang. Enttäuschung und Ernüchterung, so der Paartherapeut, seien daher bei jedem Ende einer Affäre vorprogrammiert, auch wenn die "Beziehung" in den meisten Fällen nur aus Verliebtheitsgefühlen bestanden habe.
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„Liebeskummer light“: Wie mit Verlustkummer nach einer Affäre umgehen?
Der Verlustkummer nach dem Ende einer Affäre ist oft schwer zu überwinden. Benecke rät, sich nicht in endlosen Grübeleien zu verlieren. „Der größte Fehler ist, sich in eine Kummerspirale zu verstricken“, sagt er. Statt immer wieder darüber nachzudenken, was hätte sein können oder was hätte anders laufen sollen, rät er, sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. „Was-wäre-wenn-Fragen lassen sich nie beantworten“, sagt der Paartherapeut.
Eine gute Strategie sei es, die neu gewonnene Zeit und Energie in die Hauptbeziehung zu investieren – vorausgesetzt, diese hat noch Potenzial. „Wenn die Beziehung noch Potenzial hat, sollte man an den ungelösten Problemfeldern arbeiten“, sagt Benecke. Er empfiehlt, sich grundsätzliche folgende Fragen zu stellen:
- Was hat mich in die Affäre gezogen?
- Welche Bedürfnisse sind in der Hauptbeziehung unerfüllt geblieben?
- Was können wir ändern, damit es mir und dem Partner wieder besser geht?
- Wo haben wir vielleicht verlernt, Wertschätzung zu zeigen und zu empfinden?
Gerade Wertschätzung spiele eine zentrale Rolle, betont Benecke. Wenn Paare die Affäre als Chance nutzen, um herauszufinden, wo sie sich gegenseitig verloren haben, könnten sie sich oft wieder annähern und gestärkt daraus hervorgehen.
Gelingt die Annäherung nicht, empfiehlt Benecke, sich einer sinnvollen Beschäftigung oder einem neuen Hobby zuzuwenden. „Sich dem Kummer hinzugeben, bringt selten etwas“, erklärt er. „Aber sich auf etwas zu konzentrieren, das einen wirklich weiterbringt, kann neuen Halt geben.“ So kann das Ende einer Beziehung auch der Beginn eines neuen Kapitels sein – wenn man bereit ist, nach vorne zu schauen.